Freiheit, die ich meine

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel gab der Leipziger Volkszeitung ein Interview. Auf das Spiegel-Titelthema der Woche angesprochen, sagte er dies:

Internetfreiheit steht bei uns ganz oben. Natürlich unter Vorbehalt: Missbrauch jeder Art ist damit nicht gemeint.

Aua. Freiheit umfasst immer auch den Missbrauch. Er ist sozusagen elementarer Bestandteil der Freiheit.

Unbeschränkte Redefreiheit umfasst auch Pornografie. Wenn ich die Grenzen öffne, können auch Straftäter und Billig-Tanker ins Nachbarland. Wenn ich die Steuern um fünf Prozent senke unter der Bedingung, dass alle Manager 10 Prozent ihres Gehaltes freiwillig spenden – dann bin ich in Wahrheit für einen höheren Spitzensteuersatz.

Wenn sich die FDP um vernünftige und wirksame Strafverfolgung kümmern will, um einen vernünftien Konsens rund ums Urheberrecht – dann findet sie sicher bei vielen Beifall. Das Etikett „Freiheit“ darauf zu kleben, ist aber lächerlich.

Free Muntader

Ein Video geht um die Welt: ein irakischer Journalist hat die letzte Pressekonferenz von US-Präsident George W. Bush im Irak genutzt, um ihn hart zu beschimpfen und seine Schuhe auf den Präsidenten zu werfen. In den meisten Berichten bleibt der Angreifer namenlos, Bush scherzt sogar, dass der Mann – ein Fernsehkorrespondent – offensichtlich nur ins Fernsehen wollte. Muntadar al-Zeidi (oder Muntader Zeidi?) kann derzeit nicht zurückscherzen: Er wurde inhaftiert, wie die New York Times meldet:

The television channel broadcast a request for Mr. Zaidi’s release in the name of democracy and freedom of speech. “Any procedure against Muntader will remind us of the behavior of the dictatorship and their violent actions, random detentions and mass graves,” the channel said. “Baghdadia TV channel also demands that the international and Iraqi television organizations cooperate in seeking the release of Muntader Zaidi.”

Zugegeben: eine extensive Auslegung freier Rede. Es wäre aber dennoch interessant zu wissen, welche Strafen diesem Journalisten im heutigen Irak blühen. Unter Saddam Hussein hätte Zaidi einen solchen Auftritt wohl kaum überlebt, in Deutschland und den USA wäre der Mann wohl nach einem ausführlichen Interview wieder auf freiem Fuß.

PS: Ein paar mehr Details:

Nach dem Zwischenfall gestern schleppten irakische Sicherheitsbeamte Al Zaidi aus dem Saal und schlugen und traten ihn dann, bis er – so ein Augenzeuge – „wie eine Frau geheult“ habe. Sein Sender verlangt die sofortige und bedingungslose Freilassung des Reporters, „im Namen der Demokratie und der Meinungsfreiheit“, wie es in einer Stellungnahme hieß. Eine regierungskritische Nachrichtenagentur in Baghdad gratulierte Al Zaidi zu seinem – so wörtlich – mutigen Auftreten. Der Chef der irakischen Organisation für Pressefreiheit sprach hingegen von „unprofessionellem Verhalten“.