In der Bibliothek 2015

„Guten Tag.“
„Guten Tag.“
„Entschuldigen Sie bitte, ich bin zum ersten Mal in einer Bibliothek.“
„Kein Problem. Die Bücher sind dort, den Katalog finden Sie dort drüben. Wenn Sie Fragen haben, kommen sie einfach zu mir.“
„Ja, eine hätte ich direkt.“
„Fragen Sie nur.“
„Sind die Bücher denn auch alle in meinem Land erhältlich?“
„Wie gesagt: die Bücher stehen dort drüben.“
„Prima….“
„Ja?“
„…aber sind die auch alle kompatibel? Wissen Sie, ich wollte meinem Neffen diesen Batman-Klassiker schenken. Aber dann war der nur für das iPad geeignet und der Junge hat doch nur Nintendo“
„Es sind Bücher. Wir haben zwar auch einige E-Books im Angebot, aber damit kennt sich nur der Kollege aus. Aber die normalen Bücher sind für jeden lesbar“
„Aber das sind sie auch?“
„Was?“
„Na, lesbar. Ich hatte da letzte Woche so eine Datei bekommen, aber die war nur mit diesem komischen Adobe-Dings lesbar“
„Es sind Bücher. Sie können doch lesen?“
„Ja, sicher.“
„Dann mach ich einen Vorschlag: Leihen Sie sich ein Buch aus, gehen nach Hause und probieren es mal aus.“
„Ich kann das Buch einfach so nach Hause nehmen?“
„Klar.“
„Umsonst?“
„Nun, pro Jahr erheben wir natürlich eine Gebühr von 30 Euro.“
„Ha! Fast hätten Sie mich reingelegt. Ich geb Ihnen meine Kontodaten und nachher werden Hunderte Euro abgebucht.“
„Sie können auch bar zahlen.“
„Nee, so kriegen Sie mich nicht! Ich lese Zeitung. Wenn das Angebot nämlich verdächtig billig ist, dann darf man nicht zugreifen! Sonst wird man abgemahnt und das kostet Tausende! So kriegen Sie mich nicht! Eine Schande ist das!“
(Kunde ab)
„Mist, beinahe hätte es geklappt.“

Clean DRM

Die „Clean Coal“-Technologie ist super. Man nimmt eine der dreckigsten Energiequellen und simsalabimm wird sie zum grünen Umweltriesen.

Oder lassen aus berufenerem Munde:

Clean coal is like saying „healthy botulism,“ „child-safe plutonium“…

Die Umweltverschmutzung des Digitalen heißt DRM. Nun hat sich Amazon vor kurzem einen kleinen GAU geleistet, der den gadgetgeilen Kunden schön vorgeführt hat, was sie verlieren, wenn sie ihre alten Staubfänger gegen shiny, shiny E-Books eintauschen.

Barnes & Noble hat da doch eine viel bessere Idee: der hauseigene Ebook-Reader Nook hat die sagenhafte LendMe™ technology.

Share favorite eBooks with your friends, family, or book club. Most eBooks can be lent for up to 14 days at a time. Just choose the book you want to share, then send it to your friend’s reader, cell phone, or computer.

Die meisten Bücher. Bis zu 14 Tage am Stück. Suuuper!

Und dass sogar der Name der Technologie trademarked ist, macht sie nur noch besser!

Scar Tissue

Was für eine Geste! Jeff Bezos entschuldigt sich:

This is an apology for the way we previously handled illegally sold copies of 1984 and other novels on Kindle. Our „solution“ to the problem was stupid, thoughtless, and painfully out of line with our principles. It is wholly self-inflicted, and we deserve the criticism we’ve received. We will use the scar tissue from this painful mistake to help make better decisions going forward, ones that match our mission.With deep apology to our customers,Jeff BezosFounder & CEOAmazon.com

Wohlgemerkt: keine Entschuldigung dafür, dass Amazon seinem Kindle einen Lösch-Befehl eingebaut hat. Keine Entschuldigung für Farm der Tiere oder Harry Potter. Keine Entschuldigung dafür, dass Amazon eine Plattform gebaut hat, in der windige Anbieter mal eben Raubkopien einstellen können.

Das „scar tissue“ ist die Erkenntnis, dass E-Books von Amazon eine Leihgabe und nicht etwa Eigentum sind – auch wenn der gnädige Lehnsherr in Zukunft noch großzügiger zu sein verspricht.

Was wurde eigentlich aus „Wir haben bezahlt!“?

Eben bin ich in einem Blog auf einen Banner der Aktion Wir haben bezahlt gestoßen. Erinnern wir uns: Gulli.com alias die fliks it-solutions GmbH haben im Juni 2006 die Kampagne gestartet – ungefähr zu der Zeit als auch der CCC und die Verbraucherzentralen mit eigenen Aktionen starteten. Ziel war nichts weniger als „günstige, legale und DRM-freie Musik“.

Wenn man sich heute auf der Webseite der Aktion umsieht, stößt man vor allem auf Leere. Zwar stellt Autor Korrupt im Schnitt alle paar Wochen mal eine kleine Meldung aus dem Fundus der DRM-Musikindustrie-Debatte ins Blog, Diskussionsbeiträge finden sich darunter aber kaum noch.

Aber nicht verzagen: In der linken Spalte finden wir eine Rubrik „Mitmachen“. Erster Punkt ist eine Petition. Dort finden sich heute tatsächlich 6600 Einträge, auch aktuell kommen noch einige hinzu. Schönheitsfehler: Die Petition fehlt. Oben steht ein unverbindlicher Vierzeiler ohne Adressaten. Die Betreiber hatten wohl nie vor, irgendwem eine Petition zu übergeben. Es ist schlicht ein Gästebuch.

wirhabenbezahlt

Zweiter Mitmach-Punkt sind die Banner. Auf der Webseite stehen zwei Dutzend grafisch ansprechende Banner bereit, mit denen man auf seiner eigenen Webseite für die Kampagne werben kann. Dritter Punkt ist ein Kreativ-Wettbewerbe, bei dem man Banner und Slogans einreichen kann – wohl eine Quelle der kreativen Banner auf der vorigen Seite. Hier wird auch versprochen die Gewinner des Wettbewerbes auf der Seite bekannt zu geben – fast ein Jahr nach dem Aktionsbeginn scheint diese Krönung noch auszustehen.

Die letzte Aktion stammt vom letzten September. Damals verlinkten die Kampagneros 17 frei verwendbare Songs und boten dazu ein eigenes CD-Cover mit ihrer URL an. Die einzigen Presseveröffentlichungen stammen aus den ersten Tagen nach Gründung der Kampagne.

Man kann also davon ausgehen, dass die Aktion eingeschlafen ist. Aber ist sie überhaupt gestartet? Irgendwelche konkreten Kampagnenziele hat es nie gegeben, die meisten Mitmachmöglichkeiten laufen lediglich darauf hinaus, Links auf die Kampagnenwebseite zu generieren. Weder Künstler noch Musikindustrie werden angesprochen, fundiertes Informationsmaterial fehlt, weitergehende Aktionen wurden anscheinend nie in Angriff genommen. Auch an Kooperationen scheint es kein Interesse gegeben zu haben, wie auch dieses Interview auf jetzt.de zeigt.

Was bleibt? Einige schöne Banner und einige Tausend Links auf eine Webseite.

Vinyl statt DRM

Liebe Musikindustrie,

um Missverständnissen zuvorzukommen: liefert die Rezensionsexemplar das nächste Mal doch einfach auf Vinyl aus. Oder brecht die CD vor dem Versand zwei Mal durch.

DRM kurios

Das Positive an Digital Rights Management: Die Technik sorgt für immer neue Kuriositäten, die man kopierschutzfrei weitererzählen kann.

Neustes Kapitel: Das US-Unternehmen MRT (das steht für „Media Right Technologies“) ist von seiner Kopierschutztechnik so überzeugt, dass es ein Verbrechen wäre, sie nicht einzusetzen. Um dem Irrsinn auch Taten folgen zu lassen, hat das Unternehmen allen Branchengrößen Anwaltsschreiben geschickt: Grundlage des DMCA seien sie verpflichtet, die ach so tolle Technik von MRT zu lizensieren. Und da die Empfänger des Briefes wohl nach kurzem Stirnrunzeln in den Papierkorb werfen werden, hat man das Ganze in Form einer Pressemitteilung veröffentlicht:

MRT asserts Apple, Microsoft, Real and Adobe have produced billions of these products without regard for the DMCA or the rights of American Intellectual Property owners, actively avoiding the use of MRT’s technologies. Failure to comply with this demand could result in a federal court injunction to any of the above named parties to cease production or sale of their products and/or the imposition of statutory damages of at least $200 to $2500 for each product distributed or sold.

Und da dies noch nicht genug ist, schleimt sich MRT auch noch beim Kunden ein:

„Together these four companies are responsible for 98 percent of the media players in the marketplace; CNN, NPR, Clear Channel, MySpace Yahoo and YouTube all use these infringing devices to distribute copyrighted works,“ states MRT CEO Hank Risan. „We will hold the responsible parties accountable. The time of suing John Doe is over.“

Was soll man da sagen? Die Rechts- und PR-Experten dieser Firma kommen wohl direkt aus Utah.

Das AACS-Debakel – nur ein Vorspiel?

Heise meldet ein neues Debakel in Verbindung mit dem Kopierschutz AACS: Diesmal wurden die Schlüssel aus dem Programm PowerDVD ausgelesen. Die Folgen sind für den Kunden gar nicht schön:

Man darf davon auszugehen, dass der veröffentlichte Private Key von PowerDVD aus dem Verkehr gezogen wird, was wohl auch zur Folge hätte, dass sich auch bereits veröffentlichte Discs nicht mehr abspielen lassen würden. Künftig veröffentlichte Scheiben dürften dem Laufwerk beim Einlegen mitteilen, dass sie keine der zum Entschlüsseln der Inhalte benötigten Volume-IDs mehr an Software mit dem gefundenen Private Key weiterreichen dürfen. Da das Laufwerk diese Information (bei korrekter Implementierung des AACS-Kopierschutzes) speichert, lassen sich weder alte noch neue Discs mehr mit Software abspielen, die PowerDVDs Private Key nutzt.

Bei einmal geknackter Software kann man das Problem noch per Internet-Update beheben: der Kunde muss schlichtweg eine neue Version herunterladen – wenn die denn zeitnah bereitsteht. Und dann läuft wieder alles. Wie sieht es aber bei Hardware-Playern aus? Wenn ein Hacker die Firmware oder die Datenübertragung in einem HD-DVD- oder Blu-Ray-Player ausliest, dann wird das Gerät auf eine schwarze Liste gesetzt und darf dann nicht mehr hochauflösende Filme anzeigen.

Was macht der Kunde dann? Das Gerät zum Geschäft zurückbringen? Oder ist er verpflichtet, das Gerät dann an seinen Computer anzuschließen und irgendwie selbst ein Firmwareupdate vorzunehmen? Der erste Fall ist äußerst teuer, der zweite spielt den Hackern in die Hände: Was liegt näher als ein breit verfügbares Firmware-Update auf neue Schwachstellen zu untersuchen?