Kulturwertmark – 20 Jahre zurück

Der CCC hat heute ein „zeitgemäßes Vergütungsmodell“ für Kreative vorgestellt. „Zeitgemäß“ heißt hier aber: Wir wollen 20 Jahre zurück und hoffen, dass wir die Fehler nicht wiederholen.

Schon der Name „Kulturwertmark“ ist ein Zeichen dafür. Wir haben die Mark vor 10 Jahren abgegeben,. Ab und an inseriert ein Teppichhändler oder ein Resteverkauf, dass er an einem Wochenende tatsächlich noch die gute alte Deutsche Mark als Zahlungsmittel akzeptieren will – und dann werden Schubladen durchwühlt und mäuseangefressene Geldscheine hervorgeholt. Die Mark ist eine ferne Erinnerung, sie steht für eine gute alte Zeit, in der das Geld stabil und unsere Lebensentwürfe in Stein gemeißelt waren. In der ein Sparbuch und eine Arbeitsstelle auf 40 Jahre sicher waren.

Doch über den Namen hinaus zeugt der CCC-Entwurf von der Sehnsucht nach vergangener Zeit. Der institutionelle Hintergrund der neualten Währung sieht so aus:

Wir schlagen vor, das System als eine vom Staat initial finanzierte, aber vollständig unabhängige Stiftung zu realisieren, die von den Ländern Hilfe beim Erheben der Beiträge erhält (oder alternativ mit den ISPs Verträge über Einzug und Weiterleitung abschließt). Die Besetzung des Exekutivgremiums der Stiftung sollte hälftig per allgemeiner Wahl unter den Teilnehmern und Künstlern erfolgen, so daß die Interessen beider Seiten adäquat repräsentiert sind. Stimmberechtigt ist, wer mindestens für eine festzulegende Zeit (etwa drei Monate) in das System eingezahlt hat. Wenn die Anzahl der Benutzer um eine signifikante Zahl gestiegen ist, sind Neuwahlen durchzuführen. Eine Besetzung analog der Quotenregelung wie bei den Rundfunkräten hat sich nicht bewährt und ist undemokratisch.

Stiftungsposten sollten zeitlich beschränkt werden. Das Budget der Stiftung soll schmal gehalten und auf die technische Durchführung ausgerichtet sein. Der Verwaltungs-Overhead sollte aus den Zinsgewinnen des Stiftungsvermögens gedeckt werden, so daß eine hundertprozentige Auszahlungsquote der erhobenen Beiträge an die Künster erreicht wird und keine Transaktionsgebühren erhoben werden müssen. Eine privatwirtschaftliche Lösung ist nicht erstrebenswert, Interessenskonflikte wären hier vorprogramiert, die Auszahlungsquote sänke.

Eine zinsfinanzierte Stiftung in demokratischer Hand. Vor 20 Jahren hätte ich das vielleicht toll gefunden, als ich noch keine Ahnung hatte, wo die Zinsen denn her kamen. Als die zwei Prozent auf dem Sparbuch sicher und die Inflation kaum vorhanden waren. Doch gerade die letzten Jahre haben uns gezeigt: Zinsen kommen nicht aus dem Nichts. Wer sich vom Geldmarkt abhängig macht, kann darin umkommen. Und: Woher kommt das Stiftungsvermögen, dass die Zinsen abwerfen soll? Vom reinen Umlaufvermögen kann das nicht abgezweigt werden, schließlich soll ja eine hundertprozentige Auszahlung garantiert werden. (Und eine staatliche Anschubfinanzierung kommt letztlich auch nur aus den Taschen des Kulturvolks.)

Der institutionelle Rahmen ist von der Illusion geprägt, dass wir das Erfolgsmodell parlamentarischer Demokratie (O-Ton Bundespräsident Christian Wulff) verlustfrei ausdehnen können. Der CCC schlägt eine neue GEMA vor, eine bessere GEMA, in der die Interessen von Künstlern und Nutzern unbestechlich und ohne Reibungsverluste vertreten werden. Die dann entscheidet, wie die Leistung eines kompletten Orchesters gegen das eines lispelnden 16jährigen Superstar-Gewinners abzuwägen ist. Doch wer heute durch die Straßen deutscher Städte geht, sieht die Plakatwände vollgepflastert mit dem Aufruf zur Sozialwahl. Kennt ihr irgendjemanden, der sich dort informiert hat, um eine kompetente Wahlentscheidung zu treffen?

Doch auch an anderer Stelle ist der Vorschlag durchdrungen von einer Rückwärtsgewandtheit, einer Sehnsucht nach der guten alten Zeit, als die Welt noch in Ordnung war:

Wir wollen an dieser Stelle voraussetzen, daß ein zukünftiges System kein Recht auf Reichtum impliziert. Es geht nicht darum, den Britney Spears dieser Welt ihre zukünftigen Millionengagen zu sichern. Es geht um den Erhalt einer breiten, bunten, schöpferischen Kulturlandschaft mit möglichst großer Vielfalt. Und es geht um den möglichst niederschwelligen, für alle erschwinglichen Zugang zu den Werken, die in dieser Landschaft erblühen.

Es ist fast deprimierend zu sehen, dass es nicht Mal zur Nennung von Lady Gaga gereicht hat – der aufreizende Kostüme und Vermarktungs-Maschinerie sind doch der viel größere Schrecken für die Spießbürger. Wann war Britney Spears ein Skandal? Vor 10 Jahren? Als man „dass“ noch mit ß schrieb?

Aber im Ernst: die Kulturwertmark ist ein nationalstaatliches Konzept, dass das Ausscheren Deutschlands aus dem internationalen Kreativmarkt vorschlägt. Wir wollen uns nicht von US-Mayors die Preise diktieren lassen. Wir wollen, dass unsere Bürger nicht verfolgt werden können, wenn sie Britney Spears herunter- und hochladen. Und wir wollen ein gesondertes, inkompatibles Urheberrecht. Denn wenn Britney und Gaga ihre Tantiemen aus Deutschland abholen wollen, sagen die demokratischen Kulturräte: wie steht es denn mit der Allmende? Entweder ihr gebt Eure Musik kostenfrei heraus oder wir bezahlen Euch nichts. Wohin solche Regelungen führen, wissen wir leider zur Genüge: „Dieses Video ist in Deinem Land nicht verfügbar“.

Aber vielleicht ist genau das das Ziel des CCC-Modells. Drehen wir Globalisierung und Kulturimperialismus zurück. Sie haben versagt. Lasst uns etwas neues aufbauen — ohne Rücksicht auf Verluste. Oder einfacher: gehen wir 20 Jahre zurück. Nach dem Ende des Kalten Krieges hätten wir die Systemfrage stellen müssen um das Beste aus Kapitalismus und Sozialismus zu vereinen. Für ein besseres, gerechteres Heute.

Wer baut die Zeitmaschine?

CCC: Anarchisten mit RAF-Kontakten?

Die niederländische Zeitung Telegraaf hat ein Portrait über den „meesterhacker“ Rop Gonggrijp veröffentlicht, der jüngst wegen seines zeitweiligen Engagements für Wikileaks in den Fokus der amerikanischen Behörden und somit auch in die Schlagzeilen geriet.

Wenig schmeichelhaft ist die Beschreibung seiner Kontakte zum deutschen Chaos Computer Club:

Op zijn twintigste verhuisde Gonggrijp met wat vrienden naar Amsterdam, waar hij in contact kwam met hackers en techneuten binnen de kraakbeweging. Volgens Siebelt kreeg hij in die tijd nauwe banden met Duitse anarchisten van de Chaos Computer Club (CCC), die weer banden hadden met RAF-terroristen. CCC zorgde in 1987 voor grote opschudding met een inbraak in de Amerikaanse NASA-computers. „Een jaar later werd bekend dat een aantal CCC’ers samenwerkten met de Russische geheime dienst KGB om in Amerikaanse computers in te breken”, zegt Siebelt.

Dass irgendwann Mal RAF-Kontakte des CCC dokumentiert worden wären, ist mir neu – ich bezweifle auch, dass es hier wesentliche Verbindungen gab, die über das Triviale hinaus gehen.

Aber wenn es um Wikileaks geht, muss ja irgendwo eine Terror-Verbindung bestehen, oder?

Wozu wir einen Personalausweis brauchen

Der Chaos Computer Club hat 11 Forderungen für ein lebenswertes Netz veröffentlicht. Jetzt kann die Diskussion darum beginnen. Also los – unter Forderung Nummer 8 steht dies:

Auch bestehende Regelungen müssen geprüft werden. Andere Länder kommen ganz ohne Personalausweis aus, etwa die USA und Großbritannien. Wieso brauchen wir einen Personalausweis, zumal einen mit biometrischen Daten und Online-Zugriff der Behörden auf die Ausweisdaten? Wieso darf unser Paß biometrische Daten enthalten? Biometrische Ausweisdokumente mit funkendem Mikrochip sind nicht sinnvoll begründet, daher soll ihre Verbreitung nicht fortgeführt werden.

Gerade die Länder, die auf Ausweise verzichten, haben uns in den letzten Jahren gezeigt, dass dieser Verzicht nicht für eine größere Freiheit und weniger Bürokratie sorgt. Im Gegenteil: So muss man in Großbritannien alle möglichen Unterlagen wie Gas- und Wasser-Rechnungen vorlegen, um beispielsweise die British Telecom von seiner Existenz und Adresse zu überzeugen. Dass dabei erheblich mehr private Daten als mit einem Ausweis offenbart werden, ist unvermeidlich. Und in Arizona wurde grade der Ausweisverzicht ad absurdum geführt: Niemand muss Ausweise bei sich haben, aber wenn ein potenzieller Einwanderer einem Polizisten auf Verlangen keine Visapapiere vorlegen kann, wird er eingesperrt. Auch wenn er gar kein Einwanderer ist. Und das ist nur ein Auswuchs von vielen.

Halten wir fest: ein zuverlässiger Ausweis kann(!) tatsächlich private Daten schützen und staatliche Willkür einschränken. Bleibt die Frage: warum biometrische Daten und was immer der CCC mit „Online-Zugriff auf Ausweisdaten“ meint. Bei einer so geringen Verbreitung von falschen Ausweise wie in Deutschland bestand in meinen Augen nicht wirklich ein Bedarf für zusätzliche Authentifizierung. Während ein E-Ausweis mit nutzerautonom implementierten qualifizierten Signaturen durchaus seinen Reiz hat, sind Fingerabdrücke oder die notorisch unzuverlässigen biometrischen Bilder weder für Komfort, noch für Sicherheit ein Gewinn.

P.S. Datenbrief

Hal Faber hat meinen Vorschlag eines Datenbrief-Kompromisses aufgegriffen:

Noch steckt der Text des CCC-Mitgliedes Frank Rieger hinter einer Paywall, doch das Konzept des Datenbriefes, das er im Blatt noch einmal erläutert, soll einen Weg ins Bundesinnenministerium gefunden haben. Natürlich gibt es Spötter, die diesen Brief für ausgemachten Schwachsinn halten. Wenn der Datenbrief dabei hilft, dass sich Firmen Gedanken darüber machen, ob man nicht mit ein „bisschen weniger Suchgenauigkeit oder etwas wilderen Buchempfehlungen“ leben kann, ob man auf Daten verzichten kann, weil die Auskunftskosten und das Drumherum die Sache nicht wert sind, dann hat er sich schon gelohnt und war das Nachdenken über eine solche Konstruktion, sein Porto wert.

Nun, eigentlich zielte mein Spott eher auf Gremien, Kompromisse und der Kreativität der werbetreibenden Wirtschaft. Aber mal im Ernst: Ich halte den Datenbrief in der Realität für nicht durchsetzbar und – sofern man sie denn wirklich umsetzen wollte – eine schlechte Idee dazu.

Richtig gut ist der Datenbrief als Kampagnenidee: plakativ, sofort einsichtig und er jagt der Industrie einen gehörigen Schrecken ein. Wenn am Verhandlungstisch nicht mehr nur in dreißig Jahren Behördeneinsatz zerschlissene Datenschützer und die Funktionäre des Geschäftsbetriebs sitzen, ist das zu begrüßen. Neue Ideen sind gefragt.

In der Realität jedoch wäre ein Datenbrief, wie er bisher vom CCC skizziert wurde, in meinen Augen verheerend. Denn die oben skizzierten Ziele würden nicht erreicht, eher im Gegenteil.

  • Die Bösewichter der Branche, die sich hinter Briefkästen in Liechtenstein verstecken oder alle halbe Jahre einen neuen Namen haben, wären durch den neuen Datenbrief nicht zu erreichen. Ich habe in den Vorschlägen bisher nichts gesehen, was über die bestehenden Gesetze hinaus ginge, um diesen Kreis der Datenschleudern zu erfassen.
  • Für den Kleinhändler ist es aber sehr wohl ein Problem. Gesetzlich ist er zur mehrjährigen Speicherung von Rechnungsdaten verpflichtet, die Laufkundschaft des Internets belästigt er in der Regel nicht weiter. Wenn man einem Kunden einmal eine Druckerpatrone für zehn Euro verkauft hat, fällt das Porto für einen Datenbrief schwer ins Gewicht. E-Mail ist da leider keine Lösung – denn um eine Software zu installieren, die diese Aufgabe allein erledigt, werden wohl ein paar Hundert bis Tausende Euro fällig. Noch kann man ohne Lexware und SAP Dinge verkaufen, mit dem Datenbrief wäre das schon erheblich schwerer.
  • Folge: statt selbst zu kaufen, bedient man sich der Plattform-Anbieter wie Amazon oder Ebay, die zentralisiert die Daten der kleinen Händler erfassen und dann auch zentralisiert die Datenbriefe versenden könnten. Folge: Statt auf Suchgenauigkeit zu verzichten, hätten Amazon und Ebay plötzlich viel mehr Kundendaten in ihren Datenbanken. Und das ganz legal.
  • Der Gesetzgeber hat ein geübtes Händchen dafür, einfache Sachverhalte in furchtbar komplizierte Gesetze zu gießen. Hier eine Ausnahme für Kleinhändler mit bis zu 149 Datensätzen, dort das Medien-Privileg, das auch die GEZ nutzt, dort der Katalog mit den zu übermittelnden Daten, die so gar nicht zur Praxis der Händler passt – und schon haben wir ein Ungetüm, das in erster Linie Arbeitsbeschaffung für die Abmahnindustrie ist.
  • Datenschutzbewusstsein mit Dutzenden, Hunderten oder gar Tausenden standardisierten Nachrichten fördern zu wollen ist ein Ansatz, der sich ebenfalls ins Gegenteil verkehren kann. Heute schon bekomme ich pro Online-Kauf in einem neuen Shop drei bis vier E-Mails. Eine fünfte, sechste und siebte E-Mail werde ich schlichtweg nicht lesen. Datenschutz wird damit so lästig wie das Kleingedruckte in den Verträgen. Datenschutz? Ach, lass mich damit doch in Ruhe!

Lange Rede, kurzer Sinn: der Datenbrief ist ein prima Mittel, um sich an den Verhandlungstisch zu begeben. Wenn man vom Verhandlungstisch aufsteht, sollte aber alles andere als ein Datenbrief das Ergebnis sein.

Datenbrief-Kompromissvorschlag

Einzug in die Realpolitik: Die Datenbrief-Idee des Chaos Computer Clubs wird ernsthaft beraten:

Noch gibt es keine konkreten Pläne, das vorweg. Gleichzeitig aber wirkt es, als sei man auf dem Weg zu einem Kompromiss, mit dem viele leben können.

Wie könnte so ein Kompromiss aussehen? Ich habe da so eine Idee:

Sehr geehrter Herr Mustermann,

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BKA: DNS heißt VDN

Der Chaos Computer Club hat einen Entwurf des Vertrags veröffentlicht, den das BKA mit den Providern abschließen möchte, die sich an der ersten Runde von Kinderporno-Sperren beteiligen.

Kurze Zusammenfassung:

  • Das BKA stellt den Providern werktäglich bis 10 Uhr eine Liste von „Vollqualifizierten Domainnamen“ zur Verfügung. Die Provider haben sechs Stunden Zeit, die neue Liste einzuspielen. Diese Verzögerungen werden die Maßnahme jedoch weitgehend ins Leere Laufen lassen.
  • Die DNS-Sperre ist nicht das einzige Mittel. In Paragraph 3 heißt es:

    Die Sperrmaßnahmen erfolgen mindestens auf Ebene des VDN. Der ISP entscheidet auf der Grundlage des jeweiligen Stands der Technik, auf welche Weise die Erschwerung des Zugangs vorgenommen wird. Dabei stellt der ISP sicher, dass eine mögliche Beeinträchtigung der Rechte unbeteiligter Dritter auf das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Minimum begrenzt wird.

    Das heißt: das BKA hätte gerne bessere Filterungs-Optionen – wie zum Beispiel das britische Cleanfeed-System, das nicht nur ganze Domains, sondern einzelne Dateien blockieren kann. Das Problem: Da laut Vertrag nur die Domainnamen geliefert werden, kann der Provider keine Filterung nach Hashes oder IP-Nummern draufsetzen.

  • Um grundgesetzlich unzulässige Eingriffe in die Telekommunikation zu vermeiden, möchte das BKA mit der Sperre so wenig zu tun haben wie möglich. Die Server der Stopp-Seite werden von den Providern selbst betrieben, die IP-Nummern der vermeintlichen Konsumenten von Kinderpornos werden nicht ans BKA weitergegeben:

    Dem Bundeskriminalamt sind jeweils montags bis 12.00 Uhr Statistiken über die Anzahl der abgewehrten Zugriffe pro Tag unter Benennung der Zugriffsziele für die vergangene Woche zu übersenden.

    Das Problem: Ein Loggen der IPs beim Provider ist nicht verboten. Ein zuständiger Admin kann – Schweigeverpflichtung hin oder her – mit den Daten seine eigenen Geschäfte machen. Bei einer Handvoll Provider ist das Problem vielleicht zu kontrollieren, aber kaum bei einer 100-prozentigen Umsetzung, die jeden Mini-Provider einschließt.

  • Im Falle von Störungen gibt es ein kleines Problem: Paragraph 5 lautet:

    Sollten das Bundeskriminalamt oder der ISP Umstände feststellen, die eine ordnungsgemäße Vertragsdurchführung gefährden (Störung), sind beide Parteien verpflichtet, einander hierüber unverzüglich in Kenntnis zu setzen und geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der Störung zu unternehmen. Betrifft die Störung die vom Bundeskriminalamt nach § 1 Abs. 1 S. 1 erstellte Sperrliste, verwendet der ISP bis zur Beseitigung der Störung die zuvor vom Bundeskriminalamt bereit gestellte und umgesetzte Sperrliste.

    Laut Paragraph 3 Absatz 6 ist der Provider aber verpflichtet die Liste vom Vortag „unverzüglich zu löschen“. Sprich: wenn die Störung auftritt und die BKA-Verantwortlichen gerade nicht erreichbar sind, kann der Provider seinen Pflichten nicht nachkommen.

Was wurde eigentlich aus „Wir haben bezahlt!“?

Eben bin ich in einem Blog auf einen Banner der Aktion Wir haben bezahlt gestoßen. Erinnern wir uns: Gulli.com alias die fliks it-solutions GmbH haben im Juni 2006 die Kampagne gestartet – ungefähr zu der Zeit als auch der CCC und die Verbraucherzentralen mit eigenen Aktionen starteten. Ziel war nichts weniger als „günstige, legale und DRM-freie Musik“.

Wenn man sich heute auf der Webseite der Aktion umsieht, stößt man vor allem auf Leere. Zwar stellt Autor Korrupt im Schnitt alle paar Wochen mal eine kleine Meldung aus dem Fundus der DRM-Musikindustrie-Debatte ins Blog, Diskussionsbeiträge finden sich darunter aber kaum noch.

Aber nicht verzagen: In der linken Spalte finden wir eine Rubrik „Mitmachen“. Erster Punkt ist eine Petition. Dort finden sich heute tatsächlich 6600 Einträge, auch aktuell kommen noch einige hinzu. Schönheitsfehler: Die Petition fehlt. Oben steht ein unverbindlicher Vierzeiler ohne Adressaten. Die Betreiber hatten wohl nie vor, irgendwem eine Petition zu übergeben. Es ist schlicht ein Gästebuch.

wirhabenbezahlt

Zweiter Mitmach-Punkt sind die Banner. Auf der Webseite stehen zwei Dutzend grafisch ansprechende Banner bereit, mit denen man auf seiner eigenen Webseite für die Kampagne werben kann. Dritter Punkt ist ein Kreativ-Wettbewerbe, bei dem man Banner und Slogans einreichen kann – wohl eine Quelle der kreativen Banner auf der vorigen Seite. Hier wird auch versprochen die Gewinner des Wettbewerbes auf der Seite bekannt zu geben – fast ein Jahr nach dem Aktionsbeginn scheint diese Krönung noch auszustehen.

Die letzte Aktion stammt vom letzten September. Damals verlinkten die Kampagneros 17 frei verwendbare Songs und boten dazu ein eigenes CD-Cover mit ihrer URL an. Die einzigen Presseveröffentlichungen stammen aus den ersten Tagen nach Gründung der Kampagne.

Man kann also davon ausgehen, dass die Aktion eingeschlafen ist. Aber ist sie überhaupt gestartet? Irgendwelche konkreten Kampagnenziele hat es nie gegeben, die meisten Mitmachmöglichkeiten laufen lediglich darauf hinaus, Links auf die Kampagnenwebseite zu generieren. Weder Künstler noch Musikindustrie werden angesprochen, fundiertes Informationsmaterial fehlt, weitergehende Aktionen wurden anscheinend nie in Angriff genommen. Auch an Kooperationen scheint es kein Interesse gegeben zu haben, wie auch dieses Interview auf jetzt.de zeigt.

Was bleibt? Einige schöne Banner und einige Tausend Links auf eine Webseite.

Faires Ausmaß?

Im 23C3-Fahrplan entdeckte ich diesen interessanten Satz:

The media has given this topic more than its fair share of coverage

Die Frage ist: Wie will man bestimmen, welches Ausmaß der Berichtsterstattung fair ist? Während bei Persönlichkeitsrechten die Frage eher einfach zu beantworten ist, ist die Frage bei technischen Themen deutlich abstrakter. Wann wurde wirklich genug über MacOS-Cracks geschrieben? Wem gegenüber ist es unfair? Wenn die Leser das Thema interessiert – wer sollte es ihnen aus welchen Gründen vorenthalten?

Und: sind wir hier vielleicht Opfer einer Perspektivverschiebung dank Google News? Wenn ein Thema in jedem Medium ein bis zwei Mal auftaucht sind das Hunderte Meldungen in den Nachrichtenaggregatoren. Und wenn dann noch einzelne Meldungen von Bloggern aufgegriffen, verglichen und kritisiert werden, kommt es einem so vor, als ob denn die ganze Welt nur von einem Thema spricht. Der Normal-Konsument bekommt von dem Thema aber vielleicht überhaupt nichts mit, weil die Meldung auf Seite 13 rechts unten stand.