Ich lese überall: über Ostern wird das Benzin knapp. Ich glaube, dann werde ich mein Fahrrad wohl schieben müssen.
Koalitions-Kompromisse
Es heißt, man sollte weder bei Wurst, noch bei Gesetzen zu viel über die Entstehung erfahren. Also seht schnell weg:
Die Koalition will Kinderpornos im Internet löschen statt sperren. Damit hat sich in der Koalition die FDP durchgesetzt. Der geplante Verzicht auf Websperren gegen Kinderpornos liegt der Unions-Fraktion aber schwer im Magen. Führende Unions-Abgeordnete fordern dafür Gegenleistungen der FDP bei den Anti-Terror-Gesetzen. „Einen Verzicht auf Internet-Sperren gegen Kinderpornografie wird es nur geben, wenn gleichzeitig zahlreiche befristete Anti-Terror-Befugnisse der Geheimdienste entfristet werden“, sagte Fraktionsvize Günter Krings (CDU) der Neuen Osnabrücker Zeitung
Gerüchten zufolge wird bei der nächsten Koalitionsverhandlung eine Jungfrau in einen Vulkan gestoßen. Der Triumpf der Unvernunft wird als wertvolle Verhandlungsmasse dienen, um ein paar Wochen einfach das Richtige zu tun.
Both sides
(Satire)
Udo Vetter berichtet über einen spannenden Fall: Erfolgsautor Bastian Sick (dessen Lebenswerk mir viele Leser-Mails über eingebildete sprachliche Fehler eingebracht hat) prozessiert gegen Google. Kurz zusammengefasst: in den Suchergebnissen war ein satirisch gemeinter Text verlinkt — ohne dass die Satireabsicht in dem „Snippet“ zu erkennen war.
In den USA hat Google News dazu eine eigene Lösung: satirische Beiträge werden mit einem kleinen Hinweis versehen.
Natürlich hinkt der Vergleich. Alle Beiträge von „The Onion“ sind Satiren – im Gegensatz zu dem Ressort auf Welt.de kann ich sogar drüber lachen. Wie wäre es mit einem Kompromiss: Google löscht den Beitrag nicht, sondern versieht ihn mit einem Satire-Tag. Und damit Google nicht den Humorwächter spielen und manuell nachbessern muss, wird der humoristische Gehalt auf ganz welt.de verteilt:
Im nächsten Schritt können die SEO-Profis sich dann über eine nachhaltige Lösung Gedanken machen. So könnte man es zur Pflicht machen, Satire-Beiträge in den Metadaten der Webseite kenntlich zu machen. Ein Ironie-Schild, um jedes Missverständnis auszuschließen.
<meta name="robots" content="Index, Follow"/>
<meta name="humour" content="yes"/>
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Krieg der Winterjacken
Wenn ich durch die Kölner Fußgängerzonen gehe, habe ich eine Schrecksvision. Was ist, wenn die Leute, die Jack Wolfskin tragen, sich gegen die die The North Faceler verbünden? Oder umgekehrt?
Ein Bruderkrieg in Winterjacken: Reißverschluss gegen doppelte Naht, Softshell gegen Hardshell, Goretex getränkt in Blut und Bionade! Väter werden Söhne in Kühlhäuser sperren und Söhne ihre Elternhäuser in Saunas verwandeln! Wasserwerfer fahren auf und läuten die Monsunzeit ein, bis das Microfleece gerinnt. Nur ein sportlich-aktiver Lebensstil kann gewinnen!
Und dann kommt der Frühling.
Die Zukunft des Journalismus
Integration geht durch den Magen
Was hat Herr Wulff, der Mann der Tätowierten, da schon wieder gesagt? Wie kann man nur? Das muss man den Deutschen doch behutsam nahebringen. Zumindest denen, die im Zustand der permanenten Identitätskrise leben. Also vergessen wir schnell, dass er das Wort „Islam“ in den Mund genommen hat. In Wahrheit war er bei einer Kochsendung und er sagte dies:
Buletten gehören zweifelsfrei zu Deutschland. Currywurst gehört zweifelsfrei zu Deutschland. Das ist unsere kulinarische Geschichte. Aber Döner gehört inzwischen auch zu Deutschland.
Für den Hunger unterwegs
Der Zugchef empfiehlt Ihnen heute: Fischbrötchen und Eiersalat. So preisgünstig wie eine Platzreservierung.
Tragische Verwechslung
Bei einer NATO-Offensive im Nordosten Afghanistans wurden 250 aufständische Kämpfer nacktgescannt.
Deutsche Fluggäste sind beunruhigt.
Poetry Slams funktionieren einfach nicht
Poetry Slams boomen seit Jahren. Erst Geheimtipps unter Studenten, dann „Open Mic“-Abende, dann Kulturfestivals mit den supergenialtollsten Slammern. Aber geben wir uns keinen Illusionen hin: Poetry Slams funktionieren einfach nicht.
- Zum einen ist diese Kunst total unterfinanziert. Was gibt es bei einem Slam schon zu gewinnen? 50 Euro? Eine Fußmassage vom Gastgeber? Wer slammen will, braucht einen anderen Beruf. Wie soll sich eine Kunst so etablieren? Der kleine Call-Center-Chor geht auf Tournee und schläft auf Sofas und durchgelegenen Gästebetten. Nein, das klappt einfach nicht. Nicht auf Dauer.
- Zum zweiten: Slammer sind die Twitterer unter den Literaten. Fünf Minuten Perfomance sind eigentlich noch weniger als 140 Zeichen Textbotschaft. Was kann man da schon machen? Eine Pointe drei Mal wiederholen? Mit ein und dem selben Wortwitz so lange punkten, bis einen der Gong erlöst? Hurz! Hahaha, der nächste Komiker. Das ganze ist so flüchtig, dass die Zuhörer zu Ende des Applauses nicht mehr wissen, wofür sie eigentlich klatschen! Das ist doch keine Literatur!
- Zum dritten: Die Schwelle ist viel zu hoch. Ja, es trauen sich noch ab und zu Anfänger auf die Bühne, zittern ungestüm und werden in der Vorrunde vom Platz gefegt. Sie kommen, um sich Selbstbestätigung zu holen und dann fegt ein Sebastian23 oder andere angereiste Slammer-Prominenz sie von der Bühne. Die leisen Töne gewinnen nie!
Und deswegen spielt es – in großem Maßstab betrachtet – auch keine Rolle, dass der Reim in Flammen gestern abend wieder durch und durch gelungen ist, dass eine Newcomerin mit leisen Tönen gewonnen hat und dass die Veranstalter sich schon wieder Gedanken um einen größeren Veranstaltungsraum machen müssen. Wenn alle kapieren, dass Poetry Slams nicht funktionieren können, wird es schon wieder ruhiger werden.
Und ich sitze in der ersten Reihe.