Der 99 pixel store

Wenn man den Adblocker abschaltet, sieht man erst wie viel FAIL im Web doch steckt.

Zum Beispiel Tiffany & Co. Eigentlich bekannt für hochqualitative und hochpreisige Ware, präsentiert sich die Firma im Web mit diesem Banner.

So viele JPG-Artefakte habe ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Sind das Diamanten oder ist das in Formen geschmiertes Schweinefett? Wir können nicht sicher sein. Alleine schon die Verunstaltung des Schriftzuges „Tiffany & Co“ zeigt einen himmelschreienden Mangel an Qualitätskontrolle, der der Firma nicht zu Ehren gereicht.

Gehört BILD zum Weltwissen?

Philipp Birken fragt:

Ist Wikipedia was den Umgang mit aktuellen Themen und insbesondere lebenden Personen angeht eher FAZ, als eine Institution dessen, was sich Qualitätsjournalismus nennt? Oder eher BILD?

Die Antwort ist für Phillip Birken klar: die unsägliche Berichterstattung um Kachelmanns Sexualleben gehört nicht in die Online-Enzyklopädie, ebensowenig Lebensläufe, die aus Google-Schnippseln zusammengesetzt wurden und daher im besten Fall ein grob verzerrtes Bild einer Person wiedergeben.

Wichtige Aspekte, die via Google nicht so einfach zu finden sind, werden nicht erwähnt. Die Inkludisten bei Wikipedia sagen nun: Das wird sich mit der Zeit schon bessern, irgendwann kommt jemand, der weiß mehr. Nur: Die Erfahrung zeigt, das passiert nicht, bis dann irgendwann Y den Artikel findet und sich zu Recht beschwert.

Das ist natürlich ein gewisser Widerspruch zu der Alles-wird-schon-irgendwie-klappen-Haltung, die Jimmy Wales besonders in den Anfangsjahren gezeigt hat. Lasst den Leuten ihre Steakmesser, sie werden schon keinen Unsinn damit treiben. Doch als eine der meist abgerufenenen Webseiten der Welt ist Wikipedia kein Steakhaus, in dem erwachsene Menschen ein gepflegtes Mahl einnehmen. Eher ein Kindergarten, in dem rostige Messer das einzige Spielzeug sind. Oder das Zelt eines Messerwerfers, der mit verbundenen Augen den tödlichen Stahl auf eine rotierende Zielscheibe wirft. Und der manchmal sein Ziel verfehlt, da auf der Scheibe nicht nur seine ewig gleich proportionierte Assistentin angeschnallt ist, sondern Menschen von unterschiedlichstem Gewicht und Statur. (Genug der Metaphern.)

Als Konsequenz fordert Philipp eine Überarbeitung der Relevanzkriterien vor:

Was tun? Ich schlage vor, dass die bestehenden Relevanzkriterien mit zwei wesentlichen anderen Richtlinien in Wikipedia abgeglichen werden: Dem Neutralen Standpunkt und der zu Artikeln über lebende Personen. Kurz gesagt kann ein qualitativ guter und ethisch vertretbarer Wikipediaartikel über eine lebende Person nur dann geschrieben werden, wenn ausreichend neutrale Quellen zur Person vorhanden sind. Ist dies bei der Personengruppe, um die es sich in dem Relevanzkriterium dreht, nicht der Fall, wird das Relevanzkriterium entsprechend verschärft.

Wenn man das weiter denkt, müsste man eigentlich auf die Relevanzkriterien verzichten können. Letztlich ist kann die Frage nicht sein, ob ein Thema einen Artikel „verdient“, sondern nur ob ein Artikel gut gelingen wird.

Problematisch wird auf Dauer der Umgang mit Quellen. Philipp fordert ein Verbot, „Bild“ als Quelle zu verwenden und prognostiziert eiunen Niedergang von Qualitätsblättern wie der FAZ. Damit läuft Wikipedia auf ein Paradoxon zu: wie kann die Enzyklopädie besser sein als seine Quellen, wenn alles in der Wikipedia eben durch diese Quellen belegt werden muss? Wäre Wikipedia dann eine Sammlung von „Weltwissen“ oder eher eine zusammengestrichene Version der Medienrealität mit ein paar akademischen Einsprengseln?

Spannend ist noch ein Punkt, den Phillipp anspricht:

Die Wikimedia Foundation hat das Problem auf dem Schirm, so gibt es beispielsweise eine eigene Policy für Biographien lebender Personen und gerade eben hat sie eine Policy für den Umgang mit Photos lebender Personen verabschiedet. Nur bedeuten diese immer nur, dass die Communities in den Einzelprojekten angehalten sind, diese auch zu befolgen, nicht dass die Foundation diese durchsetzen würde.

Der Gedanke ist: Die Community wird es schon richten. Und wenn die Community es nicht richtet, kann die Wikimedia Foundation als äußerste Maßnahme den Stecker ziehen und eine Sprachversion eines Projektes abschalten.

Qualität macht sich bezahlt – oder: Smelly Cat

Die Flattr-Bilanz der taz beginnt mit einem interessanten Gedanken:

Mein persönlicher Eindruck unserer Flattr-Bilanz im Juni ist, dass Leser nicht etwa die aufwändigsten Recherchen am stärksten honorieren, nicht die besten Reportagen und auch nicht die Artikel mit den besten Hintergrundinformationen unserer Fachredakteure. Am stärksten honoriert werden die Texte, in denen es gegen die Lieblingsfeinde unserer Leser geht: Neonazis, der Hochadel, die Bild-Zeitung, die schwarz-gelbe Bundesregierung.

Un in der Tat – auch bei Stefan Niggemeier wurde doch ein sehr substanzfreier Aufreger zum Flattr-Gewinner des Monats, die sehr reale Leistungsschutzrecht-Debatte gelangt allenfalls auf Platz drei. Der Kulturpessimist in mir reckt seinen langen Hals und krakelt: Lohnt sich Sunstanz überhaupt noch? Werden Blogs noch schlagzeilengeiler und als sie es bisher bisher schon waren? (Apropos: Harry Potter und Lena Meyer-Landrut NACKT mit Britney Spears, Dolph Lundgren und Tokio Hotel).

Gleichzeitig meldet sich aber das Fernseh-Kind in mir, das viel zu viele Sitcoms geguckt hat – und verweist mich auf ein Szene der Serie „Friends“, als Phoebe Buffay ihre Kunst erstmals verkaufte – als Straßenmusikantin vor ihrem Stamm-Cafe Central Perk:

This whole like playing-for-money thing is so not good for me. You know, I don’t know, when I sang “Su-Su-Suicide”, I got a dollar seventy-five. But then, “Smelly Cat”, I got 25 cents and a condom. So you know, now I just feel really bad for Smelly Cat.

P.S.: Derzeit hat ein taz-Artikel über eine vermeintliche Manipulation der ARD bei der Übertragung der Bundespräsidenten-Debatte 115 Flattr-Klicks geerntet. Dass der Autor auch das Mindestmaß an Recherche betrieben und die ARD um eine Erklärung gebeten hätte, ist dem Artikel nicht zu entnehmen.

Verleger forever

Wer die Debatte um Leistungsschutzrechte kurios findet, sollte ein wenig in die Vergangenheit schauen. Zum Beispiel in den Wikipedia-Artikel über die Freies Fernsehen Gesellschaft, der erste gescheiterte private TV-Sender der Bundesrepublik.

Bei vielem enttäuschte den Programmbeirat die mangelhafte Qualität und besondere Heiterkeit erzeugte der häufige Zusatz „Nähere Einzelheiten erfahren Sie aus der Tagespresse“ in der Weltschau, zu welchem die Zeitungsverleger drängten.

Man wird doch wohl noch träumen dürfen…

Ein paar Menschen. von denen ich die meisten seit Jahren kenne und schätze, haben ein Internet-Manifest veröffentlicht, das aus 17 „Behauptungen“ besteht.

Einige der Aussagen lassen mir die Zehennägel hochrollen. Zum Beispiel diese:

16. Qualität bleibt die wichtigste Qualität.

Das Internet entlarvt gleichförmige Massenware. Ein Publikum gewinnt auf Dauer nur, wer herausragend, glaubwürdig und besonders ist. Die Ansprüche der Nutzer sind gestiegen. Der Journalismus muss sie erfüllen und seinen oft formulierten Grundsätzen treu bleiben.

Leider nein. Ja, das Internet entlarvt ganz gerne Massenware – das stimmt zweifellos. Aber es gibt ein großes Publikum, das Massenware liebt. Man kann 20 Mal entlarven, dass Stefan Raabs Sportveranstaltungen nur Dauer-Werbesendungen sind, sie finden immer noch ein Publikum.

Herausragend, glaubwürdig und besonders zu sein, ist leider kein Erfolgsrezept. Herausragend unglaubwürdige Angebote scheinen hingegen zu boomen – offline wie online.

Ein Beispiel: Michael Arrington – der zu den Erfolgreichen gehört, von dem wohl niemand ungesehen einen Gebrauchtwagen kaufen würde – lästert heute über ein vermeintliches Problem der New York Times. Deren Redakteur David Pogue schreibt, bloggt, podcastet überaus distanzlos über seinen Lieblings-Konzern Apple – und ist damit besonders erfolgreich ist. Die aktuellen deutschen Blogcharts wimmeln vor Blogs, die ihre Artikel niemals recherchieren, geschweige denn Fehler zugeben können. Vor ein paar Monaten konnte ich mir auf einer Fachkonferenz anhören, wie sich die Corporate-TV-Anbieter die Zukunft planen: Statt Werbepausen zu buchen, finanzieren BMW, Daimler Benz und Co einfach ihre Werbefilme in Überlänge und machen einen eigenen Internet-Sender daraus. Glaubwürdig? Wen juckt’s – guckt doch mal die tollen Bilder!

Lange Rede, kurzer Sinn: Der Satz müsste wohl heißen: „Ein Publikum gewinnt auf Dauer nur, wer herausragend, glaubwürdig oder besonders ist.“ Und da man jedem mit einem Publikum irgendeine Besonderheit nachsagen kann, ist das eine Binsenweisheit

Die traurige Realität: viele Leute wollen keine Fakten, Distanziertheit oder Objektivität. Glaubwürdig ist sehr oft der, der mir am besten nach dem Mund redet. Wer auf dem niedrigstem Niveau losschimpft, ist eine Edelfeder, ein Satiriker – sofern er gegen die richtigen lästert. Wer nur laut genug ist, wird ernst genommen. Nennen wir es: Qualität 2.0.

Fünf Euro extra für die GEZ

Liebe Gebühreneinzugszentrale,

ich weiß, Du bist Kummer gewohnt. Jeder meckert über Dich: weil die freiberuflichen Prüfer so nerven, weil die Kryonik von Thomas Gottschalk so teuer ist, weil ihr meine Adresse aus Datenbanken klaubt obwohl ich doch regulär zahle. Doch heute ist das vergessen. Heute ist ein Feiertag.

Ich lese grade, dass Johannes B. Kerner das ZDF verlässt. Diese weichgespülte Version für die Öffentlichkeit ist selbstverständlich die halbe Wahrheit. Dafür habe ich volles Verständnis. Ich kann es mir lebhaft vorstellen, wie wirklich ablief. Kerner wurde in den Tagungsraum im Keller des gigantischen Gebühren-Rechenzentrums in der Antarktis einbestellt. Und dort musste er sich – bibbernd, mit blauen Lippen – einem strengen Gremium aus Rechnungsprüfern und Qualitätsgutachtern stellen. Und schließlich hast Du, liebe GEZ, gezeigt wie das System „Bad Bank“ wirklich funktioniert: Du hast Johannes B. einen kräftigen Tritt Richtung Sat1 gegeben. Wie vorher schon beim Pocher.

Natürlich ist das geheim, Du kannst es mir nicht verraten. Wenn Du mir aber Deine Anschrift verrätst, schicke ich diesen Monat noch fünf Euro extra zu meinem Rundfunkgebühren. Als Erfolgsprämie.

Mit öffentlich-rechtlichem Gruß
Torsten Kleinz

Qualitätsjournalist

Heute habe ich mal wieder das Wort „Qualitätsjournalist“ gehört – und dachte: das ist ein Kampfbegriff. Sollte es je im Duden auftauchen, muss der erste Teil kursiv gedruckt werden, damit die Ironie auch typografisch tropfen kann. Qualitätsjournalist – als wüssten Journalisten noch, was Qualität ist…

Eine Google-Suche scheint mich zu bestätigen: Lauter Lästereien. Der erste Link ist jedoch deprimierend: er führt tatsächlich zum Online-Angebot der Schwäbischen Zeitung. Genauer gesagt: zu einer Fehlermeldung: Error 404 – der gewünschte Inhalt wurde nicht gefunden.

qualitatsjournalist

Gibt es Qualitäts-SEO?

Netbooks – verpasste Chancen

Der Eee-PC hat mich von Anbeginn fasziniert. Eine neue Geräteklasse mit einer angepassten Linux-Distribution, die den ganzen Ballast abschüttelt, der die enorme Rechenkraft heutiger Desktop-PCs verbrennt. Aus Faszination wurde Depression, als Asus seine eigene Idee verraten hat und den Eee-PC mit Windows auslieferte.

Netbooks – das hätte ein Neuanfang sein können. Eine Revolution, ein Geschäft größer als der iPod. Denn die Frustration mit den normalen PCs nimmt überhand: Bootzeiten, Update-Routinen, die andauernd aufploppen um den Virenkiller, Windows, Firefox und das Google-Pack aktualisieren wollen und die Taskleiste verstopfen, Spamfilter, Adware, Videocodecs, unverständliche Fehlermeldungen, Treiberprobleme – kurz: Desktop-PCs sind zu träge und zu komplex.

Die Netbooks hätten anders sein können – konzentriert auf die Basisaufgaben – die aber unkompliziert, schnell und stabil, genau angepasst an die CPU, die SSD, die Akkulaufzeiten und die Displaygrößekleine. Mit einem Paketmanager statt 25 Update-Routinen.

Daraus wurde leider nichts. Zwar gibt es noch Linux-Geräte, sie werden aber nur halbherzig entwickelt.

Zum Beispiel das Ideapad:

Eine nett gedachte, in der Praxis jedoch nicht wirklich begeisternde Funktion liefert Lenovo bei den Windows-XP-Versionen des S10e übrigens mit “Quickstart” (siehe Screenshot): Vor dem wirklichen Bootprozess erlaubt ein Schnellstart-Menü die Auswahl bestimmter Funktionen (Browser, Chat, Musik, Fotos, Skype), die dadurch schneller zugänglich sein sollen als bei einem kompletten Windows-Start. Ganz offenbar wird hier ein sehr abgespecktes Linux gebootet, das sich nur beschränkt konfigurieren oder nutzen lässt. So war es mir nicht möglich, auch auf diesem Mini-Linux eine WLAN-Anbindung zustande zu bringen. Und dass diese vom (funktionierenden) Windows-System übernommen worden wäre, ist ja ohnehin zu viel verlangt in diesen digitalen Zeiten. Und so wird also doch XP gestartet.

Das Deprimierende daran: Selbst eine Firma wie Lenovo macht sich offenbar die Fortschritte im Linux-Bereich nicht wirklich zu Nutze. Ein Mini-Linux mit WLAN ist nun wirklich kein Zauberstück mehr. Würden einige Netbook-Hersteller – Gott bewahre! – sogar zusammenarbeiten, könnten sie eine beeindruckende Software-Plattform auf die Beine stellen. Finanzieren könnte man das zum Beispiel auch durch eine Art App Store, der im Gegensatz zu Apples unübersichtlicher Pfurz-Parade durchgehend Qualität und Übersichtlichkeit garantieren muss.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es ja: Android läuft auch auf Netbooks. Google hat zumindest theoretisch das Potenzial einen solchen Markt aufzubauen und die Hersteller zur Einhaltung von Qualitätsstandards zu zwingen.

Bis die Geräte aber in den normalen Handel kommen, dauert es aber noch einige Zeit. Bis dahin werden die Hardware-Hersteller wohl Windows 7 installieren. Ich bin mal gespannt, ob Microsoft die Zöpfe abschneiden kann, die so dringend abgeschnitten werden müssten, um den Spaß am Computern wieder herzustellen. Ich hab ja meine Zweifel.

Bild.de: Suck this, Welt Online

Wer heutzutage noch aus der schieren Masse der Bildergalerien herausragen will, muss sich schon etwas einfallen lassen. Das kann man auf der einen Seite mit beeindruckenden Bildern erreichen, wie sie The Big Picture zu bieten hat. Das andere Ende der Qualitäts-Skala scheint aber lukrativer zu sein – zumindest scheinen sich mehr Teilnehmer für einen Wettbewerb zu finden, die absurdeste und klickintensivste Bildergalerie in einem redaktionellen Medium zu platzieren.

Für Furore sorgt immer mal wieder PI-Akrobaten von Welt Online, die die Bilderstrecke ohne Bilder wenn auch nicht erfunden, so doch perfektioniert haben. Paradebeispiel für den Klickhunger sind zum Beispiel die einfallslosen bis kurios missplatzierten 333 Fakten über Sex, die selbst als Satire jeden Niveau-Limbo-Wettbewerb gewinnen. Wie will man das noch über- oder unterbieten?

Doch halt! Wir haben die Rechnung ohne die ambitionierten Klickmeister von Bild Online gemacht. Die konnten die Schmach nicht verwinden und setzten dem Ganzen noch eins auf. Statt 333 haben die Bildianer pünktlich zu Weihnachten 666 Fakten über Sex zu bieten. Und das unter der Google-freundlichen URL http://www.bild.de/BILD/ratgeber/gesund-fit/2008/09/08/fakten-ueber-sex/kurioses-ueber-orgasmus-penis-mann-und-frau.html.

bild-sex-ueber-orgasmus-penis-mann-frau

Ein Geniestreich – zweifellos. Und sprachbildend: „Jeden Tag wird auf der Welt etwa 120 Millionen Mal gesext“ – da wird jeder Dadaist vor Neid kubistisch. Und die Symbolik erst. Mir fehlen die Worte.

Bleibt die Frage: Wer macht die 999 voll?