Wie ich mich mit De-Mail anfreunden kann

1. Macht es kompatibel.

Ich verstehe: De-Mail kann nicht voll kompatibel zur E-Mail sein. Sonst könnte das System seine Vorteile nicht ausspielen und müsste mit allen Nachteilen der E-Mail leben. Aber es gibt meines Erachtens keinen Grund, warum mein E-Mail-Programm keine De-Mails lesen können soll. Authentifizierungen oder Lesebenachrichtigungen können hier ohne große Probleme nachgerüstet werden. Und wenn mein Desktop-Client De-Mail kann, brauche ich zum Beispiel auch keine Browser-Plugins für PGP.

2. Macht es grenzübergreifend

Ich kommuniziere nicht allzu viel mit Menschen aus den Nachbarländern, aber ab und zu schon. Was spricht dagegen, dass neben De-Mail ein FR-Mail, ein Be-Mail und ein UK-Mail aufmacht, die alle miteinander reden können? Wenn so gar kein anderes Land mit einsteigt, ist die Idee wohl noch schlechter als die Beibehaltung der Sommerzeit. Bei den Chips auf dem E-Perso wurde schließlich auch Kompatibilität vorausgesetzt. Ein durchgehender Open-Source-Ansatz ist hier natürlich Voraussetzung.

3. Seid Dienstleister für den Empfänger

Bisher sehe ich De-Mail nur als Dienstleitung für den zahlenden Kunden: Die Versicherer und Behörden, die Millionen von Briefen versenden müssen in der vagen Hoffnung, dass sie im richtigen Briefkasten landen. Für sie ist De-Mail ein doppelter Gewinn: Sie sparen Kosten und die Schreiben gelten darüberhinaus als rechtssicher zugestellt.

Für mich als Empfänger jedoch bietet De-Mail nichts. Ich bin dafür verantwortlich, mich regelmäßig einzuloggen und nicke alles ab, was ich übersehe. Um mich zu überzeugen: Wie wären ein paar gute Filtermechanismen? Automatische Abmeldeknöpfe in Newslettern und flexible Benachrichtigungsoptionen. Schafft die Zustellungsfiktion ab, wenn ihr ganz genau wisst, dass ich eine Mail nicht gelesen habe. Wer hingegen kommerziell De-Mails versenden will, muss auch Vertragskündigungen über De-Mail annehmen.

4. Verabschiedet Euch von der Insel

Statt einen Dienst zu schaffen, der verschiedenste Systeme verbindet, ist De-Mail als Insel konzipiert. Mein Finanzamt beispielsweise — eine der wenigen Behörden mit denen ich tatsächlich regelmäßig korrespondiere, hat keine De-Mail-Adresse, sondern ein separates sicheres E-Mail-System.

Das liegt nicht nur an der mangelnden Adaption von DeMail und der Inkompatibilität mit allen anderen Systemen — auch dem Finanzbeamten bringt De-Mail nichts. Er muss sich im Zweifel immer noch durch einen Wust von Zahlen wühlen. Stattdessen könnte De-Mail auch neue, maschinenlesbare Formate zum Einsatz bringen. Alle Rechnungen die ich zur Einkommenssteuererklärung einreiche, könnten mit der passenden Kategorienbezeichnung, Steuersätzen und Absetzbarkeitsbestimmungen direkt in meinem Auftrag ans Finanzamt geschickt werden. Eigentlich bräuchte ich gar keine Steuererklärung mehr zu machen — nur in absoluten Ausnahmefällen mal einen Papierbeleg einscannen und hinterher schicken. Stattdessen sammle ich nun Belege im echten und im digitalen Schuhkarton.

5. Nehmt das Verzeichnis ernst

Einer der großen Vorteile von De-Mail ist ein Nutzerverzeichnis, ein Telefonbuch für gültige Adressen. Doch bisher macht ihr nichts damit. Ich kann keine Opt-Ins im Adressbuch hinterlegen, ich kann nicht festlegen, dass ich nicht ohne ausdrückliche Anforderung keine Werbebotschaften will. Ich kann auch nicht meine Schlüssel-IDs hinterlegen, sodass mir tatsächlich jemand gesicherte Botschaften zukommen lassen kann. Was für ein enormes Potenzial liegt hier brach.