Kölner geschockt: Matratzen-Geschäft schließt nach Räumungsverkauf

Ein ungewohntes Bild im Kölner Szene-, Arbeiter- und IT-Mekka Ehrenfeld. Ein unscheinbarer Laden an der Ecke Piusstraße steht plötzlich leer.

Was wie eine alltägliche Szene aussieht, ist für viele Anwohner unverständlich: „Das war schließlich ein Matratzenladen“, erklärt Klaus Paschulke, der mit seinem Hund Fritz täglich hier seine Runden zieht. „Matratzenläden schließen nicht“, sagt der Frührentner sichtlich irritiert. Auch Manuela Tröte, die in der Bäckerei nebenan arbeitet zeigt sich schockiert. „Alles hätte ich erwartet, nur das nicht.“ Jeden Morgen ging sie an den großen roten Plakaten vorbei, die einen Räumungsverkauf ankündigten. „Es war eigentlich alles wie normal“, sagt die Bäckereifachverkäuferin.

Was mit dem Laden nun geschehen wird, ist noch vollkommen unklar. Vielleicht zieht ein Thai-Massagen-Salon ein oder ein Bubble-Tea-Salon. Besonders letzter würde gut in die Nachbarschaft passen – der nächste Anbieter des Trendgetränks aus Asien liegt schließlich 60 Meter entfernt. Luftlinie. Rentner Paschulke ist aber optimistisch, dass ein anderer Matratzenladen in das Eck-Geschäft einziehen wird: „Wo soll ich sonst meine Drei-für-Zwei-Matratzen mit bis zu 77 Prozent Inventurrabatt bekommen?“

Frau Piepenbröck ist tot (BDK-Fassung)

Palimm-Palimm
„Hallo?“
„Ja, hallo. Mein Name ist Bömmerlunder von der SpuSi. Wir müssten Mal in Ihre Wohnung.“
„SpuSi?“
„Ja, Spurensicherung.“
„Spurensicherung?“
„Sprech ich chinesisch? Ja, Spurensicherung. Machen Sie auf!“
„Warum?“
„Weil ich Spuren sichern muss. Jungejunge, sind Sie schwer von Begriff…“
„Welche Spuren?“
„Na, das Übliche. Fingerabdrücke, DNA, Fasern“
„Und weshalb?“
„Haben Sie es noch nicht gehört? Frau Piepenbröck ist tot.“
„Das tut mir leid. Wer ist Frau Piepenbrück“
„Gerda Piepenbrück. Wohnt nur zwei Straßen von hier. Das heißt: wohnte.“
„Nie von ihr gehört. Was hab ich damit zu tun?“
„Sagte ich doch. Sie wohnte nur zwei Straßen von hier.“
„Aha. Dann gehen Sie die beiden Straßen zurück zur Wohnung von Frau Piepenbröck und tun sie dort ihren Job.“
„Jetzt werden Sie nicht unverschämt. Wir können nämlich auch das alte Pulver zum Fingerabdrucksichern nehmen. Das bekommen Sie nie wieder aus dem Teppich!“
„Jetzt Mal langsam…“
„Okayokay, ich sag dem Kommissar Bescheid.“
„Warten Sie…“
„Ja?“
„Könnten Sie mir denn bitte erklären, warum Sie meine Wohnung durchsuchen wollen?“
„Na, das machen wir immer so. Wenn ein Gewaltverbrechen nicht ausgeschlossen werden kann, sichern wir alle Spuren in einem Kilometer Umkreis vom Tatort. Sie sind wohl neu? In den meisten Wohnungen war ich schon vier oder fünf Mal…“
„Sie gehen einfach so in alle Wohnungen? Ohne Verdacht?“
„Wir haben einen Verdacht. Frau Piepenbrock ist tot!“
„Piepenbröck dachte ich.“
„Meinetwegen auch die. Warten Sie, ich hab mir für solche Fälle etwas aufgeschrieben“
„Was?“
„Hier steht’s, hören Sie genau zu! Wenn genügend Personal vorhanden ist um Fingerabdruckspuren im Umfeld des Tatortes massenhaft aufzunehmen und auszuwerten, müssen wir das tun und anschließend den Täter herauszufiltern. Wenn auch nicht immer von Erfolg gekrönt, bleibt es jedoch ein Werkzeug im Kampf gegen das Verbrechen.
„Hä?“
Es geht noch weiter: Wir sind nach dem Gesetz verpflichtet Straftaten zu verfolgen. Der Bürger erwartet das zu Recht, die Politik fordert das nachdrücklich, der Gesetzgeber hat uns das Handwerkszeug dazu gegeben und die Richter achten darauf, dass wir es richtig anwenden
„Hmmm.“
„Na, was sagen Sie nun?“
„Ja, das klingt absolut logisch“
„Na, dann lassen Sie mich schon rein.“
„Nehmen Sie aber auch das neue Fingerabdruckpulver? Wenn die Teppiche ruiniert sind, bringt mich meine Frau um.“
„Keine Bange, wenn das passiert, sind wir von der SpuSi schon zur Stelle. Ihre Frau wird ihrer Strafe nicht entgehen.“
„…“
„Kleiner Scherz“
„OK, kommen Sie rein.“

In der Bibliothek 2015

„Guten Tag.“
„Guten Tag.“
„Entschuldigen Sie bitte, ich bin zum ersten Mal in einer Bibliothek.“
„Kein Problem. Die Bücher sind dort, den Katalog finden Sie dort drüben. Wenn Sie Fragen haben, kommen sie einfach zu mir.“
„Ja, eine hätte ich direkt.“
„Fragen Sie nur.“
„Sind die Bücher denn auch alle in meinem Land erhältlich?“
„Wie gesagt: die Bücher stehen dort drüben.“
„Prima….“
„Ja?“
„…aber sind die auch alle kompatibel? Wissen Sie, ich wollte meinem Neffen diesen Batman-Klassiker schenken. Aber dann war der nur für das iPad geeignet und der Junge hat doch nur Nintendo“
„Es sind Bücher. Wir haben zwar auch einige E-Books im Angebot, aber damit kennt sich nur der Kollege aus. Aber die normalen Bücher sind für jeden lesbar“
„Aber das sind sie auch?“
„Was?“
„Na, lesbar. Ich hatte da letzte Woche so eine Datei bekommen, aber die war nur mit diesem komischen Adobe-Dings lesbar“
„Es sind Bücher. Sie können doch lesen?“
„Ja, sicher.“
„Dann mach ich einen Vorschlag: Leihen Sie sich ein Buch aus, gehen nach Hause und probieren es mal aus.“
„Ich kann das Buch einfach so nach Hause nehmen?“
„Klar.“
„Umsonst?“
„Nun, pro Jahr erheben wir natürlich eine Gebühr von 30 Euro.“
„Ha! Fast hätten Sie mich reingelegt. Ich geb Ihnen meine Kontodaten und nachher werden Hunderte Euro abgebucht.“
„Sie können auch bar zahlen.“
„Nee, so kriegen Sie mich nicht! Ich lese Zeitung. Wenn das Angebot nämlich verdächtig billig ist, dann darf man nicht zugreifen! Sonst wird man abgemahnt und das kostet Tausende! So kriegen Sie mich nicht! Eine Schande ist das!“
(Kunde ab)
„Mist, beinahe hätte es geklappt.“

Vorratsdatenspeicherung ist Bürgerschutz

Wenn die Daten von einer Million Handies abgefragt werden, sind 80 Millionen nicht anwesende Bundesbürger quasi entlastet.

Ich warte jeden Moment darauf, dass jemand dieses Argument ernsthaft vorbringt.

Postpiracy?

Eben hab ich mir eine Folge „Castle“ auf DVD angesehen. Ich musste nicht Mal auf einen Grauimport zurückgreifen um die Staffel 3 zu kaufen, während gerade Mal die Staffel 4 grade in den USA läuft. Früher musste man jahrelang warten und bekam dafür nicht einmal einen ordentlichen Audio-Kommentar.

Auf meinem Handy habe ich Simfy installiert und zwei Radio-Apps. Der Podcast-Client schaufelt mir jede Woche zwei Folgen des WTFPods, eine von The Moth, eine von This American Life und unzählige von Dradio auf das Handy.

Mein DVD-Festplattenrekorder hat mit Basis-DVB-T-Empfang so viele Sendungen abgespeichert, dass ich eine Woche Urlaub bräuchte, um alles Sehenswerte tatsächlich anzusehen. Vier Mal pro Woche kann ich kostenlos die aktuellen Folgen von Stephen Colbert und Jon Stewart online ansehen, heute show und extra drei sowieso — falls ich dazu noch die Zeit finden sollte.

Es hat sich einiges getan in den letzten Jahren. Wenn ich Mal auf Thepiratebay gucke, dann nicht um etwas herunterzuladen, sondern um nachzusehen wie populär gewisse Dateien sind. Oder ob es blockiert ist. Vergangene Woche habe ich sogar dort nachgesehen, wie lange wohl die Spielzeit eines Hörbuchs ist, weil Amazon in seiner unerfindlichen Weisheit diese Information Käufern vorenthält. Heruntergeladen habe ich es mir nicht. Mein Bittorrent-Client hat mir zuletzt 20 Vorträge von Chaos Communication Congress heruntergeladen. Und die neue Version von OpenSuSE.

Aber ob die Medienindustrie sich ohne „Piraten“ so schnell verwandelt hätte? Garantiert nicht. Ich persönlich brauche ihre Dienste nicht. Aber dennoch sind sie nicht obsolet. Die Geräte in unseren Händen verwandeln sich in Medien-Eunuchen: glitzernd, glatt und unfähig über die Monopolgrenzen hinwegzusehen. Statt die Kostenlos-Konkurrenz von Piraten zu entledigen, wollen sich die Medienkonzerne gleichzeitig auch der legalen Konkurrenz entledigen.

Ist das Postpiracy-Zeitalter angebrochen? Noch nicht.

Dreckschleuder Internet und Schweigekartell Berlin

Und wir müssen auch aufpassen, daß überhaupt noch Menschen bereit sind sich dieser Sache … auch im Internet, wenn sie da sehn, was alles über meine Frau alles verbreitet wird an Fantasien, dann kann ich nur sagen, da müssen wir doch auch sehen, dass die Menschen auch noch bereit sind sich der Öffentlichkeit zu stellen, in die Öffentlichkeit zu gehen, […]

In seinem Interview thematisierte Bundespräsident Christian Wulff die wilden Internet-Gerüchte, die sich um die Vergangenheit seiner Ehefrau gedreht hatten. Dieses Thema wurde in den letzten Tagen mehrfach thematisiert. Zum Beispiel schreibt Hans Leyendecker Heribert Prantl in der Süddeutschen:

Warum ist das anders geworden? Unter anderem deshalb, weil die Mediengesellschaft über viel mehr und größere Gebläse verfügt als die Gesellschaft vor 30 und 40 Jahren. Vielleicht auch deswegen, weil es den Amtsbonus immer weniger gibt, der selbst demjenigen Amtsinhaber eine Aura gab, der keine hatte. Diesen Bonus hat das Internet in einen Malus verwandelt, weil es dort eine besondere Lust daran gibt, aus Dreckkübeln, die in ausländischen Servern gefüllt werden, ungestraft auf Hass-Subjekte zu schütten. Wulff war und ist da eines der Opfer.

Dass es gar nicht die ausländischen Server waren, hat Alvar Freude in seinem Blog als Reaktion auf einen Cicero-Artikel mit ähnlicher Aussage schön herausgearbeitet:

Aber wie der Laie schon sieht, lautet schon die Top-Level-Domain .de. Sollte es ein Journalist tatsächlich nicht wissen, so kann er leicht recherchieren, dass .de-Domains grundsätzlich nicht anonym zu haben sind. Man kann problemlos gegen den Verantwortlichen vorgehen. Aber selbst wer nicht in der Lage ist dies zu recherchieren, sollte den Link „Impressum“ auf der Webseite finden. Das gleiche gilt für andere vom gleichen Autor gefüllte Webseiten.

Doch es geht noch weiter. Denn es waren nicht die Klowand-Beschreiber, die das Gerücht in die Welt setzten. So erschien am 15. Dezember dieser Artikel von Frankfurter-Rundschau-Journalist Holger Schmale:

Wenn Wulff nicht bald folge, so wurde in Berlin gemunkelt, könne das Blatt mit einer Geschichte über das Vorleben Bettina Wulffs aufwarten. Angeblich verfügt die Redaktion über Informationen, die bisher auf Weisung von ganz oben nicht gedruckt werden dürfen. Aus Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten. Man wird sehen, ob die wenigen Sätze aus dem Schloss Bellevue den Präsidentenjägern nun genügen.

Sprich: Die Gerüchte, die von den Dreckkübeln im Internet verbreitet wurden, kursierten schon drecklöffelweise in Journalistenkreisen. Und irgendwie hat man sie dann über Weihnachten komplett vergessen.

Dass der Anruf bei BILD-Chef Kai Diekmann mit einem solchen Hintergrund einen ganz anderen Hintergrund hätte, taucht in der Berichterstattung nicht auf. Dabei ist der Vorwurf beträchtlich: Ein Medium soll versucht haben den Bundespräsidenten mit gezielten Indiskretionen gefügig zu machen. Das klingt doch sehr nach News Of the World. Aber wir sind ja nicht in England, oder?

Wulff muss gehen

Nicht wegen der Häuserkredite. Nicht wegen der wütenden Anrufe. Sondern weil er die Vorratsdatenspeicherung unterstützt.

(Das stimmt zwar möglicherweise nicht – aber heute lassen sich politische Botschaften nur verbreiten, wenn sie ein „Wulff muss gehen“ enthalten.)