Es ist so schwer, von Zensur zu lassen

In den letzten Tagen war Rottenneighbor von einigen deutschen Massenprovidern aus nicht erreichbar. Während die Kollegen an eine Sperre im Zusammenhang mit der vorher geäußerten Kritik glaubten, erschien mir ein technischer Fehler viel wahrscheinlicher. Ohne ein Statement der Seitenbetreiber selbst oder belastbare Indizien wollte ich jedenfalls nicht vor mich hinspekulieren.

Gerade bei solch jungen und plötzlich massenhaft genutzten Seiten – man erinnere sich an StudiVZ oder Twitter – sind Ausfälle eher die Regel denn die Ausnahme. Es gibt so viel, was falsch laufen kann: Routingfehler, eine wild gewordene Firewall, ein überlasteter Server, ein Bagger, der die falsche Leitung kappt. Alle Indizien in diesem Fall sprachen in meinen Augen für ein kaputtes Loadbalancing. Addieren wir dazu einen Betreiber, der auf Mailkontakte schlichtweg nicht reagiert, ist eigentlich alles normal. SNAFU.

Nun hat der Westen endlich die klärende Stellungnahme bekommen. Die Autorin griff zum Telefon und ließ sich nicht abwimmeln:

Er bestätigt allerdings einen sprunghaften Anstieg in deutschen Zugriffen „von mehreren tausend auf mehrere hunderttausend am Tag“ innerhalb des vergangenen Monats, die „zu viele unserer Ressourcen beansprucht“ hätten. Es seien daher für einige Tage Konfigurationsarbeiten am Server durchgeführt worden, um des Ansturms aus Übersee besser Herr zu werden.

Nun – das Mysterium wäre denn geklärt. Könnte man meinen. Obwohl – manche können einfach nicht davon lassen, eine finstere Sperrungsverschwörung herbeizufantasieren. Wenn man so viel Zeit und Energie investiert hat, muss doch dahinter etwas stecken. Muss es aber (leider) nicht.

PS: Offenbar wirkt Kritik der Medienwächter zu einer Art DDOS-Angriff der Neugierigen.

Audiatur non altera pars

Es klappt also doch: Nach meinem ersten Blog-Eintrag über den Kölner Cheater-Prozess habe ich bei der Fachredaktion eSport des WAZ-Portals Der Westen angefragt, warum über das aktuelle und brisante Thema dort nicht berichtet wurde. Die Redaktion bedankte sich für den Hinweis und teilte mir mit, man sei ander Sache dran.

Und heute – eine Woche nach dem Prozess – steht der Artikel online. Darin kommt der ESL-Pressesprecher ausführlich zu Wort – schließlich arbeitet man redaktionell zusammen – der betroffene Clan aber gar nicht.

PS: Jetzt kommt auf der Anwalt des gesperrten Spielers kurz zu Wort.