Nachdem ich meine Auffassung der derzeitigen Rechtslage im Fall Edathy gepostet hatte, bekam ich etwas Widerspruch: Ich würde „Schund“ schreiben oder gar für eine Pädophilen-Lobby sprechen. Viele kennen die Rechtslage nicht, zum Beispiel, dass Posing-Bilder seit 2008 eindeutig strafbar sind. Doch die Vorbehalte gehen weiter — und das ist natürlich so. Sex mit Kindern ist ein Tabu und das auch aus gutem Grund. Doch wie geht man damit um? Spiegel Online fasst es heute recht gut zusammen, indem die Redaktion einen Text mit „Porträt eines Mannes, der gegen den ungeheuren Verdacht ankämpft, ein Pädophiler zu sein“ antextet.
Ich schreibe seit fast 10 Jahren zum Thema und es ist ein emotional anstrengendes Thema. Kinderpornografie ist — meist — kein opferloses Verbrechen. Der Kern der Sache ist: Männer missbrauchen und vergewaltigen Kinder. Diese werden traumatisiert, verletzt, gar getötet und immer wieder von neuem erniedrigt. Manche Täter handeln aus einem gestörten Sexualtrieb, manche aus Sadismus, manche um Geld zu verdienen.
Und doch.
Pädophile sind per se keine Verbrecher. Bis zu zwei Prozent der Männer — so schätzt es Professor Michael Osterheider — reagieren auf kindliche Körper sexuell. Viele davon zum Glück nicht exklusiv. Sie haben auch einen Sexualtrieb, der sich auf erwachsene Männer oder Frauen bezieht. Aber wer die Störung hat, alleine auf Kinder fixiert zu sein, kann und darf diese Sexualität nicht ausleben. Mehr noch: Er darf niemandem davon erzählen. Der Verdacht einen Pädophilen vor sich zu haben, ist für viele unerträglich. Wir sind genetisch programmiert unsere Kinder zu schützen.
Es gibt eine (heute recht kleine) Pädophilenlobby, die so tut, als sei konsensueller Geschlechtsverkehr mit Kindern möglich. Da bleibt eigentlich nur eine Antwort: Nein. Ihnen bleibt nur eine zölibatäre Lebensweise. Und damit das nicht endet wie in manchen anderen zölibatären Institutionen, muss den Menschen ein Therapieangebot gemacht werden. Und dazu müssen sie sich in bestimmtem Umfang outen.
Viele Konsumenten von Kinderpornografie oder auch Produzenten sind eben keine Pädophile. Es gibt Leute, die ihre eigenen Kinder vergewaltigen, aber eben nicht pädophil sind. Wir lernen gerade gesellschaftlich, dass Sexualität nicht binär ist. Die sexuellen Störungen sind es auch nicht. Gerade die schlimmsten Missbräuche werden von und für Leute begangen, die eine sadistische Persönlichkeitsstörung haben, die nicht kindliche Körper als sexuell reizvoll empfinden, sondern Macht und Gewalt. Ihr Kick ist die Erniedrigung.
Es wäre schön, wenn es Schwarz und Weiß gäbe. Aber selbst ich bekomme das nicht hin. Das Album-Cover von „Virgin Killer“ beispielsweise — das zur Blockade von Wikipedia in Großbritannien führte — finde ich schwer erträglich. Hier wurde ein Kind für ein Wortspiel vorgeführt. Das nackte Baby auf dem Cover von „Never mind“ hingegen erscheint mir unproblematisch. Wo immer man die Grenze ziehen — man wird keine Gerechtigkeit für alle herstellen. Es gibt nicht das eine Problem. Und es gibt nicht die eine Lösung.
PS: Bei Zeit Online gibt es eine lesenswerte FAQ zum Thema.