RIP Kimble?

Seit einigen Tagen sind die diversen Webseiten von Kim Schmitz aka Kimble offline. Die Domainnamen sind noch auf ihn registriert, der Inhalt hat sich rein mathematisch dem Gehalt seiner vollmundigen Ankündigungen angepasst:

HTTP/1.1·200·OK(CR)(LF)
Date:·Thu,·04·Jan·2007·09:43:29·GMT(CR)(LF)
Server:·Apache/1.3.27·(Unix)··(Red-Hat/Linux)(CR)(LF)
Last-Modified:·Wed,·27·Dec·2006·12:48:57·GMT(CR)(LF)
ETag:·"3ac12f-0-45926bb9"(CR)(LF)
Accept-Ranges:·bytes(CR)(LF)
Content-Length:·0(CR)(LF)
Connection:·close(CR)(LF)
Content-Type:·text/html(CR)(LF)
(CR)(LF)

Ob er nun ernst macht mit dem seriösen Leben oder ob er lediglich die Provider-Rechnung nicht bezahlt hat – ich weiß es nicht. Es interessiert nicht mal mehr besonders.

Copy & Podcast

Auf meine Anmerkungen zum Infotainment Podcast gibt es eine Antwort der Betreiber

Der Infotainment Podcast verfügt über verschiedene Recherche Kanäle. Natürlich auch das Internet und selbstverständlich auch Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Deswegen wurde auch bereits von Anfang an unter der Rubrik “Impressum” mit einem entsprechenden Hinweis auf Wikipedia verlinkt.

Dieser wurde anscheinend von “Notizblog” übersehen, weswegen sich der Link nun auf der Startseite befindet.

Dem Infotainment Podcast geht es in keinster Weise darum, einfach einen Wikipedia-Artikel zu vertonen und diesen Online zu stellen. Wir sehen uns als eine weitere interessante Möglichkeit, auf unterhaltsame Art und Weise Informationen aus verschiedenen Kanälen zu bündeln und an Wissensdurstige weiter zu geben. Da es sich hierbei um keine wissenschaftliche Arbeit, sondern “nur” um einen Podcast handelt, hielten wir eine exakte Quellenangabe für überflüssig. Wir bedanken uns hiermit herzlich bei allen Autoren und Mit-Autoren von Wikipedia für deren unermüdlichen Einsatz in Pflege und Vervollständigung der wahrscheinlich umfassendsten Enzyklopädie der Welt.

Wie schon in den Kommentaren des Infotainment-Podcasts erwähnt: Ein Link irgendwo auf der Webseite ist keine Quellenangabe. Eine Quellenangabe besteht darin, dass man explizit erwähnt, was von wem übernommen wurde. Bei reinen „Recherchekanälen“ ist das nicht unbedingt nötig, wenn man jedoch abschnittsweise zitiert schon. Und wenn man Wikipedia-Texte nicht nur zitiert, sondern in seine Arbeit übernimmt, dann muss man dazu auch noch die Wikipedia-Lizenzbestimmungen erfüllen. Ansonsten muss man sich die Arbeit machen und die Fakten in eigenständige Texte einarbeiten.

Dass es der Entertainment-Podcast aber nicht bei der Übernahme von Fakten belässt, zeigt eine kleine Textprobe der neusten Episode:

Angefangen hat alles im Jahr 1968. Ein gewisser Spencer Silver von der Minnesota Mining and Manufacturing Company – uns allen besser bekannt unter dem Abkürzel 3M – beginnt mit der Entwicklung eines neuen Superklebers, welcher stärker als alle bis dahin bekannten Kleber werden sollte. Nach langem Forschen und Ausprobieren war das Ergebnis seiner Arbeit jedoch nur eine klebrige Masse, die sich zwar auf allen Flächen auftragen ließ, jedoch auch genauso leicht wieder abzulösen war. Silver stellte resigniert fest, dass dies nicht wirklich der gewünschte Superkleber war, den er kreieren wollte. Also wurde eine kleine Notlösung gefunden: 3M produzierte daraus eine Pinnwand, die jedoch ohne Pins auskam. Das Board wurde mit dem Klebstoff bestrichen, so dass sich Zettel einfach hinkleben und wieder ablösen ließen. Das Board war ein Mega-Flop Silvers Kleber geriet in Vergessenheit.“

Der Wikipedia-Artikel Klebezettel liest sich heute dagegen so:

1968 beschäftigte sich Spencer Silver von der Minnesota Mining and Manufacturing Company [Link zu 3M] mit der Entwicklung eines neuen Superklebers, welcher stärker als alle bekannten Kleber werden sollte. Das Ergebnis seiner Arbeit war jedoch nur eine klebrige Masse, die sich zwar auf allen Flächen auftragen ließ, jedoch auch genauso leicht wieder abzulösen war. Das einzige Produkt, das sich daraus entwickelte, war eine Art Pinnwand, die jedoch ohne Pins auskommen sollte. Das Board wurde mit dem Klebstoff bestrichen, so dass sich Zettel einfach hinkleben und wieder ablösen ließen. Da sich dieses Board nur schlecht verkaufte, wurde es vom Markt genommen und die Erfindung von Spencer Silver geriet in Vergessenheit.

Wie man unschwer sieht, wurde hier der Wikipedia-Artikel lediglich leicht überarbeitet. In der gleichen Art geht es weiter. Wer sich an Vergleichsspielen erfreut kann sich ja den Podcast in voller Länge anhören und dazu auch noch einige andere Quellen vergleichen. Da wäre zum Beispiel ein Artikel der FAZ, der in ähnlicher Weise „recherchiert“ wurde. Weitere Quellen sind mit Google zu finden.

Propaganda 2.0

Vorgestern fragte ich, wie lange es dauern würde, bis das Video von der Hinrichtungs Saddams wohl auf Youtube verfügbar wäre. Wie Nachrichtenagenturen berichten hat es nicht lange gedauert, bis der Clip im Internet zu finden war.

Insgesamt ist die vermutlich mit einem Handy gemachte Aufnahme zwei Minuten und 38 Sekunden lang. Immer wieder waren Blitzlichter von Fotoapparaten zu sehen, während die Schlinge um den Hals des früheren Staatschef gelegt wurde. Saddam Hussein zeigte keine Gefühle und wirkte sehr ruhig.

Die Mittel erinnern an den viel zitierten Bürgerjournalismus: Ein Augenzeuge nimmt mit einer Handykamera eine Szene direkt auf, die in der offiziellen Berichterstattung ausgeblendet wird. Es werden so mehr Details bekannt, etwa, dass dem Ex-Diktator noch der Name eines seiner Opfer zugerufen wurde. Wir erfahren, wie voll die Hinrichtungskammer war . Und dass Saddam die Augen geöffnet hatte, als er am tot am Galgen baumelte. Unmittelbare Eindrücke. Ungefiltert.

Doch Moment mal – wie wahrscheinlich ist es, dass hier jemand unbemerkt mit einer Handykamera das Ganze geschehen aufnehmen kann? Meines Erachtens ist die Erklärung wahrscheinlicher, dass hier eben ein anderes Stilmittel gewählt wurde, um den Tod Saddams unter das Volk zu bringen. Schon seit Jahren verbreiten Extremisten Bilder von ihren Anschlägen im Irak im Internet – und brechen so auch die Regeln, die bei einer unabhängigen Berichterstattung eingehalten werden.

Das hat sich wohl auch die andere Seite zum Vorbild genommen: Offiziell hat die irakische Regierung eine Fernsehaufnahme präsentiert, die ohne den baumelnden Leichnam auskommt. Unter der Hand wird jedoch die andere Version verbreitet, die für Saddams Anhänger besonders demütigend sein dürfte.

Wikipedia als Podcast – aber psssst

Ich bin kein großer Freund von Podcasts, höre aber ab und an Mal rein. Durch Zufall wurde ich auf den Infotainment Podcast aufmerksam und lud mir mal eine Folge mit dem Thema „Zeit“ herunter. Bei einigen Formulierungen stutzte ich und warf Google an. Ergebnis: Der Podcast ist eine redigierte Fassung vom Wikipedia-Artikel „Uhr“ und einiger darin verlinkter Artikel. Über weite Strecken sind die Formulierungen wörtlich übernommen oder nur leicht angepasst worden. Leider fehlt sowohl im Podcast als auch auf der Webseite eine Erwähnung der Quelle.

Wikipedia: Kooperation oder Werbung?

Auf allen Wikipedia-Seiten prangt heute das Logo der Hilfsorganisation Virgin Unite. Dahinter steckt die neuste Spendenkampagne der Wikimedia Foundation. Ich hatte im Vorfeld bei Heise darüber berichtet, bei Tim Bartels gibt es eine Zusammenfassung der wichtigsten Fakten.

wiki-virgin2

 

Der spannende Moment: obwohl für die Platzierung eines Firmenlogos eine beträchtliche Menge Geld fließt, ist dies keine Werbung – das sagt zumindest die Wikimedia Foundation. Und es steht in der offiziellen FAQ zur Spendenkampagne.

Inwiefern unterscheidet sich die Zusicherung einer Spende von Werbung?

 

Werbung ist die Platzierung eines vom Werbenden erstellten Werbeträgers, wie zum Beispiel in „Kauft die ABC-Ware von XY, denn sie ist die Beste“. Würden wir einzelne Pixel am Kopf unserer Seiten verkaufen und hätten die Unternehmen die freie Wahl, welchen Inhalt sie dort platzieren möchten, dann wäre das Werbung. Dies gehört aber explizit nicht zu den von uns getroffenen Vereinbarungen. Und dies schon alleine deshalb nicht, weil eine solche Vorgehensweise die Steuerfreiheit dieser Transaktionen gefährden würde.

Stattdessen erklären wir uns einverstanden, eine Dankeschön-Notiz für die Verdoppelung von Spenden der Nutzer einzublenden: „Ihre heutigen Spenden werden durch die großzügige Unterstützung von XY verdoppelt.“ Das auf diese Weise gesammelte Geld steht dabei in direktem Verhältnis zur Spendenbereitschaft des Einzelnen für unsere Projekte. Wenn nur wenige Einzelspenden zusammenkommen, wird es auch nur wenig Geld von den jeweiligen Unternehmen geben. Sind die Einzelspender großzügig, werden sich auch die Unternehmen als großzügig erweisen. Es handelt sich also um eine Kooperation in der finanziellen Unterstützung.

Die Präsenz eines Logos und eines Links zur Bezeichnung des Spenders ändert nichts am Wesen der Vereinbarung und der normale Nutzer unserer Websites wird sich damit nicht weiter befassen müssen.

 

Gehen wir mal den Werbecharakter der Sitenotice anhand der verschiedenen Argumente durch.

Gestaltbarkeit der Werbung

Hauptargument ist, dass Virgin Unite die Werbung gar nicht selbst gestalten konnte. Aber ist das wirklich die Haupteigenschaft von Werbung? Schon in der Schülerzeitung haben wir Werbungen relativ frei gestaltet – ein kleines Geschäft, das uns mit ein paar Euro unterstützen wollte, hatte nicht immer eine verwertbare Druckvorlage – also klebt man etwas zusammen aus dem Material, das der Händler mal eben bereitstellen kann

Auch bei professionell vermarkteter Werbung kann der Auftraggeber nicht wirklich frei über das Werbemedium verfügen. Die überaus erfolgreichen Google Ads lassen grade Mal ein paar Zeichen Text zu – oft reicht dies nicht mal zu einer eindeutigen Produktanpreisung wie einem Slogan. Ist es deshalb keine Werbung?

wiki-virgin3

 

Keine Produktwerbung

Dieses Argument kommt in der englischen FAQ etwas besser heraus:

 

Advertising is the placement of copy written by the advertiser, i.e., „Buy Joe’s Widgets, they’re the best“.

 

Offenbar sehen die FAQ-Autoren in der konkreten Produktanpreisung ein weiteres zentrales Merkmal von Werbung. Doch ist es das wirklich noch? Gerade Konzerne und Firmengruppen wie eben Virgin schalten in Massenmedien allgemeine Image-Werbung. Wenn der Kunde weiß, dass hinter dem roten Virgin-Logo Qualität und lauter nette Menschen stecken, ist das oft mehr wert, als wenn ein einzelnes Produkt dieses Konzerns breit beworben wird.

Zusammenarbeit statt Bezahlung

Der zweite Absatz der FAQ ist merkwürdig: Hier wird verquast von einer Vereinbarung und einer „Kooperation in der finanziellen Unterstützung“ (im Englischen: „cooperation in financial gift“) erzählt. Ich vermute mal, dass das Argument so läuft: Wikimedia hilft als gemeinnütige Organisation einer anderen Wohltätigkeits-Organisation Spenden einzutreiben. Eine Zusammenarbeit auf Gegenseitigkeit, nichts weiter.

Doch die Kooperation ist ein einfacher Vertrag: Virgin zahlt, Wikimedia liefert eine Gegenleistung. Wie sich der genaue Kaufpreis des Werbeplatzes berechnet, ist keine zentrale Eigenschaft von Werbung. Und dass Wikimedia mehr „kooperiert“ als jeder andere Werbetreibende ist auch nicht ersichtlich. Die Wikipedia-Community wird nicht aufgefordert sich an Projekten von Virgin Unite zu beteiligen, Wikipedia-Admins helfen nicht bei dem Aufbau eines Virgin-Unite-Wikis.

Fazit:
Halten wir fest: Wir sehen auf Wikipedia keine Produktwerbung. Die Sponsoren werden von Jimmy Wales und der Foundation handverlesen und es wird keine Werbebotschaften verbreitet, sondern ein Logo und ein Link. Werbung ist es trotzdem.

Hauptsache Ford

Der ehemalige US-Präsident Gerald Ford ist tot. Das hat der Infoscreen eben verkündet, als ich am Hauptbahnhof auf die U-Bahn wartete. Bemerkenswert war die Bilderauswahl neben der Meldung: die Ford-Unternehmenszentrale, Szenen aus einer Autofabrik, verschiedene Ford-Modelle…