Onlinesüchtig und selbstreferentiell

Schön: Der Online-Redakteur der Netzeitung Maik Söhler interviewt einen Onlinesüchtigen – sich selbst.

Netzeitung: Als Suchtsymptome nennen Psychologen meist diese Aspekte: enorme Anstrengungen, um an das Suchtmittel zu gelangen; die Dosis immer weiter zu erhöhen; Entzugserscheinungen, die sich in Niedergeschlagenheit, Unruhe und erhöhter Reizbarkeit ausdrücken; Rückzug von Freunden und Verwandten. Welche dieser Symptome sind Ihnen nicht fremd?

Söhler: Die Anstrengungen, an einen Computer mit Netzanschluss zu gelangen, sowie gelegentlich die Unruhe und Gereiztheit, wenn das nicht klappt. Auch die Erhöhung der Dosis kenne ich gut.

Netzeitung: Wie genau äußert sich das bei Ihnen?

Söhler: Ich kann im Urlaub ganz gut ohne Computer, Internet und Spielkonsole leben. Wenn ich am Strand liege, vermisse ich sie nicht. Das kann tagelang so gehen. Dann aber laufe ich zufällig an einem öffentlich zugänglichen Computerterminal vorbei, bleibe stehen, logge mich ein, rufe meine Mails ab und surfe. Fortan werde ich am Urlaubsort meine Wege so einrichten, dass ich zumindest an jedem zweiten Tag an diesem Terminal vorbei muss.

Die Dosis wird ganz von selbst erhöht, indem man sich auf das, was man digital gerade macht, immer stärker einlässt. Ich besuche ein Weblog, in dem jemand einen tollen Eintrag geschrieben hat. Dieser Eintrag hat 40 Kommentare hervorgerufen. Von den 40 Kommentatoren verlinken 25 auf ihre eigenen Blogs. Die surfe ich dann alle ab. Wie es so geht, komme ich von dort auf wieder neue Blogs mit tollen Einträgen und so weiter.

Nett gemacht.. Und auf die Idee muss man erst mal kommen.