Von Polizist zu Polizist

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter, Landesverband Niedersachsen informiert seine Mitglieder und die interessierte Öffentlichkeit über das neuste verbale Scharmützel zwischen dem niedersächsischen Innenminister Schünemann und der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Das liest sich dann so:

Am 06.04.2011 berichtete die Presse über einen verbalen Angriff des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann CDU gegen die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger FDP im Zusammenhang mit der Vorratsdatenspeicherung. „Sie muss sich hier bewegen. Es ist mehr als problematisch, dass wir hier noch keine Regelung haben”, sagte Innenminister Schünemann am 06.04.2011 in Hannover und wurde dafür als Hardliner gescholten, der über das Ziel hinausgeschossen sei.

Die Rollen sind klar verteilt: der ausgewogen-rationale Landes-Polizeiminister und das keifende liberale Berlin.

Doch irgendwie hatte ich das Wortgefecht anders in Erinnerung. Oder um die dapd zu zitieren:

Im Streit um die Vorratsdatenspeicherung attackiert Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) als „Sicherheitsrisiko“. „Die Justizministerin schützt durch ihre ideologische Blockadehaltung Pädophile und Terroristen und wird damit selber zu einem Sicherheitsrisiko in unserem Land“, sagte Schünemann der Zeitung „Die Welt“

Solche allzu zielgruppenorientierte Information macht mich regelmäßig ratlos. Glaubt der BDK-Landesverband, dass seine Mitglieder keine Nachrichten hören, keine Zeitung lesen? Oder gilt die Parole, dass sich die braven Beamten nur klammheimlich über die Tiraden ihres Arbeitgebers freuen dürfen? Oder will man sich von der Wortwahl distanzieren, möchte dem politischen Gegner aber keinen Fußbreit entgegen kommen?

Überwachungslogik (3)

Die einfachste Methode, ein Gemetzel zu vermeiden: man muss möglichst viele Männer mit Maschinenpistolen auf Plätzen mit vielen Menschen stationieren.

Überwachungslogik

Wenn „Gefährder“ ihre Handies abgeben sollen, sind sie dann nicht schwerer zu orten?

Jedes GSM-Gerät ist doch eine kleine GPS-Wanze in Wartestellung.

ConTrain zum Stadion

Der Alltag deutscher Fußball-Fans ist mir fremd. Wenn ich diesen Artikel im Kölner Stadtanzeiger lesen, wird mir jedoch die Empörung vieler Fans verständlich.

Wie im vergangenen Jahr werden die Bahnen der KVB von Polizeifahrzeugen bis zum Rhein-Energie-Stadion in Müngersdorf eskortiert. Deshalb ist die Aachener Straße stadtauswärts nur einspurig befahrbar. Kurz nach 14 Uhr ist auch der zweite Sonderzug in Ehrenfeld angekommen. Laut Polizei ist die Stimmung unter den Fußballfreunden vor dem Spiel bisher friedlich.

Wohlgemerkt — das ist Alltag. Spezielle Spürhunde privater Sicherheitsdienste, Sektorentrennung der Fans, Alkoholverbote. Mit Blaulicht werden die zusammengepferchten Fans in ein Stadion gebracht und dann so schnell wie möglich rausgeschleust.

Sind Fußballfans inhärente Gewalttäter, kann man Menschen in Massen nicht trauen? Oder wird der Normalmensch immer mehr zum Störer, zum Gefährder, zum unkalkulierbaren Risiko?

6,3 Stellen

Bei Kinderpornografie wird viel mit Zahlen herumgeworfen. Einige sind pure Erfindungen, andere veraltet oder auf grob geschätzt, wieder andere werden schlichtweg aus dem Zusammenhang gerissen.

Grade mokieren sich viele Sperr-Gegner, dass das Bundeskriminalamt nur 6,3 Stellen zur Bekämpfung von Kinderpornografie hat – je nach dem, wem man zuhört sind diese Planstellen für die Bekämpfung des Kindesmissbrauchs in Deutschland zuständig. Eine kleine Erinnerung: Polizei ist in Deutschland Ländersache. Das BKA kann allenfalls technische Unterstützung leisten und Koordinierungsaufgaben erfüllen – der Großteil der Ermittler sitzt in den Landespolizeibehörden.

YouTube unnötig

Die Berliner Polizei meldet:

Im Zusammenhang mit einem Fall des Verdachts der Körperverletzung im Amt hat sich heute ein Polizeiobermeister seinem Dienstvorgesetzten offenbart. Wie berichtet, zeigt eine polizeiinterne Videodokumentation, wie ein Polizist am 1. Mai gegen 20 Uhr 30 in der Wiener Straße während eines Einsatzes einer zu Boden gestürzten Person einen harten Tritt versetzte. Die Polizei hatte die Szenerie auf eigener Bildübertragung festgestellt und sofort von Amts wegen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Ich lese darin folgenden Subtext:

Es war also gänzlich unnötig, das Dienstvergehen aus anderer Perspektive auf YouTube zu stellen. Sobald Polizisten Übergriffe Ihrer Kollegen sehen, zeichnen sie diese auf und leiten Ermittlungsverfahren ein! Das System funktioniert!!1!!

Die neue BahnCard 100

Heise berichtet über Gedankenspiele zum Kampf gegen die Bus&Bahn-Brutalität und die Allzweck-Phrase von der subjektiven Sicherheit:

Polizisten in Uniform, die in seinem Land kostenlos die Bahn benutzen dürfen, seien bereits in rund 1000 Fällen eingeschritten. „Wir wollen darum, dass die Polizisten in ganz Deutschland die Bahn und den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen können“, sagte Herrmann. „Allein die Uniform schreckt ab – und natürlich greifen die Beamten im Ernstfall auch ein.“

Was kostet eigentlich eine Polizeiuniform?

„Brutal“ war gestern

Der Tagesspiegel berichtet:

„Diese Behandlung war zu ruppig, selbst wenn die Person gestört haben mag“, sagte der grüne Innenpolitiker Benedikt Lux. Insgesamt habe die Polizei die Lage aber gut im Griff gehabt.
Wie berichtet, hatte vor vier Wochen bei einer linken Demonstration die ruppige Festnahme eines Mannes bundesweit Schlagzeilen gemacht. Auch diese Szene war ins Internet gestellt worden – für die Polizei ein schwerer Imageschaden. Dass sich der Mann zuvor renitent mehreren Platzverweisen der Beamten widersetzt habe, sei auf dem Film dagegen nicht zu sehen, hieß es bei der Polizei. Deshalb sollte der Mann festgenommen werden – mit den bekannten Folgen.

Ruppig??? Diese uniformierten Schlingel! Statt Disziplinarverfahren einzuleiten, sollte man sie fünf Minuten in die Ecke stellen.

Ach ja: Dass die Videoaufnahmen von dem Vorfall vor einigen Wochen zeigen, wie der Mann einem Platzverweis nachkommen will und dann hinterrücks überfallen und brutal verprügelt wird, ist in diesem Tagesspiegel-Artikel nicht zu sehen.

Fantasie von morgen nachmittag

Datendiebstahl bei VO-Plus
Millionen Verkehrssündern droht Strafe

Mit gestohlenen GPS-Daten versuchten Kriminelle Tausende von Autofahrer zu erpressen. Nun meldet die Bundesregierung Interesse an den Daten an. Zehntausenden Autofahrer könnte der Führerschein entzogen werden, Millionen drohen Bußgelder.

[…]

Offensichtlich hatten sich die Kriminellen ins Netz des Mobilfunkanbieters VO-Plus eingeschlichen und über mehrere Wochen sämtliche Bewegungsdaten der mittlerweile 23 Millionen GPS-Handys im Netz erfasst und gespeichert. Diese Daten werden normalerweise anonymisiert erhoben, um aktuelle Daten zum Verkehrsgeschehen zu erheben. Die Hacker umgingen diese Vorsichtsmaßnahmen und schafften es sogar, Telefonnummern und Identität der VO-Plus-Kunden zu ermitteln.

[…]

„Auf den Ankauf dieser Daten zu verzichten wäre zumindest heuchlerisch“, sagte Bundesverkehrsministerin Tiffy von Boedefeld (CSD). So habe das Bundesfinanzministerium schon mehrfach illegal erworbene Daten von Steuerhinterziehern angekauft, für notorische Verkehrsgefährder müssten die gleichen Regeln gelten. „Schließlich steht besonders das Leben von Kindern auf dem Spiel, wenn rücksichtslose Raser unsere Straßen tagtäglich mit Blut überziehen.“

[…]

Auch der Bund Deutscher Uniformträger (BDU) zeigt großes Interesse an den Daten: „Viele Täter, die bisher ungeschoren davon gekommen sind, könnten so endlich ihrer gerechten Strafe zugeführt werden“, sagt BDU-Sprecher Pavel Uun. Zwar werteten die Polizei schon routinemäßig Handy-Positionsdaten aus. Die GPS-Daten seien aber wesentlich genauer. „Damit können wir Steinewerfer identifizieren, wenn sie sich inmitten einer maskierten Menge bewegen“, erklärte Uun.

Der Beamte regt an, den Datentransfer in Zukunft zu legalisieren. „Die Verkehrspolizei wurde viel zu lange als Profit-Center der Länder und Gemeinden eingesetzt. Die Wut der Autofahrer bekommt ja der Kollege mit der Kelle ab.“ Würde die Verfolgung von Temposündern automatisiert ablaufen, wären Blitzer und Starenkästen in Zukunft unnötig. „Das ramponierte Ansehen des Polizisten in der Gesellschaft könnte endlich wieder steigen – und wir könnten uns auf die Verfolgung von Schwerkriminellen konzentrieren“, sagte Uun.

Vorratsdatenspeicherung in der Praxis

Man fragt sich ja manchmal: Was ist der Anwendungsfall der Vorratsdatenspeicherung? Der Kölner Stadtanzeiger hat eine praktische Anwendung und eine Ermahnung an Berlin, die vielleicht auch in Richtung Karlsruhe gezielt war.

Erheblichen Anteil an der Festnahme der Betrügerin hatte der Kölner Kommissar Joachim Ludwig. Er gilt bundesweit als Experte bei der Aufklärung der „Enkeltaten“. Überführt hat er Katie Z. durch Auswertung von Handydaten und Telefonüberwachung. „Bei dieser Art von Betrug gibt es keine DNA-Spuren oder Fingerabdrücke, sondern nur Datenspuren“, sagte Ludwig. Deutliche Kritik übten er und auch Bülles am Plan der neuen Bundesregierung, die Vorratsspeicherung von Telefondaten einzuschränken. „Wenn das wegfällt, brauchen wir nicht mehr zu ermitteln. Dann können wir diese Taten nie aufklären“, mahnte er. Bülles nannte die Pläne aus Berlin „absurd“.