This Week in Comedy

Ich guck zu viele amerikanische Comedy-Videos. Wenn ihr jedoch auch mehr davon guckt, fällt es nicht mehr so auf.

Das heiße Thema diese Woche waren natürlich der Streit Donald Trumps mit protestierenden Athleten. Hier war der Late-Night-Außenseiter Jim Jeffries der etablierten Konkurrenz eine Knielänge voraus. That just does prove their point, doesn’t it?

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The Important

Angesichts der medialen Glaubwürdigkeitskrise haben es viele Comedians übernommen, lange Erklärstücke zu senden. Sehr schön diese Woche war zum Beispiel — wie so oft — John Oliver mit seinem Stück über Corporate Consolidation, indem der er sich auch sehr explizit über seine künftige Konzernmutter auslässt.

Mindestens ebenso wichtig und nicht mal halb so lange ist Samantha Bee mit ihrem Stück über die Federalist Society, die derzeit quasi ohne Mitwirkung des Weißen Hauses Bundesrichter in Amt und Würden bringt.

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Auch gut: Trevor Noah und Seth Meyers über Trumpismus ohne Trump.

The Silly

Manchmal mag man vergessen, dass Comedy ja in erster Linie zum Lachen da ist und nicht nur ein alternatives Nachrichtenformat. Welcher Komiker kann schon an einem solchen Satz vorbeigehen? „The president went to bed, embarrassed…. and pissed.“ Trevor Noah kann es nicht.

Noch alberner ist aber Conan O’Brien mit einem ganzen Feuerwerk an Masturbationswitzen. Und er erwähnt nicht mal Anthony Weiner.

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Tipp an Comedy-Zuschauer: Sitzt niemals in der ersten Reihe.

The New

Neuzugang diese Woche ist Jordan Klepper mit seiner eigenen Show: The Opposition. Darin macht er den Colbert und spielt einen Alt-Right-Blowhard, den er teilweise schon bei Jon Stewart zum Besten gegeben hatte. Noch ist das etwas holprig, aber er hat durchaus Potenzial. Während sich die Kollegen ganz auf den gescheiterten Obamacare-Repeal stürzen, spricht er über den Silent Repeal.

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Neu ist auch Jerry Seinfelds Netflix Special, indem er beweist, dass er ein verdammt privilegiertes, aber langweiliges Leben führt und sehr charmant darüber erzählen kann. A Show about nothing — und was ist daran schon so schlimm? Dämlich: Sein Witz „Jeder, der Präsident werden will, ist ein Psychopath“. Der ist nicht nur uralt, sondern geradewegs aus der Zeit gefallen und ein unnötiger Hinweis, dass Jerry um Gottes Willen nicht „politisch“ sein will. Als ob das zu vermeiden wäre.

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The Ugly

Wie schon im April befürchtet, tritt so langsam ein lähmender Effekt ein. Comedians aller Kategorien sprechen jede Woche über Trump und in gewisser Weise langweilt es sie zu Tode und zermürbt sie zugleich. Da ist es doch nur verständlich, wenn man mal einen Kontrapunkt machen will. So macht Trevor Noah einen Witz daraus, dass er Trump wegen der Hurrican-Hilfe in Puerto Rico verteidigt. Dabei schluckt er nur das Narrativ, dass posiitives Regierungshandeln ohne persönliche Intervention des Präsidenten gar nicht denkbar ist.

Richtig negativ sind mir derzeit die Häufung von Witzen aufgefallen, die Hillary Clinton als Alkoholikerin porträtieren. Die Überlegung mag sein: Wenn man das Publikum aufstehen lässt, um Trump auszubuhen, muss es doch auch erlaubt sein, die Konkurrenz auch ab und zu mal abzuwatschen. Sicher ist es das — aber muss man dafür ein Alt-Right-Meme einsetzen? Und by the way: Die Tiffany-Witze sind mittlerweile auch alle mehr als abgestanden.

https://youtu.be/WoJYSX0TIWU?t=1m26s


The Meta

PS: Sehr sehenswert: Jerry Seinfeld und Stephen Colbert sprechen über Bill Cosby, der mit seinem Vorbild so viele Comedians inspiriert hatte, sich wegen aber des reihenhaften Missbrauchs von Frauen zum Pariah wurde. Kann man nun noch über seine alten Witze lachen, so wie man es damals tat? Jeder US-Comedian musste die Debatte in den vergangenen drei Jahren mit sich führen. Seinfeld meint erst, man könne beide Seiten von Cosby trennen, entscheidet sich dann aber um.

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Sitz nicht in der ersten Reihe

Die erste Regel des Comedy Clubs: Sitz nicht in der ersten Reihe. Sitz sicherheitshalber auch nicht in der zweiten Reihe oder auf einer Empore, die Dich wieder in das Sichtfeld Deines Comedian bringt.

Denn im Warm-Up wird dich der Comedian finden. Er wird Dich fragen, wo Du herkommst, was Dein Beruf ist, ob Du mit jemandem zusammen bist. Und dann wird er Witze darüber machen. Keine guten Witze, die meisten wurden über Generationen vererbt und sind recht angestaubt. Der Comedian wird eine schnippische Bemerkung über Deine Frisur machen, er wird Dir Spitznamen geben und wenn Du nicht lachst, und wenn dann noch die anderen Leute nicht lachen, schreit ein kleines Kind in seinen Augen laut auf: „Warum? Ich will, dass Du mich magt?! Kaka!“

Falls Du doch in der ersten Reihe sitzt, sei freundlich zu dem Kind. Überleg nicht zu lange, was man denn gegen dich verwenden könnte oder ob Du den comedian mit einer witzigen Antwort überbieten könntest. Du bist nicht mehr nur Zuschauer, Du bist Teil der Show. Also vermassel es nicht. Die Arbeit macht schon der Comedian.

Star Trek – The Graphic Novel

Das einzig wichtige, was heute passiert ist: die neuste Iteration von Star Trek ist bei Netflix. Und Frauke Petry spielt keine Rolle. Falls ihr keine weiteren Spoiler wollt, lest einfach nicht weiter.

Zunächst das Positive: Die Optik dieser neusten Star Trek-Serie ist wirklich revolutionär. Statt auf einem Schreibtisch entstand die Serie offenbar am Storyboard. Wir kommen von ikonischer Szene zu ikonischer Szene. Michael im Raumanzug. Michael im Kraftfeld inmitten eines zerstörten Decks. Tote Klingonen werden aus dem leeren Raum mit grünen Traktorstrahlen aufs Heimatschiff gezogen. Michael und Captain Georgiou mit gezogenem Phaser.

Das Raumschiff hat endlich ein Fenster statt nur einen Screen und der Weltraumkampf wurde angepasst. Keine Albernheiten mehr, wo computergestützte Strahlenwaffen auf kurzer Distanz danebenzielen. Auch die Strahlenwunden im Nahkampf sind endlich realistischer dargestellt: Niemand wird meterweit nach hinten geworfen oder aus unerfindlichen Gründen komplett aufgelöst, wenn er in den Oberkörper getroffen wird. Stattdessen brennt der Phaser ein Loch sehr ungesundes Loch ins Gewebe.

Der Versuch, das Entstehen des klingonischen Reiches aus TNG zu zeigen, ist mutig. Der philosophische Konflikt zwischen Mensch und Vulkanier ist hinreichend vertraut, um uns etwas narrativen Halt zu geben. Der Einsatz von Augmented Reality ist konsequent und adäquat umgesetzt.

Optik rulez

Leider war es das schon mit dem Positiven. Die Serie ist gnadenlos überproduziert. Captain Georgiou und „First“ Michael steigen in einen Fahrstuhl — und irgendwie glaubt der Regisseur so wenig an den Dialog oder an die Fähigkeit der Schauspieler, dass er eine 360-Grad-Kamerafahrt um Michaels Kopf unterbringen muss.

Das ist konsequent: Die Story macht nämlich an keiner Stelle Sinn. Was sehr schade ist, denn sie ist das einzige, worum es geht. Es gibt keinen Raum für eine B-Story. Wir lernen nichts über andere Lebewesen, nichts über die Kultur, was nicht unmittelbar Einfluss auf die Story hat. Es gibt keinen Humor.

Die Dialoge sind nicht gut geschrieben. Ich bin begeistert, wenn in einem Film oder einer Serie Charaktere eingeführt werden und man sofort ein Gefühl für sie bekommt. Hier passiert das nicht. Stattdessen müssen die Charaktere dauernd solche Sätze sprechen wie „Sie dienen schon sieben Jahre unter mir“ – weil der Zuschauer sonst nie auf die Idee kommen könnte, das zwischen den beiden Figuren ein tiefes Vertrauenverhältnis besteht. Alle paar Minuten müssen Rückblenden oder erklärende Szenen eingefügt werden, damit der Zuschauer erfährt, was eigentlich los ist. Die Schauspieler bekommen keine Chance, gegen diese Bedingungen anzuspielen. Sie könnten auch einfach ein Schild hochhalten:“Hallo! Hallo! Ich habe grade einen emotionalen Konflikt!“

Zu viel Schminke

Auch auf technischer Ebene versagt die Serie leider. Die neue Beam-Sequenz soll offenbar mehr „gritty“ und damit authentischer sein. Man sieht förmlich, wie sich die Personen auflösen und in eine bestimmte Richtung bewegen. Eine schöne Lösung, wenn man eine graphic novel produziert. Es gibt sogar einen kleinen Effekt am Boden. Sheldon Cooper würde es freuen, da er beim Beamen nicht mehr durch ein subatomar baugleiches Parallel-Wesen ersetzt wird. Es ergibt jedoch überhaupt keinen Sinn. Beamen funktioniert entweder genau oder gar nicht. Die Darstellung des Warp-Antriebs wurde etwas verbessert. Doch die Story macht das wieder wett: Sowohl bei den Klingonen, als auch bei der Föderation kommen alle Schiffe gleichzeitig an – auch wenn sie ungeplant auf völlig anderen Richtungen kommen. Aus unerfindlichen Gründen scheinen auch keine Shuttles oder Sonden mehr zu existieren.

Dafür dass die Serie mehr als alle Vorgänger auf Special Effects angewiesen ist, sind diese teilweise erstaunlich schlecht umgesetzt. Am Anfang sehen wir eine Zoomfahrt aus einem klingonischen Auge — eine Hommage an die Anfangs-Sequenz von Fight Club. Das Problem: Sie endet bei einem grotesk überschminkten Klingonen. Die sehen nicht nur komplett anders aus, sie haben auch eine komplett neue Kultur verordnet bekommen. Wenn sie einen Feind direkt vor den Augen haben, debattieren sie lieber erst stundenlang herum und palavern, während sich ein Albino — wieder mal: ein Albino! — die Hand verkokelt, obwohl er doch gleich kämpfen soll.

Wie gesagt: Das ist nicht Star Trek. Es ist eine Superhelden-Geschichte. Die Menschheit hat keinen Fortschritt erfahren, den müssen sich die Figuren selbst erobern. Beziehungsweise: Nur die eine Figur.

Es gibt keine Utopien. Nur persönlichen Schmerz.