Gott schlägt Logik

Große Aufregung gibt es über einen Tweet, mit dem Mark Shurtleff, Justizminister des US-Bundesstaates Utah, die Hinrichtung eines Mörders ankündigte:

Ist so ein Tweet angemessen, geschmacklos, barbarisch? Ich für meinen Teil bin sehr irritiert davon wie völlig merkbefreit Gott ins Spiel gebracht wird.

May God grant him the mercy he denied his victims.

Kann ein Mörder die göttliche Gnade, das Seelenheil verweigern? Falls ja: ein sehr ungerechter Gott. Was können die Opfer für die Tat eines Mörders? Und falls nein – in dem Fall betet Mark Shurtleff wohl dafür, dass Gott dem Mörder doch das Leben schenkt? Denn dies ist genau die „Gnade“, die ein Mörder seinen Opfern verweigert.

Shurtleff mag meinen, dass er das Richtige tut. Dass er sich jedoch zum göttlichen Erfüllungsgehilfen aufschwingt. um einen staatlich sanktionierten Mord zu rechtfertigen, ist unter aller Kanone. Oder hat er nur eine Formulierung gesucht um „god“, „mercy“ und „victims“ irgendwie in den 140 Zeichen unterzubringen?

Ich weiß, dass die Mormonen sehr merkwürdige religiöse Ansichten haben, aber auch für sie gilt eines der Zehn Gebote, das von Vertretern aller möglichen christlichen Glaubensausrichtungen immer wieder sträflich ignoriert wird:

Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.

Keine Details!

Die hohe Geistlichkeit gibt sich diskret:

Als Reaktion auf seine Vorwürfe hat die bayerische Bischofskonferenz erklärt, man sehe nicht zuletzt zum Schutz Mixas „davon ab, Einzelheiten öffentlich auszubreiten. Wir wünschen ihm gute Genesung. Sein Aufenthalt in der psychiatrischen Klinik war ein erster Schritt“.

Aber keine Sorge: beim Beichtgeheimnis machen wir Katholiken keine Kompromisse!

Koschere Handies sind offline

Man denkt ja zuweilen, das Internet deckt alle kulturellen Unterschiede zu, bis wir alle unter dem Banner der LOLCats vereint sind.

Dass es in anderen Ländern tatsächlich noch andere Sitten gibt, zeigt dieser Artikel der israelischen Tageszeitung Haaretz über den Kampf ultraorthodoxer Rabbiner gegen das Internet

The Israeli rabbis first came out against Internet use in January 2000, when more than 30 Haredi leaders forbade Internet connections at home. Back then, the main concern was the easy availability of online pornography. The ban was not particularly controversial, as Israeli Haredim had long accepted a similar ban on owning television sets.

Many Haredim, however, circumvented the ban by using 3G phones, which allowed Internet access – until the rabbis forced them to buy „kosher-certified“ sets in which the Internet feature was disabled.

Damit hatten sie aber keinen Erfolg, was zum Beispiel am rasanten Aufstieg von Online-Angeboten speziell für ultraorthodoxe Juden (Haredi) zu sehen ist, auf denen doch tatsächlich über die Sinnhaftigkeit solcher Vorschriften diskutiert wird. Also ziehen die religiösen Führer die Daumenschrauben an:

The December order from senior rabbis – including top Haredi authorities like Yosef Sholom Elyashiv and Aharon Leib Shteinman – instructed their followers not to visit Haredi Web sites, which they said were full of „lies,“ „gossip“ and „abominations.“ Crucially, they also instructed Haredi schools not to admit any child whose parents are involved in such Web sites.

(Danke, Mathias)

Gott hat Haiti gestraft!11!!

Was für eine absurde Überschrift. Was für ein abwegiger Gedanke, Naturkatastrophen als göttliche Kollektivstrafe anzusehen. Ich scherzte eben schon, dass Pat Robertson nach der Katastrophe in Haiti ausnahmsweise mal nicht die Homosexuellen verantwortlich machen kann.

Aber solche Scherze haben eine unangenehme Eigenschaft – die Protagonisten übertreffen sie in der Realität noch:

Evangelical broadcaster Pat Robertson says Haiti has been “cursed“ because of what he called a “pact with the devil“ in its history. His spokesman said the Wednesday comments were based on Voodoo rituals carried out before a slave rebellion against French colonists in 1791.

Nun, was soll man da sagen? Pat Robertson ist nicht ein vernagelter (pseudo-)religiöser Rechtsaußen. Über ihn sollte man allenfalls lachen.

Hier – im aufgeklärten Europa – käme man doch nie auf den Gedanken, Erdbeben und Religion zu vermischen. Außer natürlich unser Bundesaußenguido:

Außenminister Guido Westerwelle rief alle Bundesbürger auf, für die Erdbebenopfer zu spenden: „Die Katastrophe ist wirklich eine Katastrophe biblischen Ausmaßes.“

Nun, selbst als Rheinländer muss Westerwelle das nicht religiös gemeint haben. Es ist eine Redensart. „Katastrophe biblischen Ausmaßes“ heißt in Wahrheit nur „schlimmer als Daisy„. Das muss nichts mit Religion zu tun haben.

Das geschulte Bodenpersonal des Herrn würde sowas natürlich sofort zurückweisen. Außer natürlich, man ist damit beschäftigt, seine toten Freunde aus den Trümmern zu bergen, den Verletzten Beistand zu leisten. Dann kümmert man sich nicht um verunglückte Überschriften wie diese:

Hauptstadt des Atheismus

Die Leute von „Pro Reli“ lecken sich die Wunden. In der Tagesschau konnte ich eben einen Sprecher hören, der ernüchtertfreut verkündete, dass die Berliner wegen des gescheiterten Volksbegehrens immerhin intensiv über Religion diskutiert haben. Ein Erfolg – schließlich sei Berlin ja als „Hauptstadt des Atheismus“ bekannt.

Spannend. Diese Bezeichnung habe ich noch nie gehört. Und auch Google kann mir da nicht weiterhelfen, wenn ich die Berichte über „Pro Reli“ und ein paar Irrläufer ignoriere. Kann es sein, dass alleine „Pro Reli“ Berlin diesen wenig schmeichelhaften Titel an Berlin verliehen hat?

PS: Die Antwort auf die letzte Frage lautet: nein. Der Begriff wurde zwar nicht gerade oft verwendet, existierte aber schon lange vor „Pro Reli“. So schrieb die Berliner Morgenpost am 7. Februar 2000:

Ein gutes Omen dafür, dass es mit der Kirche in der „Hauptstadt des Atheismus“ (Landesbischof Wolfgang Huber) wieder bergauf geht, wird sie begleiten: Jahrzehntelang wurden von der Georgenkirchstraße Missionare ausgesandt, um Menschen in Afrika und Asien zum Glauben zu bekehren.

Wolfgang Huber widerum ist einer der eifrigsten Aktivisten in Sachen Pro Reli. Es bleibt also in der Familie.

Die Kirche ist das Größte!

Der neue bayerische Europaminister Markus Söder hat ein Anliegen: „Moscheen dürfen nicht größer als Kirchen sein“, sagt er der Wams.

Recht hat er! Ich würde ergänzen: Ebensowenig dürfen Messehallen, Schlachthöfe oder Bordelle größer sein als eine durchschnittliche Kirche. Und falls das zu Problemen führt, bauen wir halt größere Kirchen.

Oh, Kalkutta

Das habe ich grade auf den Seiten des Pizza-Lieferservice Joeys entdeckt.

oh-kalkutta

Was soll man dazu sagen? Im Sinne des aktuellen Spiegel-Titels ist sowas natürlich abzulehnen – oder zu begrüßen?

Vielleicht sollten wir die nächsten Aktionswochen auch überdenken: Das Ramadan-Mittagsmenü mit Schweinefleisch süß-sauer, die Pizza Hindu mit saftigem argentinischem Rinderfleisch und das Oster-Tiramisu, das auf einer echten Hostie serviert wird.