Berufskrankheit: mangelnde Recherche

Medienwissenschaftler Michaerl Haller findet Medienberichterstattung zu Heiligendamm nicht besonders schlecht – aber nur weil er den deutschen Journalisten eh nicht viel zutraut. So kommt es in diesem Interview rüber:

Der erwähnte vergleichsweise prominente Redner Walden Bello – ein Soziologe von den Philippinen – wurde nicht nur falsch zitiert, er wurde in einigen Printmedien auch fälschlich als Engländer oder als Autonomer bezeichnet …
… ein Hinweis, wie schlampig manche Journalisten arbeiten.

Wird derart mangelhaft recherchiert, weil die Redaktionen personell ausgedünnt sind?
Wichtiger ist ein anderer Umstand: Journalisten neigen stark zur Vorurteilsbestätigung. Man sucht nach Belegen, um seine Thesen zu bestätigen und wird allen anderen Dingen gegenüber nachlässig. So sind sehr viele solcher Fakten- oder Zuordnungsfehler passiert. Das kommt im deutschen Journalismus häufiger vor, hierzulande neigt man zu schlechter Recherche.

[…]

Leidet die journalistische Sorgfalt bei solchen Ereignissen unter dem Wunsch, möglichst schnell berichten zu wollen?
Das wäre eine Entschuldigung, über die man reden könnte. Die Sorgfalt leidet eher unter dem Lemming-Effekt, dieses „Ich schreibe auch so wie die anderen“. Das ist gerade in Deutschland sehr ausgeprägt. Irgendjemand wirft eine These auf, die dann als Tatsache behandelt, über die schnell im Indikativ geschrieben wird. Ohne, dass irgendjemand genauer prüft. So eine Meldung kann sich über Wochen halten, bis entweder jemand mit korrekten Daten aufwartet oder eines der Leitmedien richtig recherchiert. Früher wäre das die Aufgabe des Spiegel gewesen, heute fällt das eher der Süddeutschen zu.

Wäre es im Interesse der Glaubwürdigkeit der Medien, wenn solche Fehler schneller und an prominenten Stellen im Blatt eingeräumt würden?

Zweifellos. Und noch wichtiger wäre, dass man sich der journalistischen Sorgfaltspflicht vergewisserte und einige Fehler eben nicht machte.

Tja… und ein paar Zeilen später wird aus dem bildblog.de das bild-blog.de. So schnell kann Hallers These also bestätigt werden.

PS: Vier Tage nach meinem Hinweis per Email wurde der Text korrigiert.

Strafanzeige gegen das Bundesinnenministerium?

Verknüpfen wir mal zwei Dinge aus den letzten Wochen:

Fakt1: Vor kurzem trat der Paragraph 202c StGB in Kraft. Ein Gesetz gegen Hackerprogramme.

(1) Wer eine Straftat nach § 202a oder § 202b vorbereitet, indem er
1. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die den Zugang zu Daten (§ 202a Abs. 2) ermöglichen, oder
2. Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, verkauft, einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Fakt 2: Das Bundesinnenministerium hat eingestanden, ein solches Programm hergestellt zu haben. Ohne gesetzliche Befugnis.

Möchte vielleicht jemand Strafanzeige erheben?

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