Das Gate-gate

Hurray! Wir haben einen XYZ-gate-Skandal im Wahlkampf. Und zwar Troopergate.

Gov Palin is under investigation for her role in the sacking last month of Walter Monegan, the state’s public safety director. Mr Monegan had previously refused to fire Mrs Palin’s estranged former brother-in-law, a state trooper who allegedly threatened to shoot her father during a nasty child custody battle with her sister.

Mrs Palin said that Mr Monegan was removed for failing to fill vacancies and welcomed a public examination of her actions. Mr Moneghan said he was put under pressure to sack the state trooper Michael Wooten by Mr Palin’s husband Todd and a senior aide.

Skandal! Machtmissbrauch!

An internal trooper investigation had found Mr Wooten guilty of several infractions – using a Taser stun gun on his stepson, drinking on duty, threatening his then father-in-law and shooting a moose without a permit, the Anchorage Daily News reported yesterday.

Ähm – wäre es nicht noch skandalöser, wenn solche Leute im Polizeidienst bleiben?

PS: Das da hingegen hätte nun wirklich Stoff für einen Skandal. Nur wie nenen wir es? Babygate? Grannygate?

Was hilft gegen Datendiebstahl? Mehr Datenbanken!

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter hat eine Erkenntnis:

„Die Telekom-Affäre ist eine Riesenchance für den Datenschutz, die wir nutzen müssen. Es ist doch offensichtlich, dass sensible Kundendaten bei privaten Unternehmen mehr als schlecht aufgehoben sind“, sagte BDK-Vorsitzender Klaus Jansen der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Wer würde da nicht zustimmen? Der Lösungsvorschlag für das Dilemma ist hingegen weniger konsensfähig:

Jansen forderte laut dpa, sämtliche Verbindungsdaten in einem Sicherheits-Center unter Aufsicht von Datenschützern zu hinterlegen. Darauf könnten dann sowohl Unternehmen zu Abrechnungszwecken als auch der Staat zur Strafverfolgung streng kontrolliert zugreifen. Technisch sei ein solches Verfahren nach Ansicht von Experten kein Problem, sagte Jansen. „Die heutige Praxis einer sechsmonatigen Speicherung direkt beim Telefonanbieter öffnet Missbrauch Tür und Tor.“

Auf gut Deutsch: Wir verhindern Datenmissbrauch, wenn wir die Daten nicht nur in einer, sondern gleich in zwei Datenbanken speichern. Denn die Telekom hat ja im aktuellen Skandal nicht etwa auf die Vorratsdatenspeicherung zugegriffen, sondern auf die Abrechnungsdaten, die bei einem Telefonprovider nun mal anfallen müssen.

Um das Konzept von Jansen richtig würdigen zu können, übertragen wir es einfach mal in die physische Welt. Um Bankraub zu verhindern, wird in jeden Tresorraum eine zweite Tür eingebaut, deren Schlüssel bei der Polizei hinterlegt werden muss. Klingt das sinnvoll? Welcher Experte soll diesem Irrwitz eine problemlose Umsetzung prophezeit haben?

Ich gehe mal davon aus, dass Jansen bei seiner Betonung der Rolle des Datenschützers keinen besonderen Wert mehr auf einen kompetenten Richtervorbehalt legt. Wenn die Daten doch schon mal da sind, warum sollten rechtschaffene Diener des Rechtsstaates erst nach einem bürokratischen Hürdenlauf drauf zugreifen können?

Mailpolizei: Alles nur „Interpretation“

Der anonyme Blogger von neulich rudert zurück. Er hatte berichtet, dass ein Polizist in seiner Gegenwart ohne Passwort oder richterlichen Beschluss auf das Mailpostfast eines Schwarzfahrers zugegriffen habe – ich hatte so meine Zweifel.

Nun hat der vermeintliche Zeuge alle Blogbeiträge bis aus den ersten gelöscht und diesen überarbeitet. Nun steht dort vor dem entscheidenden Absatz:

Und was jetzt kommt, ist eine Interpretation der Geschichte und so nicht passiert.

Ich stufe das mal als nicht ganz logische Distanzierung vom ursprünglichen Beitrag ein. Zwar stehen da immer noch Tatsachenbehauptungen, aber so ganz sicher wie am Anfang ist sich der Autor offenbar nicht mehr, was er gesehen und gehört – und was er hinzugedichtet hat.

Dass ihm andere Weblogs seine „Interpretationen“ geglaubt haben, ist übrigens alleine deren Fehler. Er selbst hat nichts damit zu tun:

Ich distanziere mich von den Meinungen/Kommentaren die im anschließenden Folgen. Die Meinungen sind die, der jeweiligen Autor[en]_Innen und entsprechen nicht meiner. Desweiteren distanziere ich mich von den sg. “Pingbacks” von Fremdblogs, welche über diesen Beitrag berichten. Ich habe keinen Einfluss auf den Inhalt dieser Fremdblogs und bin in keiner Hinsicht der dort vertretenen Meinung bzw. dem dort berichtetem. Dies gleicht geht für jegliche externe Links.

PS: Und nun ist das Blog ganz weg…

Die Legende von der Mailpolizei

Derzeit schwappt Empörung durch die Blogosphäre. Und der Sachverhalt ist auch ungeheuerlich: jeder kleine Polizist kann wegen Bagatellen in unsere Email-Inboxen gucken.

Gucken wir uns doch Mal die Quelle des Gerüchts an: Es handelt sich um dieses Posting in einem wohl extra zu dem Zweck eröffneten Blog. Der Sachverhalt: der anonyme Autor befindet sich aus ungeklärter Ursache in einer unbekannten Dienststelle der Bundespolizei. Dort wird er Zeuge der Vernehmung eines mutmaßlichen Schwarzfahrers, dessen Anschrift festgestellt werden soll. Der Schwarzfahrer nennt seine Mail-Adresse, weil in dem Postfach eine Mail mit der Adresse befinden soll, was seine Identität bestätigen würde. Daraufhin greift der Beamte in seinen Computer und blättert – ohne nach dem Passwort zu fragen – in dem Postfach des Deliquenten.

Ich sage Mal: bullshit.

Erster Punkt: Wer immer dieses Gerücht in die Welt gesetzt hat – er tut alles, um eine Überprüfung zu vermeiden. Wo und wann das Ganze stattgefunden hat möchte er nicht verraten. Er selbst steht nicht für Nachfragen zur Verfügung. Das Meatspace-Äquivalent des Ganzen: Jemand hat in der Kneipe ein paar Bierchen getrunken und erzählt lautstark den neusten Skandal. Als man ihm zuhört, erinnert er sich dann auch plötzlich an neue Details – nur keine überprüfbaren.

Zweiter Punkt: Ein Beamter muss schon sehr dämlich sein, wenn er vor unbeteiligten Zuhörern mal eben gegen das Gesetz verstößt und top-geheime Fahndungsmethoden vor dem lauschenden Publikum ausbreitet. Dass es gegen das Gesetz verstößt – daran besteht kein Zweifel. Zwar haben die Strafverfolger in den letzten Jahren ziemlich weitgehende Möglichkeiten bekommen auf Emails zuzugreifen – aber eben erst nach richterlichem Beschluss und einem komplexen Verfahren. Und die Vorratsdatenspeicherung ist zwar schon Gesetz, aber eben noch nicht in Betrieb.

Dritter Punkt: Dieses Verfahren ist an gewisse technische Vorgaben gebunden. Zwar existiert, die „Standleitung“, die der empörte Anonyme anspricht im Prinzip. Doch dafür braucht die Polizeidienststelle eine teure SINA-Box. Das ist nichts, was mal eben unter dem Schreibtisch am Kundenempfang steht. Selbst wenn die SINA-Box dort stünde: der Provider müsste den Zugang zu dem Postfach bereits freigeschaltet haben. Würde die Polizei darüber hinaus routinemäßig auf Email-Postfächer zugreifen, wäre das vielen, vielen Leuten bekannt: den Polizisten, den Verhörten, den Providern, den Verteidigern, etc pp…. Zudem ergibt sich aus der Schilderung („Ich mach sie einfach mal auf“), dass sich der Polizist auf einer Webmail-Oberfläche bewegt.

Vierter Punkt: Der Gesetzesverstoß und der Einsatz nicht vorhandener Hardware explizit gegen die Gesetzesgrundlage wäre ganz und gar unnötig. Der Delinquent will seine Identität beweisen, weil er nämlich sonst mit einem Aufenthalt in der Zelle rechnen muss. Auch der Polizist hat kein Interesse an dem beschrieben Vorgang: Er muss schließlich in sein Protokoll schreiben, wie er denn die Identität des Betreffenden bestätigt hat. Und die Provider haben noch weniger Interesse daran.

Fünfter Punkt: Selbst bei den wenigen genannten Details widerspricht sich der Anonyme. Erst fragt der Polizist explizit nach Hotmail, dann kann er nicht auf einen ausländischen Mailprovider zugreifen. Der Beschuldigte ist obdachlos und offenbar ohne eigenen Computer, trotzdem hat er gleich zwei verschiedene Mailadressen. Und in beiden Inboxen wartet die rettende Anschrift der Notunterkunft.

Einfache Erklärung: Da hat jemand nur mit halben Ohr zugehört – schließlich hatte er ja selbst seine Angelegenheiten auf der Polizei zu regeln. Das erzeugt Streß, zudem redet dauernd jemand dazwischen. Aus dem lückenhaften Eindruck der Vernehmung hat er sich dann eine Geschichte zusammengereimt. Dass sie so nicht stimmt, weiß er eigentlich selbst. Aber er hat da was gelesen und das passte so gut zu dem, was in Deutschland so los ist: Überwachungen, Kompetenzüberschreitungen, Armut.

Was bleibt zu sagen? Die Geschichte des anonymen Bloggers könnte in ein paar Jahren durchaus Realität werden. Dass solche Methoden angewandt werden, zeigt zum Beispiel der Prozess des EFF gegen die Praxis der US-Grenzbehörde, wahllos Computer zu filzen und zu beschlagnahmen. Und die Vorratsdatenspeicherung ist auf dem Weg. Wie schnell unsere Gesetzgeber nach Verschärfungen und Ausweitungen rufen, sehen wir immer wieder.

Aber wie steht über dem Blog so schön „es gibt kein richtiges leben im falschen.“ Bevor man solche Gerüchte weiterträgt, sollte man mal kurz einen kleinen Realitätscheck machen.

Lasst die Kinderpornos im Netz

Das scheint die Devise der Norweger zu sein, wenn es nach dieser Meldung geht:

Im Kampf gegen die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet setzt Norwegen landesweit ein Filtersystem ein, das den Zugang zu einschlägigen Web-Seiten blockiert.

„Wir können damit pro Tag rund 15 000 Zugriffe auf solche Seiten verhindern – und damit rund 15 000 Straftaten“, sagte Bjørn-Erik Ludvigsen, der zuständige Beamte von der norwegischen Kriminalpolizei. Ludvigsen äußerte sich am Rande der laufenden Herbsttagung des Bundeskriminalamts in Wiesbaden, deren Schwerpunkt die Internetkriminalität ist.

In welchem Land ist Kinderpornographie denn legal? Welche Provider hosten „einschlägige Angebote“ dauerhaft? Und welcher Idiot glaubt, ein Kind würde weniger missbraucht, weil einige Perverse in Schweden einen anderen Zugangsweg nehmen? Wer für Kinderpornos Geld bezahlt, wird auch einen Proxy nutzen können.

Der Kölner Amoklauf und SNAFU

Nachdem immer mehr Pannen bei dem angeblich verhinderten Amoklauf in Köln bekannt werden, reagiert die Polizei auf Kritik:

Dennoch sei es berechtigt gewesen, so früh an die Öffentlichkeit zu treten. „Die zunächst für Montag, 12 Uhr geplante Pressekonferenz musste auf Sonntag vorverlegt werden. Der in der Kölner Bevölkerung insbesondere unter Schülern, Lehrern und der Elternschaft vorhandenen großen Beunruhigung wegen eines befürchteten Amoklaufs am Georg-Büchner-Gymnasium musste unverzüglich in geeigneter Weise entgegengewirkt werden“, so die Polizei. „Die E-Mail-Kette lief, die Telefonkette lief. Das alles hatte sich schnell bei der Schülerschaft herumgesprochen.“ Besonderer Handlungsbedarf habe „vor dem Hintergrund des Jahrestages der schrecklichen Ereignisse in Emsdetten“ bestanden.

Ich kenn mich ja in Ermittlungstaktik nicht aus, aber ist es ratsam, vor dem Jahrestag eines Amoklaufs möglichst große Panik zu verbreiten? Der versammelten Presse vier Waffen zu zeigen, obwohl drei davon absolut nutzlos waren und die vierte nur in einer schlechten Robin Hood-Verfilmung für einen Amoklauf geeignet gewesen wäre? Von Rohrbomben zu sprechen, obwohl keine gefunden wurden? Eine Erfolgsmeldung zu verbreiten, obwohl die wichtigsten Fakten noch nicht vorlagen?

PS: Wie man aneinander vorberireden kann, zeigt diese Meldung:

Schon vor Bekanntwerden der neuen Fakten hatte der Münchner Polizeipsychologe Georg Sieber der Kölner Polizei vorgeworfen, sie habe nur «einen publikumswirksamen Erfolg präsentieren» wollen. Steffenhagen wies das entschieden zurück: «Wir mussten von einer sogenannten Amok-Lage zum Jahrestag von Emsdetten ausgehen.»

Auch „Amok-Lagen“ kann man ohne verfrühte Erfolgsmeldungen und fragwürdige Waffenpräsentationen bewältigen.

Keine Erfolgsstory

Wie ich bereits vermutet habe, löst sich der von der Polizei verkündete Erfolg wegen des vermeintlich verhinderten Amoklaufs in Luft auf. Der WDR berichtet:

Der 18-jährige Schüler, der in Köln einen Anschlag auf eine Schule mitgeplant haben soll, ist freigelassen worden. Die Kölner Staatsanwaltschaft erklärte am Nachmittag, die beiden Schüler hätten offenbar von ihrer für Dienstag (20.11.07) geplanten Tat bereits vor dem Eingreifen der Polizei Abstand genommen.

Reden wir drüber

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamten, Klaus Jansen, hat nach dem Tod eines 17jährigen in Köln ein Anliegen:

Dazu seien besondere technische und psychologische Fähigkeiten und eine entsprechende Qualifizierung des zuständigen Personals nötig. Für diese Weiterbildung müsse auch Geld investiert werden. Auch das umstrittene Thema Online-Durchsuchungen müsse vor diesem Hintergrund noch mal diskutiert werden.

Die Diskussion kann man gerne führen. Sie umfasst exakt einen Satz:

Hier haben wir mal wieder einen Fall, wo eine Online-Durchsuchung absolut unnütz gewesen wäre: man kann keine Computer durchsuchen wenn man nichts von einem Täter weiss.

Vielleicht möchte Herr Jansen seine Internet-Fortbildung machen, bevor er das nächste Mal ein Interview zum Thema gibt?

Amoklauf verhindert?

Grade geht eine große Story durch die Medien: Die Kölner Polizei hat einen Amoklauf verhindert. Wie das? In einer Meldung werden die Ereignisse so geschildert:

Am Freitagmittag habe sich die Leitung des Gymnasiums im Stadtteil Weiden an die Polizei gewandt, weil der mutmaßliche Haupttäter Bilder des Amoklaufs im amerikanischen Columbine ins Internet eingestellt habe, berichtete Wagner. Mitschüler hatten die Schulleitung darauf aufmerksam gemacht. Der 17-Jährige habe als Grund Protest gegen solche Taten genannt.

In einem Gespräch mit der Polizei habe er Einsicht gezeigt, dass genau dies solche Attentate befördere, und sich einverstanden erklärt, die Bilder wieder von der Seite zu nehmen. Unmittelbar danach habe sich der Jugendliche, der als unauffällig und ruhig beschrieben wurde, auf dem Weg nach Hause vor eine Straßenbahn geworfen, um sich zu töten. Er starb später an seinen Verletzungen.

Klingt für mich eher nach einem tragischen Misserfolg der Polizei. Ein Jugendlicher ist tot – vielleicht ließ sich das auch nicht verhindern. Aber die einzige gefundene potenzielle Mordwaffe ist eine Armbrust. Das ist auf alle Fälle keine Erfolgsstory.