Hauptsache Aktion?

Be schreibt:

Und mir ist bloßer Aktionismus lieber als gar keiner.

Ein nachvollziehbares Gefühl. Man muss doch irgendetwas tun können. Doch damit die Aktion nicht völlig im Nichts verpufft und Kräfte nicht unnötig gebunden werden, sollte man sich vorher einige Fragen stellen. Eine kleine Checkliste:

  • Ist die Botschaft für Außenstehende sofort verständlich? Fragt jemanden, der Outlook nutzt und Ebay toll findet.
  • Falls nicht: werden durch Planung und Ausführung Kräfte mobilisiert, die nachhaltig auch für andere Aktionen zur Verfügung stehen?
  • Ist jemand beteiligt, der die Aktion auch gegenüber der Presse vertreten kann und will?
  • Entspricht die Aktion den eigenen Grundsätzen? Menschenfreunde schlagen keine Menschenfeinde zusammen.
  • Gibt es eine Möglichkeit Erfolge von Misserfolgen zu trennen, sodass man die Ausführung im Fall der Fälle anpassen kann?

PS: Einen sehr wichtigen Punkt habe ich vergessen

  • Wird ein Dialog mit dem Kritisierten ermöglicht?

Publizistischer Schwarzschimmel

In irgendeinem Kriegsfilm – eventuell war es „Good Morning, Vietnam“? – habe ich den Satz aufgeschnappt: „Military intelligence? Was für ein Widerspruch.“ Zugegeben: im Deutschen kommt der Witz nicht so gut heraus. Im Englischen heißt intelligence eben nicht nur „Intelligenz“ sondern auch „Geheimdienst“.

Aber keine Bange – ich habe einen deutschen Ausdruck gefunden, der dem flachen Wortwitz in jeder Hinsicht Paroli bieten kann. Gefunden habe ich ihn in der taz, die in einem Artikel die Denkungswelt eines Netzeitungs-Chefredakteurs vorstellt.

Neben dem neuen Layout, das wohltuend aufgeräumt daherkommt, hat das Chefredakteursduo am „bislang zu einseitigen und mitunter etwas drögen“ Themenmix geschraubt. Das neue Schlagwort lautet: intelligenter Boulevard. Das heißt weniger Politik, dafür mehr Sport und Vermischtes auf der Startseite.

Ich wiederhole diese absurde Wortkombination gerne nochmal: intelligenter Boulevard.

Wie sieht das wohl aus? Ich kann es mir nicht wirklich vorstellen. Die Synapsen meines Gehirns versuchen die Information zu verarbeiten, fördern aber nur Bilder zu Tage, die eines M.C. Escher würdig sind. Absurde Konstruktionen. Intelligent und Boulevard? Hat das barbusige Mädchen aus Seite 1 nun eine Brille auf? Der Penisbruch als Katharsis und nicht etwa als billige voyeuristische Attraktion?

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Ein Blick auf die Netzeitung belehrt mich – und er erklärt auch, warum ich die Seite in den letzten Monaten immer seltener aufrufe. Intelligenter Boulevard: das sind Besetzungs-Meldungen aus der Welt der Super-Models, Sprüche aus dem WM-Studio, die neuen Nachrichten aus einer abgestandenen Casting-Show und alberne Fotos von Politikern.

Ich könnte mir nichts Drögeres vorstellen.

PS: Stefan Niggemeier hat das taz-Interview auch gelesen, und lässt sich über Vor-Ort-Recherche, Chefredakteurs-Euphorie und Werbung bei der Netzeitung aus. Wer mehr über den intelligenten Boulevard erfahren will, erfährt am 13. Juni an der FU Berlin mehr.

On further notice: Avastar

Die Second-Life-Boulevardzeitung The Avastar ist immer noch kostenlos. Und hat Zuwachs bekommen: seit einigen Wochen gibt es auch eine deutsche Ausgabe. Kein eigenständiges Produkt, sondern eine Übersetzung.

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Ich glaube nicht, dass man den Avastar derzeit wirtschaftlich betreiben kann – zu viel kostenlose Konkurrenz, zu wenig Werbekunden. Wie schon angedeutet, muss dies allerdings auch nicht sein: Second Life ist ein interessantes Experiment und es bietet Chancen, neue Märkte kennenzulernen. Wie man sich in virtuellen Welten verhält und welche Fehler man machen kann.

So hat es Bild-T-Online-Vorstand auch vor einigen Wochen der Kollegin Silke Linneweber im Rheinischen Merkur bestätigt:: „Der ,Avastar‘ ist ideal, um hier Erfahrungen zu sammeln.“ Und im VISPD ist auch der Zeitrahmen des Projekts beschrieben: „Wir haben den Zeitraum für das Experiment bis Mitte 2007 festgelegt und werden am Ende dieser Zeit entscheiden, in welcher Form das Projekt weitergeführt wird.“

Vor ein paar Wochen hatte ich irgendwo ein Interview gelesen, wonach Springer bald doch Geld für den Avastar sehen will. Ich bin gespannt.

PS: In der Berliner Zeitung steht: „Demnächst werde das kostenpflichtige Abonnement getestet. Nach einem halben Jahr wolle der Verlag mal schauen, wie es so läuft.“

Investigative Gosse

Manche Leute haben wirklich keine Achtung vor Menschen, wenn es ums Geldverdienen geht. Und so benutzen manche Sender das Label „investigativ“, wenn es nur um Schmutz und Entwürdigung geht.

Ein Beispiel scheint mir Carl Monday zu sein, den ich durch diesen Clip der „Daily Show“ entdeckt habe. Ein junger Mann wurde beim Masturbieren in einer Bibliothek erwischt. Carl Monday konfrontiert ihn nicht nur vor einem Millionenpublikum, sondern geht auch die Familie so aggressiv an, bis der Vater handgreiflich wird. Und immer schön die Kamera drauf. Die Daily Show nahm das zum Anlass für einen kleinen Beitrag, indem die Methoden von Monday veralbert werden. Als Höhepunkt lauerte Jason Jones mit einem Kamerateam am Parkhaus auf Monday.

Die Geschichte um Carl Monday hat noch einen weiteren Dreh, denn als investigativer Reporter muss man heutzutage natürlich auch ein Weblog führen, und so berichtet Monday über die Konfrontation und kündigt anschließend sogar stolz den Ausstrahlungstermin an.

Remember, this is Comedy Central so don’t take it too seriously, folks.

(In den Blogruf-Kommentaren habe ich gelesen, dass ein Team von Friedrich Küppersbusch zu Zeiten von „Privatfernsehen“ das Gleiche einmal mit Monica Lierhaus durchgespielt hatte, als die bei Sat1 eine Boulevardsendung moderierte. Allerdings war diese Konfrontation wohl deutlich härter.)