Keine Panik!!! Alles Natur!

Super-GAU! Aber am anderen Ende der Welt.  Panik oder nicht Panik? Bild.de versucht beides.

Der derzeitige Aufmacher beginnt so:

„Landstriche, wie platt gewalzt. Skelette von Gebäuden. Was ich sah, wird mich mein Leben lang an Apokalypse erinnern, an Weltuntergang. “BILD-Reporter Herbert Bauernebel flog gestern mit dem Helikopter in das Katastrophengebiet von Sendai. Sein Bericht.

Das in Japan ist keine einfache Naturkatastrophe. Es ist der Weltuntergang. Und unserer christlich-jüdisches kulturelles Erbe sieht hier Gott am Werk, der die Guten von den Bösen trennt, den Tag des Jüngsten Gerichts einläutet.

Im zugehörigen „Ratgeber“ jedoch ist von Panik keine Spur. Denn: wir Deutschen sind augenscheinlich nicht betroffen. Unser Fisch kommt nicht aus Japan, japanische Autos werden weltweit gebaut — wir Deutschen sind aus dem Schneider. Nicht Mal einen Geigerzähler sollen wir kaufen, da wir eh nicht damit umgehen können.

Alles ist OK. Davon ist Bild.de so überzeugt, dass die Begründung offenbar nicht so wichtig ist. So erfahren wir, dass wir ruhigen Gewissens Konsumartikel aus Japan kaufen können, denn sie „werden in geschlossenen Fabriken hergestellt.“ Ja, vier Wände und ein Dach sind das perfekte Mittel gegen Radioaktivität. Richtig kurios ist die Begründung, warum wir auf keinen Fall voreilig den Stromanbieter wechseln sollen.

Soll ich meinen Atom-Strom-Vertrag kündigen?  Bedenken Sie, dass die Ursache der Katastrophe natürlich war (Erdbeben, Tsunami). Moderne Atomkraftwerke gelten als sehr sicher.

Keine Panik. Alles Natur!

„Licht aus“ ein gewaltiger Reinfall

Wie erfährt man, ob der Aufruf zum symbolischen Licht-Ausschalten ein Erfolg war? Daran dass das Stromnetz zusammenbricht, wie die Vor-Berichterstattung nahe legte? Nicht wirklich. Ein paar ausgeschaltete Lampen, während Kühlschränke, Heizungen und Fernseher weiter laufen – wenn unser Stromnetz nicht mal das aushhält, haben wir ein Problem.

Woran merkt man hingegen, dass die Aktion eine gewaltige Pleite war? Nun – solche Erfolgsmeldungen legen es zumindest nahe:

Rund um den Kölner Dom versammelten sich mehrere Dutzend Menschen bei Regen und stürmischem Wind, um das Bauwerk für fünf Minuten im Dunkel verschwinden zu sehen.

Ein stark übergewichtiger Systemadministrator könnte die selbe Reaktion ernten, wenn er nachts um 3 Uhr nackt über die Domplatte tanzt. Ohne medialen Bohei.

Ehrenrettung für Bombenbauanleitungen und Terroristen?

Drei Monate nach den versuchten Bombenanschlägen auf Regionalzüge berichten Zeitungen von neuen Erkenntnissen. Die Bomben hatten mehr Sprengkraft als damals vermutet wurde. Eine Ehrenrettung für Bombenbauanleitungen im Internet: nach den Anschlägen hatte man den Eindruck, dass die vielzitierten Terrorbausätze kaum gefährlich sind. Und wenn doch: dann vor allem für den Bombenbauer.

Die taz berichtet:

Dabei bauten die Experten die Bomben detailgetreu nach. Sie machten allerdings nicht den technischen Fehler der Attentäter, der eine Detonation der Bomben verhindert hatte. Die Fachleute bescheinigten den Sprengsätzen, die die Täter nach einer Anleitung aus dem Internet zusammengesetzt hatten, eine gewaltige Wirkung.

Mit der Neueinschätzung der Bomben geht offenbar auch eine Neueinschätzung der Täter einher.

Danach verfestigt sich der Eindruck, dass nicht nur fähige Bombenbauer, sondern auch sorgfältig planende, intelligent vorgehende Täter am Werk waren, die aus religiösem Eifer möglichst viele Menschen ins Jenseits befördern wollten. […] An jenem Tag stellten die Extremisten die beiden Kofferbomben in die Regionalzüge, die auf dem Kölner Hauptbahnhof auf ihre Abfahrt warteten. Danach begaben sie sich zum Flughafen und hoben nur Minuten nach der geplanten Explosionszeit gen Beirut ab. Sie seien fest vom Erfolg ihres Anschlag überzeugt gewesen, sagte Hamad in seiner Aussage.

Moment Mal – das soll Anzeichen von Intelligenz und Sorgfalt sein? Ja sicher: die Täter waren nicht grenzdebil und sie waren auch keine Selbstmordattentäter.

Aber ist es wirklich so intelligent, ausgerechnet im Kölner Hauptbahnhof die Bomben zu platzieren? Dort, wo überall Kameras hängen? Regionalzüge halten an bedeutend weniger überwachten Bahnhöfen, die Bahn versteckt ihre Kameras auch nicht. Auch die Uhrzeit überrascht bei der Ansage: Jeden Tag sind die Regionalzüge und Bahnsteige im Berufsverkehr überfüllt. Das in der taz abgebildete Überwachungsfoto zeigt jedoch die Uhrzeit 12:34 und einen ziemlich leeren Bahnsteig an. Die Anschläge von Madrid und London haben gezeigt, dass sorgfältig arbeitende Terroristen ganz bewusst den Berufsverkehr nutzen, um möglichst viele Menschen umzubringen.

Ich möchte den versuchten Massenmord nicht verharmlosen, aber man sollte die Fakten nicht verdrehen. Zum Glück waren die Verbrecher nicht halb so schlau wie sie dachten. Und nicht selbstmörderisch genug, um sich selbst in die Luft zu sprengen. Zum Glück.