Creative Commons in der Praxis: Alles über Wikipedia

Vor zwei Monaten präsentierten Wikimedia Deutschland und der Verlag Hoffmann und Campe das Buch Alles über Wikipedia – ein Buch zum 10. Geburtstag der Online-Enzyklopädie. Auch ich habe dem Projekt einen meiner Texte zur Verfügung gestellt, sogar kostenlos, da das gesamte Buch unter der Creative Commons-Lizenz Attribution Sharealike 3.0 Unported steht.

Nur was nutzt eine CC-Lizenz, wenn das Buch nicht digital zur Verfügung steht? Bisher sind bei Wikimedia Deutschland nur ein paar Texte online, die es offenbar nicht in die Print-Ausgabe geschafft haben. Nun — hier im Büro steht ein leistungsfähiger Scanner und ich besitze ein Programm zur Texterkennung. Wer also keine 17 Euro für eine Totholzausgabe ausgeben will, kann sich hier also das PDF kostenlos herunterladen, es überarbeiten und weiter verteilen. Dabei sollte man aber auf die Lizenzbedingungen achten: Die Lizenz muss angegeben werden, und die Autoren müssen genannt werden.

Alles über Wikipedia. (PDF)

PS: Kleines technisches Problem, jetzt ist die Datei komplett.

Nutzungsverhinderung mit Creative Commons

Der Landesverband NRW der Piratenpartei hatte eine nette Idee:

Mit einer außergewöhnlichen Aktion hat die Piratenpartei am Sonntag in Düsseldorf auf die Novellierung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) aufmerksam gemacht. Die NRW-Piraten haben die Problematik des Vertrags auf die analoge Welt übertragen und am Sonntagnachmittag das Stadterhebungsmonument in der Düsseldorfer Innenstadt verhüllt. Das Monument zeigt unter anderem die Schlacht von Worringen, nach deren Ende Düsseldorf zur Stadt wurde. Und wie es bei Darstellungen von Schlachten so üblich ist, gehören dazu auch Totenköpfe und Waffen.

«Solche Darstellungen wären mit dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag möglicherweise auf Uhrzeiten nach 22 Uhr verbannt oder mit einer Altersfreigabe versehen. Unabhängig davon, ob es um Geschichte oder Kultur geht. Der JMStV schiesst weit über sein eigentliches Ziel, den Jugendschutz, hinaus», erklärte der Organisator der Aktion, Sebastian Greiner, den Sinn der Verhüllung.

Da man natürlich solche Aktionen einer breiten Leserschaft am besten mit ein paar aussagekräftigen Bildern vermitteln kann, haben die NRW-Piraten sich einer der stäksten Waffen im Lager der digitalen Aktivisten bedient: der Creative-Commons-Lizenz. Sie macht die Weiternutzung von Inhalten so einfach wie möglich und erlaubt die virale Verbreitung von guten Inhalten. Unter dem Bericht zur Aktion hat Pirat Achim Müller deshalb drei Fotos verlinkt:

Fotos (cc-by Bastian Greshake)
http://www.flickr.com/photos/gedankenstuecke/5005218744/
http://www.flickr.com/photos/gedankenstuecke/5004624555/
http://www.flickr.com/photos/gedankenstuecke/5005184004/

Die Lizenz cc-by wäre genau richtig, wenn man für Publicity sorgen will. Mit ihr kann jedermann – ob Blogger oder Lokalzeitung – die entsprechenden Bilder einfach übernehmen. Alleine der Name des Fotografen muss genannt werden. Der Weiterverwender muss im Prinzip nicht einmal wissen, was Creative Commons ist.

Alleine: laut Flickr-Seite stimmt das nicht. Denn dort sind die Bilder nicht etwa mit cc-by, sondern mit der wesentlich restriktiveren Lizenz CC by-nc-sa angegeben. Sprich: die Lokalzeitung darf die Bilder nicht verwenden, da sie ja ein kommerzielles Unternehmen ist. In solchen Fällen will der Foto-Pirat Greshake sein Recht auf geistiges Eigentum in klingende Münze umsetzen und bietet auf Flickr seine Bilder über die Agentur Getty Images zur kostenpflichtigen Nachnutzung an. Wie das abläuft, erfährt man auch:

Wir kontaktieren den Fotografen in Ihrem Namen, um Details zu klären. Normalerweise dauert es zwischen zwei und sieben Tagen bis die Lizenzierung erfolgt.

Also in einer Woche könnte die Lokalzeitung die Bilder vielleicht benutzen. Dass sie dies nicht tun wird, liegt wahrscheinlich nur daran, dass die Pressekonzerne die bedrohliche Piratenpartei ausbooten wollen.

Dies mag jetzt ein wenig kleinkariert klingen, es ist aber eins von unzähligen Beispielen, wo die eifrigsten Verfechter der Creative-Commons-Lizenzen die Anwendung der Lizenzen einfach nicht begriffen haben.

mspr0 revisited

Zur causa Michael Seemann vs. FAZ gibt es grade eine enorme Menge an Empörung. Versuchen wir es zur Abwechslung mit ein wenig Nutzwert.

Eine deprimierend große Anzahl von Netizens weiß offenbar nicht, wie sie die heute gelöschten Beiträge nachlesen können. Nun, das ist ganz einfach:

  1. Wenn ihr das Blog so toll fandet, wie ihr es in Tweets und Blogbeiträgen schildert, sind alle Blogbeiträge sicherlich in Eurem Feedreader zu finden.
  2. Und falls nicht: da gibt es eine ganz neue Erfindung namens „die Cloud“. Viele Informationen werden auf vielen Servern zwischengespeichert. Konkreter: Loggt Euch bei Google Reader ein, klickt auf „Abonnement hinzufügen“ und gebt den Blognamen „CTRL-Verlust“ ein. Dort sind die Beiträge zwar nicht ewig, aber bestimmt noch während des nun aufkommenden Shitstorms bequem nachzulesen. Sogar die mehr als unbedacht eingebundenen CC-Bilder sind dort noch zu sehen.

Und nein: das macht eine Löschung nicht ungeschehen.

Zwei Mal Creative Commons

Der Begriff „freie Inhalte“ wird von jedem ganz anders verstanden. Was heißt es eigentlich, wenn man seine Arbeiten unter eine Creative Commons-Lizenz stellt?

Beispiel 1: Mikel Ortega Mendibil aus dem Baskenland fotografierte im Oktober 2006 zwei Pferde vor dem Berg Gipuzkoa. Er stellte es in Flickr unter der Lizenz CC-BY-SA, die die Nutzung des Bildes erlaubt, wenn man den Namen des Urhebers nennt und das Bildes unter den gleichen Bedingungen weitergibt. Im Februar 2008 wurde das Bild auf Wikimedia Commons hochgeladen. Dort nahm sich der Commons-Nutzer Richard Bartz des Bildes an und editierte es in mehreren Schritten. Vor kurzem wurde das Bild zum Bild des Jahres 2008 gewählt. In einem Artikel auf einem baskischen News-Portal zeigt sich der 31jährige Fotograf hoch erfreut.

Beispiel 2: Eine der derzeit interessantesten Bewegungen zu freien Inhalten ist das Projekt OpenstreetMap, das geografische Informationen sammelt, zu sehr sehenswerten Karten verarbeitet und ebenfalls unter der Lizenz CC-BY-SA verarbeitet. Um eine Stadt komplett zu erfassen sind Dutzende von Freiwilligen unermüdlich unterwegs, kartieren Straßen, Plätze und sogar Briefkästen. Kostenlos. Das ermöglicht einige Nutzungsarten, die zum Beispiel mit Google Maps nicht erlaubt sind – so kann man die Daten einfach komplett herunterladen und selbst verarbeiten – ob in der Autonavigation oder zum Abgleich der Jogging-Strecke.

Oder man lädt die Daten für einzelne Städte herunter, bereitet sie etwas auf und verkauft sie im iTunes-AppStore für 2 bis 4 Euro.

osm-apps

Iss das, Marion!

durchwachsener Speck

Das ist durchwachsener Speck.

Schöne Initiative: Um Lebensmittelfoto-Abmahnern den Saft abzudrehen, wollen einige Leute frei verfügbare Fotos von Lebensmitteln machen und verbreiten. Das Bild hier stammt von foodbilder.huettenhilfe.de und wurde von den Fotografen ausdrücklich zur nicht-kommerziellen Nutzung freigegeben.

Verbesserungswürdig wäre allerdings die unscharfe Lizenz – schließlich gibt es Creative Commons. Damit können Unklarheiten wie korrekte Autorenvermerke und die Abgrenzung zwischen kommerzieller und nicht-kommerzieller Nutzung vermieden werden. Ein größeres Statement wäre es freilich, Bilder auch zur kommerziellen Nutzung freizugeben. Und wenn man Autorenvermerke setzen will, sollten man sie nicht aus einem copy&paste-feindlichen Impressum fischen müssen. Zudem sollte die Lizenz direkt unter jedem Bild auftauchen und nicht nur im Footer.

Damit das Ganze klappt, muss man keine finsteren SEO-Tricks anwenden, eine gemeinsame Verlinkungsaktion der Blogger sollte aber die Google-Bildersuche beeindrucken.

PS: Eine ähnliche Aktion gibt es hier, aber noch ohne Fotos.

Verwertungsgesellschaften und Commons

Bei Heise zitiert Monika Ermert die Beschwerde von Verwertungsgesellschaften über die allgegenwärtigen Creative-Commons-Vertreter.

„In jeder großen Debatte zwischen Autoren, Verwertungsgesellschaften und den Nutzern von Inhalten über den Wert des Lizenzsystems wird ein Vertreter von Creative Commons gegen uns aufgeboten“, beschwerte sich Cottle. Regelmäßig würden die Verwertungsgesellschaften als unflexbiel gescholten. „Wenn das Commons-Projekt irgendetwas erreichen will, muss es einen Weg finden, mit den Autoren zu kooperieren“, meint Cottle. Von den Commons als der jüngeren Organisation sei auch ein gewisser „Respekt“ zu erwarten. Lessig verteidigte das Commons-Projekt als ein „Werkzeug“ für die Autoren und Kreativen, die eine nichtkommerzielle Nutzung ihrer Werke zulassen, dabei aber ihre Urheberrechte wahren wollten.

Blogs und Foren wissen es genau: Die Verwertungsgesellschaften sind inflexibel, dumm, arrogant, überflüssig, CreativeCommons ist die Zukunft. Doch solchen Schwarz-Weiß-Malereien kann ich wenig abgewinnen: denn den Stein der Weisen hat selbst Lawrence Lessig noch nicht gefunden. Zwar gibt es vielversprechende Angebote wie zum Beispiel Magnatune, die kommerzielle Lizenzen von CC-lizensierten Musikstücken verkaufen. Dabei muss man sich aber bewusst sein: das ist nur eine Nischenlösung. Wie man zum Beispiel die vielen CC-Lizensierten Fotos und Texte auch in Geld verwandeln kann, ist noch völlig unklar.

Dabei hat man sich auch im Commons-Lager durchaus nach Verwertungs-Strategien umgesehen. Im letzten Jahr hatte ich den euphorischen Start des RegisteredCommons-Projekt auf der Berliner Konferenz „Wizards Of OS verfolgt. Die Idee: für CC-lizensierte Werke kann man hier ein Veröffentlichungszertifikat anlegen und sogar als Ausdruck kaufen. Somit wäre ein Grundstein zur kommerziellen Verwertung gelegt. Wenn man sich aber den Feed mit den neusten Registrierungen ansieht, findet man nur sehr wenig Nachfrage nach einem solchen Projekt: weniger als ein Werk pro Tag reicht einfach nicht.