Technischer K.O. für Fairpress.biz?

Ausgerechnet gegen falsche Berichterstattung und Verleumdungen wollte sich der ehemalige BILD-Chefredakteur Udo Röbel engagieren – und gründete vor gut zwei Jahren eine Online-Plattform für Juristen, Medien und ihre Opfer.

Besonders lang scheint das Engagement nicht gehalten zu haben – als ich letzte Woche mal auf die Webseite guckte, erhielt ich diese Meldung:

Technisches Aus für Fairpress

So sieht die Seite übrigens noch heute aus. Dass es nur um ein vorübergehend technisches Problem geht, ist eher unwahrscheinlich, wenn man sich die mangelnde Aktivität auf dem Portal bei archive.org ansieht.

Die Anti-Schwarzer?

Die BILD-Werbung mit Alice Schwarzer ist wieder aus den Straßen verschwunden. Stattdessen finden sich mehrere neue Motive zum Thema Kinder. Zum Beispiel dieses:

Anti-Schwarzer

Eine attraktive Dreißigerin(?) schaut ein wenig arrogant und amüsiert in die Kamera und hält die Botschaft hoch: „Ich habe die Pille mit Absicht vergessen.“

Überinterpretiere ich das oder ist das Motiv das genaue Gegenteil der Schwarzer-Werbung? Auf der einen Seite haben wir die legendäre Vorkämpferin für Frauenrechte, die ja so viel gutes erreicht hat. Und jetzt haben wir das manipulative Weib, das den Mann in eine Falle lockt, in eine Familie zwingt und Alimente abkassieren will.

Soll das die Machos mit der BILD versöhnen? Oder will BILD Schwarzer nur vor den Kopf stoßen? Oder führt die BILD der Frau eine neue Ratgeber-Rubrik ein?

Ade Bildblog

Tja, schon wieder werfe ich einen Feed aus meinem Feedreader. Diesmal das Bildblog. Den aktuellen Anlass bietet das Bildblog selbst: Brainpool dreht Werbefilme für Bildblog. Und wo soll der Spot gezeigt werden? Auf MTV, Viva und Comedy Central. Nun, für mich bedeutet das den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.

Wie gesagt: das ist nur der aktuelle Anlass. Ich habe in letzter Zeit gemerkt, dass einfach zu viel des Boulevardmists – zwar anonymisiert und entschärft – durch das Bildblog in meinen Aufmerksamkeitsbereich tröpfelte. Für mich relevante Informationen hingegen konnte ich kaum noch finden. Nach 27 Monaten Bildblog-Lesen habe ich wohl auch die wesentlichen Messages der Bildblogger verstanden.

Also: macht’s gut und danke für den Fisch.

Auch ein PS: Es tut mir leid, den Griesgram zu spielen, aber ich finde den Spot einfach schrecklich.

Was ist die Botschaft? Irgendjemand zählt die Lügen von schlechtem Essen, billigem Klunker und unehelichen Kindern. Und wer macht das normalerweise? Nein, nicht das Bildblog. Das sind die Themen von BILD selbst. Dazu noch zwei Fernsehprominente und das Set ist komplett. Tauscht man das Logo am Ende aus, hat man einen Fersehspot für die BILD, keine Entlarvung oder gar Bloßstellung. Das wäre nach der Werbung mit Brandt und Ghandi auch kaum möglich.

Würde der Sketch in einer Redaktion spielen, in der sich Redakteure mit Lügen überbieten („Ist das ein Seil?“ – „Nein, ein Schlagstock!“ – „Ein Monsterlaser!!“ – „Eine Atombombe!!!“), wäre die Botschaft klar.

Interview mit einem Mecker-Blogger

Kleinz: Hallo, mein Name ist Kleinz. Ich bin freier Journalist und recherchiere zu „Mecker-Bloggern“. Haben Sie einige Minuten Zeit?“

Torsten: Interessantes Thema. Wie kann ich weiterhelfen? Soll ich Ihnen ein paar Mecker-Blogger aufzählen?

Kleinz: Eigentlich wollte ich eher Sie befragen…

Torsten: Mich? Als Mecker-Blogger? Wie kommen Sie denn darauf?

Kleinz: Nun, in den vergangenen Wochen haben Sie zum Beispiel in Ihrem Blog nahegelegt, dass Leute mit großen Autos ein kleines Hirn haben.

Torsten: Nun, diese Idioten wollten eine illegale Rallye auf nicht-abgesperrten Straßen fahren.

Kleinz: Zugegeben. Aber auch sonst scheinen Sie ja kein besonders positiver Charakter zu sein, wenn man ihr Blog als Maßstab nimmt. Ein Kollege schreibt einen wichtigen Artikel, der die Leser über Online-Durchsuchungen aufklärt, und Sie mäkeln an Details herum. Für die vielbeachtete Aktion der Gruppe Geld oder Leben haben Sie nur Häme und Polemik übrig. Fernseher bezeichnen Sie als Mülltonnen. Und das VIVA-Programm sogar als Berufsberatung für den Kinderstrich. Und das sind nur die Einträge aus den letzten Tagen.

Torsten: Ich sage nur meine Meinung. Wollen Sie mir das Recht dazu absprechen?

Kleinz: Nichts liegt mir ferner. Ich frage nur, wie diese negative Tendenz zu Stande kommt.

Torsten: Gut. Fragen Sie.

Kleinz: Sind Blogger prädestiniert dazu, alles und jeden zu kritisieren?

Torsten: Das kann ich nicht wirklich beantworten. Ich verfolge so ein, zwei Dutzend Blogs mehr oder weniger regelmäßig. Je nach Zählung gibt es aber Zigtausende oder Millionen Blogs, die ich niemals zu Gesicht bekomme.

Kleinz: Sie bloggen nun immerhin fast vier Jahre und gehen auch zu Blogger-Treffen wie re:publica. Irgend eine Ahnung müssen Sie doch haben.

Torsten: Nun, bei den so genannten „A-Bloggern“ kann man wohl eine Tendenz zu eher negativen Postings feststellen. Das ist jetzt nur meine subjektive Sicht. Und es ist ja kaum erstaunlich: Firmen decken Internetseiten mit Abmahnungen ein, die Gesetzgebung macht Online-Publizieren zum Minenfeld und viele Web 2.0-Firmen machen wirklich dumme Anfängerfehler.

Kleinz: Trotzdem gibt es doch sicher genug Positives zu berichten. Die Sonne scheint, fast stündlich werden spannende neue Projekte geboren, Menschen rücken aufeinander zu. Warum schreibt niemand darüber?

Torsten: Das stimmt nicht. Viele Leute schreiben Positives. Zum Beispiel hat Udo Vetter erst gestern ein Posting über Schokolade verfasst. Und Robert Basic findet ganz viele Sachen toll.

Kleinz: Aber als er sich vor kurzem über zickige Journalisten-Blogger echauffierte, bekam er mehr Feedback als bei den meisten seiner positiven Berichte.

Torsten: Das ist richtig. Es ist wohl so, dass man über negative Berichterstattung viel mehr unmittelbare Aufmerksamkeit bekommt. Besonders schön sieht man das an der altehrwürdigen Seite Amiga News. Hunderte von Meldungen über neue Projekte, Software oder Mitmach-Gelegenheiten verschwinden eher unbeachtet in der Versenkung, bei Klagen oder Verleumdungen will dann jeder etwas sagen.

Kleinz: Sind Blog-Leser also sensationsheischende Kampfhähne?

Torsten: Nicht mehr als andere Menschen auch. Die BILD-Zeitung macht ja auch nicht mit der Schlagzeile auf „Tausende Demonstranten friedlich“. Vielleicht liegt es in der menschlichen Natur, dass wir Positives einfach hinnehmen und Negatives hingegen mit höchstem Interesse betrachten. Ich könnte mit im Fall von Blogs auch einen technischen Grund vorstellen: Viele Leute preisen tolle Webseiten oder Angebote nicht mehr in einem separaten Eintrag, sondern werfen ihn nur in einen Social-Bookmarking-Dienst, der dann alle paar Tage eine Liste der empfehlenswerten Links ins Blog ausscheidet.

Kleinz: Fassen wir zusammen: Blogger sind gar nicht so negativ, es erscheint nur so?

Torsten: Möglicherweise. Vielleicht geht es sogar etwas weiter: Eventuell müssten Blogger noch viel negativer werden. So sagte Mercedes Bunz vor kurzem in einem Blogkommentar: „Es braucht wieder mehr negative Kritiken. Mit Begründung natürlich. Vor allem im Feuilleton.“

Kleinz: An der Begründung mangelt es bei einigen Bloggern aber.

Torsten: Das liegt auch etwas an der sozialen Dynamik. Manchmal habe ich den Eindruck, dass vor einigen Jahren mehr nachrecherchiert wurde: Der eine Blogger spann die Recherche des anderen Bloggers weiter, brachte sogar Fakten ein, die der Ausgangsthese widersprachen. Heute sehe ich viel öfter eine Empörungsspirale, bei der Vorurteile innerhalb bestimmter Cliquen verstärkt werden. Auch ich kann mich von dieser Optik nicht frei machen.

Kleinz: Es gibt also keine Blogosphäre, sondern nur noch Cliquen?

Torsten: Ob es „die Blogosphäre“ je gab, kann ich nicht sagen. Auf alle Fälle hat sie sich in Deutschland in den letzten Jahren immer weiter ausdifferenziert. Aber dazu kann ich nicht wirklich mehr erzählen. Vielleicht sollte man mal eine Studie machen.

Kleinz: Ich bedanke mich für das Gespräch.

Word!

Ich bin ja kein Fan davon, anderer Leute Gedanken einfach so weiterzutragen. Immer krittle ich hier, schleife da, streiche dies und ergänze das. Lassen wir das Mal weg.

Gross in Mode scheinen Krawall-Blogs und Google Keyword-Spammer zu sein. Krawall-Blogs pusten mit ordentlich Schmackes banale Inhalts-Mücken zu einer Elefanten-Stampede auf, ein äquivalent zu dem was die Bild-Zeitung jeden Tag so treibt, nur ohne Titten-Bilder. Bei den Google Keyword-Spammern geht es nur vordergründig um Inhalte. Man findet sie häufig bei den SEO-Social Media Diensten, die ja so ganz anders sind wie das Vorbild in Amerika. Sie stellen dort meist wohlgeformte, gutleserliche Texte ein, die aber letztlich vor Allgemeinplätzen, Annahmen und Banalitäten nur so strotzen. Ihre wirkliche Aufgabe ist aber nicht den Leser zu gefallen, sondern einen gewichteten Mix aus Google Keywörtern aufzunehmen, damit sie gut gefunden werden und den Traffic hochtreiben. Mit Bloggen hat das imho wenig zu tun.

Weiter hier.

Hauptsache Ford

Der ehemalige US-Präsident Gerald Ford ist tot. Das hat der Infoscreen eben verkündet, als ich am Hauptbahnhof auf die U-Bahn wartete. Bemerkenswert war die Bilderauswahl neben der Meldung: die Ford-Unternehmenszentrale, Szenen aus einer Autofabrik, verschiedene Ford-Modelle…

Bild.de verursacht Pornowelle

Das Phänomen des Slashdottens ist alt bekannt: Wenn ein Angebot auf der IT-Nachrichtenplattform Slashdot verlinkt ist, geraten die Server ins Schwitzen. Tausende und Abertausende von Surfern drängen auf die verlinkten Webseiten – Traffic-Kosten schnellen in die Höhe, kleinere Server geben den Geist auf und geben nur noch Fehlermeldungen von sich. Ähnliches tritt auch bei manchen anderen IT-Nachrichtendiensten auf. Bei weniger computeraffinen Medien passiert das in der Regel nicht – das Publikum ist nicht klickfreudig genug. In der Regel zumindest.

Youporn - Fehlermeldung

Gestern wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Onlineredaktion von Deutschlands größter Boulevardzeitung ebenfalls slashdotten kann. Denn die Leser von Bild.de sind offenbar sehr klickfreudig wenn es um eines geht: kostenlosen Porno. Die Webseite Youporn jedenfalls zeigt nach der Veröffentlichung einer Bild-Meldung unter dem Titel Warum zeigen immer mehr Menschen ihre privaten Sexfilme im Internet? nur noch eine Fehlermeldung:

 

We got featured on Bild (Germany’s largest newspaper) and got a huge surge in traffic. We are trying very hard to bring the site up again.

 

youporn2

Dabei hatte Bild.de das Angebot gar nicht verlinkt. Es wurde lediglich der Domainname genannt und die Surfer mit einer kleinen Bildergalerie motiviert. Die tatsächlichen Links gehen auf die eigenen Erotik-Angebote – und die von zahlenden Werbekunden. So gibt es bei Ebay eine „große Anzahl an erotischen Bildbänden“, die Bild.de-Fotogalerie „Werkstattkultur“ zeigt nackte Damen zu Hauf.

Damit niemand auf die Idee kommt, die lebensbejahende BILD-Erotik für die düsternen Abgründen des Amateur-Pornos zu verlassen, gibt Bild.de auch Tipps, wie man das verhindern kann:

 

Computer-BILD-Experte Dirk Kuchel (34): „Nutzt man am Rechner den Internet-Explorer, lässt sich dort ein Sexfilter einstellen: Man klickt in der Dachzeile auf ‚Extras‘ und wählt ‚Internetoptionen‘. Dort auf ‚Inhalte‘ gehen, den ‚Inhaltsratgeber‘ aktivieren und die Filter auswählen.“

 

Ob dann auch Bild.de ausgeblendet wird?

He, BILDblog

Am Montag scheint die BILD mal ausnahmsweise einen echten Skandal aufgedeckt zu haben: Soldatenfotos mit Leichenschändungen kursierten jahrelang bei der Bundeswehr in Afghanistan, weder Verteidigungsministerium noch deutsche Medien bekamen davon etwas mit.

Seitdem ist die BILD in allen Medien eine der Haupt-Quellen. Der DJV bezeichnet die Veröffentlichung als journalistisch einwandfrei. Auch das Interview mit einem der Soldaten hatte sich die Boulevardzeitung als erste gesichert und dabei neue sachliche Informationen in die öffentliche Diskussion eingebracht.

BILD als Informationsquelle

Lange Rede, kurzer Sinn: Die ganze Woche lang macht die BILD in allen Medien Schlagzeilen. Und im BILDblog finde ich dazu kein einziges Wort – nicht mal in der Spalte „Aktuelle Links“. Ist die BILD nun Thema des Blogs oder eben nur das, was in den Kram passt?

PS: Mittlerweile hat Bildblog das Thema doch mal aufgegriffen – als Beitrag in der Rubrik „Kurz korrigiert“ – die Zeitung hat sich im Waffentyp vertan. Dass die Boulevard-Zeitung die Bilder aus Afghanistan als Fortsetzungs-Fotoroman auf der Titelseite inszeniert und scheinheilig fragt was wohl als nächstes herauskommt, bedarf wohl keiner vertieften Analyse.

PPS: Bildblogger Stefan Niggemeier äußert sich im Telepolis-Interview:

Ich weiß nicht, ob man in so einem Fall mit klaren Kategorien wie „richtig“/“falsch“ arbeiten kann. Die genauen Hintergründe, die zur Veröffentlichung in „Bild“ geführt haben, kenne ich nicht, wie sorgfältig und verantwortungsvoll „Bild“ bei der Beschaffung der Fotos gearbeitet hat, kann ich nicht beurteilen. Die Darstellung des Falls durch „Bild“ scheint mir für eine Boulevardzeitung angemessen. Natürlich ergeben sich die üblichen Verzerrungseffekte: Egal wie oft die Medien betonen, dass es sich vermutlich um Einzelfälle handelt, werden sie doch nicht als solche wahrgenommen, sondern führen zu Pauschalurteilen. Dieser Effekt ist bei einer Boulevardzeitung noch stärker. Ich habe aber das Gefühl, dass „Bild“ in diesem Fall durchaus differenziert und alles andere als verallgemeinernd berichtet.

(Danke für den Hinweis an Marco.)