„Bitte nicht nachmachen“

Eine kleine DPA-Meldung ließ mich aufhorchen:

In Fehrbellin explodierte an Silvester eine Rohrbombe. […] Nach Angaben des 20-Jährigen hatte er die Anleitung zum Bau des Sprengkörpers aus dem Fernsehen. Die Sendung habe zeigen wollen, wie gefährlich die Explosion einer Rohrbombe ist.

Hmmm – welche „Wissenschaftssendung“ könnte das sein? Quarks und Co? Nicht wirklich. Hat Burks nun eine eigene Fernsehsendung? Auch nicht. Wer könnte Bombenbauanleitungen zu Silvester verbreiten? Genau: Galileo.

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Der Beitrag über „eXtrem Silvester-Feuerwerk“ am 29. Dezember hat vorgeblich einen hanebüchenen Vergleichstest zwischen Feuerwerkskörpern „aus dem Internet“ mit denen aus dem Fachhandel und aus dem Supermarkt im Programm. Eigentlich das richtige Thema zum Fest. Aber da es Galileo ist, muss es krachen. Und zwar ordentlich.

Zunächst lässt der Galileo-Reporter – natürlich nur zur Warnung – eine Hand-Attrappe mit Hilfe von illegalen Feuerwerkskörpern zerfetzen, und dann wird es wirklich merkwürdig:

Was passiert wenn eine solche Waffe in geschlossenen Gegenständen explodiert? Ein Versuch in einem Briefkasten soll die hohe Sprengkraft verdeutlichen… Die Reste des Briefkastens fliegen teilweise ZWANZIG METER weit. … Knaller im Briefkasten (KAWUMM) – kein Lausbubenstreich, sondern eine Straftat.

Begleitet wird der Text von begeisterten Kommentaren des Galileo-Reporters: „Was ist DAS denn?“, „Das ist richtig heiß“ und „Das gibts doch gar nicht“. Und der obligatorischen Zeitlupenaufnahme. Es fehlt nur das zielgruppenorientierte „Boah ey!“ oder die simple Zusammenfassung der Bildsprache: „Geil“.

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Auf Nachfrage ist Galileo natürlich unschuldig:

Das Magazin wollte mit seinem Beitrag, der kurz vor Silvester ausgestrahlt wurde, allerdings niemanden animieren mit Knallern zu experimentieren. „Und eine Sendung zu Rohrbomben hatten wir gar nicht“, betonte Pro7-Sprecher Michael Ostermeier.

PS: Stammt die Idee zu dem Beitrag eventuell von hier? Schließlich muss man heute ja mit YouTube konkurrieren.

50 25 Antworten auf die Qualitätsdebatte

Stefan Niggemeier hat 50 Fragen an das Fernsehen zusammengetragen, die meist mit schlechten Fernsehsendungen zu tun haben. 50 Mal schlechtes Fernsehen. Interessant.

Wie wäre der Gegenentwurf? Ich schlage den TV-Browser auf und versuche 25 Sendungen zu finden, bei denen man sich nicht schämen muss. Angesichts von Tausenden Einträgen in der Datenbank ist das eigentlich keine unglaubliche Herausforderung. Aber ich bin kein Fernsehkritiker, ich kenne nicht allzu viele Show-Formate, ich habe nicht mal Heroes oder Dr. House gesehen.

Fangen wir also an. Halbwegs chronologisch:

  1. Das Erste (ARD) – Weltspiegel ,19.10.2008 19:20-19:58 – eigentlich fast immer sehenswert. Hier habe ich zum Beispiel über die Taliban gehört, Jahre bevor sie in der Weltöffentlichkeit auftauchten.
  2. arte – Karambolage – 19.10.2008 20:00-20:10 – Geniale Sendung. Werde ich heute abend nicht gucken, aber es wird ja oft genug wiederholt.
  3. EinsFestival – Otto-Show 1976 – 19.10.2008 20:15-21:00 – Comedy-Archäologie. Heute wäre das wahrscheinlich innovativ: „Otto Waalkes präsentiert eine Fernsehshow, die sowohl in seiner Hamburger Wohnung als auch im Fernsehstudio hergestellt wurde. “
  4. arte – The Doors, 19.10.2008 20:40-23:00 – Musikfilm von Oliver Stone. Sicher interessant – dagegen kann der Tatort sicher nicht anstinken.
  5. RTL – CSI: Den Tätern auf der Spur – 19.10.2008 23:40-00:35 – Immer wenn ich CSI gucke, muss ich lachen. Deprimierend ist es erst, seitdem die Szenen in allen Tatorten nachgespielt werden.
  6. 3sat – Prince of the City – 20.10.2008 00:10-02:50 – Beschreibung klingt nicht schlecht. Ich mag Krimis.
  7. arte 20.10.2008 03:00-04:30 Amerika made in Hollywood – Für mich ist so etwas die ideale Begleitung zum Bügeln oder beim Hausputz
  8. kabel eins – Roseanne – 20.10.2008 13:05-13:35 – Solide Familienserienkost, die seit gefühlten 20 Jahren in der Kabel1-Endlosschleife kommt.
  9. CNN International – World News – 20.10.2008 09:00-09:30 – ich schau da ganz gerne mal rein, um einen Einblick zu bekommen, wie denn die Lage von anderen gesehen wird. Dann verstehe ich besser, worüber Jon Stewart Witze macht.
  10. arte – Mit offenen Karten – 20.10.2008 06:50-07:05 – Bildungsfernsehen at it’s best. Etwas trocken, aber konzentrierte Fakten.
  11. Das Erste (ARD) – Tagesschau – 20.10.2008 14:00-14:10 – Warume erwähne ich die eigentlich hier zum ersten Mal?
  12. RTL2 – Californication – 20.10.2008 22:15-22:55 – hab die erste Folge nur halb gesehen, aber das ist doch die Langfassung des Films „Skin Deep“? Hoffentlich nicht zu lang. Der darauf folgende „Dexter“ ist ja leider nur Fließband-Serienkiller-Ware, deren neuer Blickwinkel nicht überzeugt.
  13. WDR – Tod des Präsidenten – 20.10.2008 23:15-00:50 – Uhh, spannend: „Death of a president“ ist eine erschreckend glaubwürdige Dokumentation über ein Attentat, das niemals stattgefunden hat. Am 19. Oktober 2007 wird George W. Bush beim Verlassen eines Hotels in Chicago erschossen, der Täter kann entkommen. Die Welt ist erschüttert und die Suche nach dem Mörder und den Hintergründen der Tat beginnt.“
  14. kabel eins – About Schmidt – 21.10.2008 20:15-22:40 – Ich mag Jack Nicholson. Nach ihm wurde das „Jack Nicholson-Syndrom“ benannt. Der Charakterkopf überstrahlt jede Rolle.
  15. 3sat – Stuttgarter Kabarettfestival 2008 – 22.10.2008 01:05-01:35 – Wenn der grässliche Richling nicht dabei ist…
  16. arte – Who’s Afraid of America? – 22.10.2008 00:00-00:50 – Was ich bei arte etwas vermisse: ab und zu mal eine Reportage über die USA, die nicht um den moralischen Zeigefinger gewickelt ist, sondern sich auch mit der Faszination des Kontinents befasst. Gibt es auch, ist aber selten.
  17. EinsFestival – extra 3 – 21.10.2008 23:00-23:30 – Schon lange nicht mehr geguckt. Das Beste kommt ja eh auf YouTube.
  18. VOX – Gilmore Girls – 22.10.2008 08:10-09:05 – Hab die Serie ganz aus den Augen verloren. Wurde es dann eigentlich was mit Luke und Lorelay? Vor 30 Jahren wurden solche Rollen von Doris Day gespielt und Cary Grant legte sie übers Knie.
  19. MDR – Tatort: Schlaflos in Weimar – 22.10.2008 22:05-23:35 – Ein Ehrlicher-Tatort. Ob die ARD bald dazu aufgerufen wird das zu unterlassen? Das hat man bei Arnold Schwarzenegger ja schließlich auch so gehalten.
  20. kabel eins – Stadt der Engel – 22.10.2008 20:15-22:25 – Trotz Meg Ryan ein beeindruckender Film. Zumindest damals, im OpenAir-Kino am Rhein.
  21. ProSieben – Malcolm mittendrin – 23.10.2008 09:35-10:05 – Hab ich nie wirklich gesehen, aber bin einige Male hängen geblieben und war angenehm überrascht, wie kreativ die Drehbuchautoren mit den vorhandenen Personen umgegangen sind.
  22. arte – Der Trip – 25.10.2008 01:15-02:45 – „“Der Trip“ ist ein rauschhaft inszenierter, ekstatisch anmutender Film über die äußerst subjektiven Erlebnisse eines Drogentrips“. Ahja. Das Drehbuch stammt von Jack Nicholson? Gekauft!
  23. ProSieben – James Bond 007: GoldenEye – Ein Bond. Was soll man da noch sagen? Ach ja: in den Werbepausen von Pro7 kann man einen zweiten Spielfilm von DVD parallel sehen.
  24. kabel eins – Platoon – 25.10.2008 22:40-01:00 – Ich hab noch nie Platoon gesehen. Eine Bildungslücke.
  25. VOX – Sneakers – Die Lautlosen – 25.10.2008 20:15-22:30 – Kultfilm. Ich weiß gar nicht, warum ich ihn so mag.

Voll Erotik (2)

Harter Porno-Konsum ist ein echtes Problem:

Pornografie stärke den Wunsch nach einem perfekten Körper und führe zu mehr Schönheits-Operationen im Genitalbereich, ergänzte er. Zu den Folgen gehöre auch, dass sich mehr Menschen als früher im Bett unter Druck gesetzt fühlten.

Schön, dass sich mal jemand Verantwortungsvolles um das Problem Sorgen macht. Jemand, der sorgfältig arbeitet und sich den familiären Problemen stellt.

Für die Studie im Auftrag des Senders ProSieben wurden fast 56.000 Internet-Fragebögen ausgewertet.

Ja. ProSieben rettet uns vor Porno. Der Unterschied zwischen guter und bösen erotischen audiovisuellen Inhalten: Sonya Kraus zeigt ihre Nippel nicht. Und der große „Sexreport 2008“ wird heute abend natürlich nicht mit vielen, vielen überaus dekorativen nackten jungen Menschen illustriert.

„Licht aus“ ein gewaltiger Reinfall

Wie erfährt man, ob der Aufruf zum symbolischen Licht-Ausschalten ein Erfolg war? Daran dass das Stromnetz zusammenbricht, wie die Vor-Berichterstattung nahe legte? Nicht wirklich. Ein paar ausgeschaltete Lampen, während Kühlschränke, Heizungen und Fernseher weiter laufen – wenn unser Stromnetz nicht mal das aushhält, haben wir ein Problem.

Woran merkt man hingegen, dass die Aktion eine gewaltige Pleite war? Nun – solche Erfolgsmeldungen legen es zumindest nahe:

Rund um den Kölner Dom versammelten sich mehrere Dutzend Menschen bei Regen und stürmischem Wind, um das Bauwerk für fünf Minuten im Dunkel verschwinden zu sehen.

Ein stark übergewichtiger Systemadministrator könnte die selbe Reaktion ernten, wenn er nachts um 3 Uhr nackt über die Domplatte tanzt. Ohne medialen Bohei.

Ich darf nicht mehr zappen

Kurz nach 19 Uhr. Ich zappe ein wenig rum.

Auf einmal ein bekanntes Gesicht: Frank Rosengart. Es geht um sichere Passwörter. Ich bin interessiert.

Ich sehe, welcher Kanal eingeschaltet ist: Pro7. Ich ahne Schlimmes.

Top-Sicherheit erreicht man, wenn man seine Passworte auf einen großen Zettel schreibt und in einem Buch versteckt. Ich spüre physischen Schmerz.

Hey, Vattenfall

In Euren Atomkraftwerken ging etwas schief – shit happens. Wären da nur nicht diese Politiker und Öko-Fritzen, die völlig irrational über Stillegungen sprechen würden. Und seien wir ehrlich: Atomkraft ist in Deutschland kein Sympathieträger.

Was ihr braucht ist street credibility. Und die bekommt man am einfachsten durch eine millionenschwere Marketing-Kampagne. Aber keine Sorge, ich habe schon eine Idee. In der nächsten Woche kommt ein Kinofilm heraus, der Atomkraftwerken weltweit ein menschliches Antlitz verliehen hat. Das Atomkraftwerk Springfield ist trotz einiger kleiner Probleme der wichtigste Arbeitgeber der Stadt und Kristallisationspunkt aller möglichen unternehmerischen Innovationen – von der Einschienbahn bis zum gigatischen Sonnenschirm.

Wenn ihr Euch beeilt, könnt Ihr Euch noch an den Zug dran hängen. Macht es wie die Supermarktkette 7-Eleven und verkleidet ein oder zwei deutsche Atomkraftwerke als Springfields Atomkraftwerk. Nennt den Reaktor-Kontrollraum „Sector 7-G“. Zwingt Eure Sicherheitsverantwortlichen in Homer Simpson-Kostüme. Pro7 ist sicher auch aufgeschlossen, wenn ihr die C02ntra-Aktion mit der Dauerwerbung für die Simpsons verknüpft und mit den Produktionszuschüssen nicht zu geizig seid.

Aber macht schnell, sonst ist die Konkurrenz vor Euch dran.