Wacht auf, Gamer dieser Erde

So langsam erkennen auch die Computerspieler, dass sie kampagnenfähig werden müssen. Und sie lernen von den Mitteln, die im Kampf gegen das Zugangserschwerungsgesetz eingesetzt wurden.

So haben sie eine eigene E-Petition auf den Weg gebracht, die am ersten Tag schon beachtliche 7000 Mitzeichner gefunden hat, sie haben ihre eigene Leserbriefkampagne und auch ein eigenes Mem ersonnen, das allerdings auf Twitter bisher nicht wirklich einschlägt.

Welche Dynamik diese Kampagne erreichen wird, bleibt abzuwarten. Denn Spieler sind eine sehr junge Gruppe von Netizens, die sehr kommerziell organisiert ist. Und so überrascht es nicht, dass die Unterschriftenaktion zuerst von einer kommerziellen Spieleseite erdacht und promoted wurde und jetzt von der Turtle Entertainment weiter verfolgt wird.

Wenn Gamer politisch werden

Nach dem Kinderporno-Verglich von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, schlagen die Gamer-Funktionäre erbittert zurück.

Der ESB erbittet vom Bayerischen Innenminister eine deutliche Entschuldigung Solange dieses nicht geschieht fordert der ESB seine Mitglieder auf, deutliche politische Signale gegen die CSU zu setzen“ , so Sliwka abschließend.

Ob die CSU diesem gewaltigen politischen Druck standhalten kann? An lustigen Ideen scheint es ja nicht zu mangeln.

Merkbefreiungen in Serie

Heute abend kam die Meldung, dass die Intel Friday Game Night abgesagt wurde – ein E-Sport-Wettbewerb, bei dem unter anderem Counter-Strike gespielt wird. Doch kaum liest man sich ein, möchte man rundum Merkbefreiungen verteilen.

Zum Beispiel dieser Bericht des SWR:

Teams der bundesweiten Liga für Computerspiele wollten in der Liederhalle gegeneinander antreten. Trotz Bitten der Stadt waren die Veranstalter der „Intel Friday Night Game“ offenbar nicht bereit, andere Spiele zu verwenden.

Dieses vermeintliche Angebot kommt einer Absage gleich. Man könnte ebenso ein Fußballspiel zulassen, wenn – so als kleine Änderung im Ablauf – kein Ball im Stadion erlaubt ist. Oder Fußball-Mannschaften Eishockey spielen lassen.

Richtig schmerzhaft ist jedoch die Einleitung des Artikels:

Angesichts der Ereignisse von Winnenden hat die Stadt Stuttgart eine für Freitag geplante Computerspiele-Nacht abgesagt. Dort sollten unter anderem auch die als Killerspiele kritisierten „Counter Strike“ und „Warcraft“ gespielt werden.

Warcraft gehört zu den Spielen bei den Intel Friday Night Games. Aber wer hätte „Warcraft“ je als „Killerspiel“ bezeichnet? Das Spiel ist ab 12 Jahre zugelassen, es ist so blutrünstig wie Age Of Empires.

Bevor man aber allzu viel Sympathie mit den zu Unrecht diskriminierten Computerspielern bekommen kann, schlagen die Pubertären zu. Unter einer bemerkenswert neutralen Meldung bei Readmore und einer ganzen Reihe von besonnenen Rückmeldungen findet sich dieser Kommentar:

readmorecomment

PS: Nach einer Mail von mir hat der SWR das Spiel „Warcraft“ kommentarlos aus der Meldung entfernt.

Nachbrenner des Sensationsjournalismus?

Es ist fast wie immer. Wenn rudelweise Journalisten über eine menschliche Tragödie berichten, kommen anschließend die guten Journalisten, die vorführen wie böse Journalisten arbeiten.

Ich frage mich – und ich bitte das wirklich als Frage zu verstehen: Ist das die Antithese oder die Fortsetzung des Sensationsjournalismus? Wenn das ZAPP-Team Anwohner befragt und die Kameraleute vor dem Friedhof filmt, gehören es dann nicht auch zu dem Rudel dazu? Ist dieses Lästern über „die Journalisten“ nicht so indifferenziert wie die Lästereien über die Killerspieler oder über die Schützenvereine? Wird hier wieder nur ein vermeintlich Schuldiger präsentiert, auf den sich die Empörung konzentrieren kann?

Mir fehlt ein wenig die Alternative, der Lösungsansatz. Was ZAPP sehr richtig anspricht: viele Journalisten sind frei, stehen unter Druck. Das Hauptproblem in Winnenden – so erscheint es mir jedenfalls nach dem Zapp-Bericht ist ein logistisches: zu viele Journalisten in einer zu kleinen Stadt. Kann man das irgendwie anders organisieren? Soll man die Vor-Ort-Berichterstattung einigen Agenturjournalisten überlassen und die anderen schreiben ab?

Was man auch sehen muss: die Grenzverletzungen werden belohnt – die Zuschauer-, Klick- und Auflagenzahlen explodieren. Verkauft sich das Nachrichtenmagazin mit dem Bild des Serienmörders besonders gut? Ich würde darauf wetten. So wie sich die Empörung über die Journalisten sicherlich auch gut verkaufen lässt.

Blame Game

Politiker beuten den Amoklauf aus! Medien vergessen jede Ethik, amoktwittern, provozieren neue Gewalttaten geradezu! Die Polizei und der Innenminister haben falsch informiert, gelogen! Die Waffenlobby tut unschuldig, wo man doch weiß, was das für gun nuts sind! Das Publikum ist sensationsgeil: seht nur die Einschaltquoten und Auflagenzahlen! Spiele-Fans haben den Blick für die Realität verloren, attackieren alle, die auch nur Gewaltspiele erwähnen! Die Spießer der Nation wollen mit dieser Tragödie das Rat der Zeit zurückdrehen!

Reflex Killerspiele

Wieder mal eine Tragödie: ein Amoklauf.

Der SWR meldet:

Zudem beschlagnahmten die Beamten einen Computer, um zu prüfen, ob sich der 17-Jährigen mit Gewaltspielen beschäftigt hat.

Also ich halte die Beamten für so intelligent, dass sie auf dem Computer zunächst nach anderen Dingen suchen: Ein Abschiedsbrief, Droh-Emails, Rückschlüsse auf sein Motiv.

Bild.de füllt den Begriff „Gewaltspiele“ mit Leben und beklagt zugleich den Zustand unserer Gesellschaft.

Und noch immer stehen gewaltdominierte Computerspiele wie „Empire: Total War“ oder „World of Warcraft“ ganz oben in den Hitlisten.

Vielleicht ist auch Zeit für eine Neue Wortschöpfung: Gewalttwittern.

Prozentuale Panorama-Polemik

Die Spieler haben es immer noch nicht aufgegeben, ihrem Ärger über die unsäglichen Panorama-Beiträge Luft zu machen. Eine erneute Beschwerde beim Rundfunkrat erreicht einen beeindruckenden Detailgrad.

Setzen wir nun also die Gesamtzeit von 6:15 = 375 Sekunden = 100 % der tatsächlichen Berichtszeit von 3:14 = 194 Sekunden gegenüber, so stellt man fest, dass sich 51,73 % des Berichtes um die Diskussion über den §131 drehen, 48,27 % des Berichtes eindeutig und klar ersichtlich nicht – diese Zeit wurde benutzt, um alle Spieler von solchen Spielen in diffamierender Art und Weise darzustellen, und einem „Experten“ zur Verfügung gestellt (Sprechzeit: Zeitindex 01:44 bis 2:05 – ergibt 21 Sekunden und Zeitindex 02:22 bis 02:39 – ergibt 17 Sekunden – insgesamt eine Zeit von 38 Sekunden, das sind 10,13 % der gesamten Berichtszeit), der aufgrund seines wirtschaftlichen Betätigungsfeldes von der Verschärfung des § 131 eindeutig profitieren würde.

Irgendwo ist immer ein Killerspiel

Ein Student erschießt 33 Menschen. Unbegreiflich. Oder etwa nicht? Ja, wenn denn nur Killerspiele die Ursache wären, könnte es der Letzte begreifen. Wie bei diesen japanischen Videospielen, die epileptische Anfälle auslösen konnten. Der Student wollte das gar nicht. Er war hypnotisiert.

Problem: Wo ist das Killerspiel bei diesem Psychopathen? Killer-Theaterstücke ziehen irgendwie nicht. Sollte man stattdessen die Waffendebatte aufrollen? Denkt doch an die Schützenvereine! Aber die Rettung: Witzbolde haben die weltweit ausgestrahlten Handyvideos mit Quake-Sounds kombiniert. Und Quake ist ein Killerspiel!

Ein Glück, der Kreis schließt sich.