Dreckschleuder Internet und Schweigekartell Berlin

Und wir müssen auch aufpassen, daß überhaupt noch Menschen bereit sind sich dieser Sache … auch im Internet, wenn sie da sehn, was alles über meine Frau alles verbreitet wird an Fantasien, dann kann ich nur sagen, da müssen wir doch auch sehen, dass die Menschen auch noch bereit sind sich der Öffentlichkeit zu stellen, in die Öffentlichkeit zu gehen, […]

In seinem Interview thematisierte Bundespräsident Christian Wulff die wilden Internet-Gerüchte, die sich um die Vergangenheit seiner Ehefrau gedreht hatten. Dieses Thema wurde in den letzten Tagen mehrfach thematisiert. Zum Beispiel schreibt Hans Leyendecker Heribert Prantl in der Süddeutschen:

Warum ist das anders geworden? Unter anderem deshalb, weil die Mediengesellschaft über viel mehr und größere Gebläse verfügt als die Gesellschaft vor 30 und 40 Jahren. Vielleicht auch deswegen, weil es den Amtsbonus immer weniger gibt, der selbst demjenigen Amtsinhaber eine Aura gab, der keine hatte. Diesen Bonus hat das Internet in einen Malus verwandelt, weil es dort eine besondere Lust daran gibt, aus Dreckkübeln, die in ausländischen Servern gefüllt werden, ungestraft auf Hass-Subjekte zu schütten. Wulff war und ist da eines der Opfer.

Dass es gar nicht die ausländischen Server waren, hat Alvar Freude in seinem Blog als Reaktion auf einen Cicero-Artikel mit ähnlicher Aussage schön herausgearbeitet:

Aber wie der Laie schon sieht, lautet schon die Top-Level-Domain .de. Sollte es ein Journalist tatsächlich nicht wissen, so kann er leicht recherchieren, dass .de-Domains grundsätzlich nicht anonym zu haben sind. Man kann problemlos gegen den Verantwortlichen vorgehen. Aber selbst wer nicht in der Lage ist dies zu recherchieren, sollte den Link „Impressum“ auf der Webseite finden. Das gleiche gilt für andere vom gleichen Autor gefüllte Webseiten.

Doch es geht noch weiter. Denn es waren nicht die Klowand-Beschreiber, die das Gerücht in die Welt setzten. So erschien am 15. Dezember dieser Artikel von Frankfurter-Rundschau-Journalist Holger Schmale:

Wenn Wulff nicht bald folge, so wurde in Berlin gemunkelt, könne das Blatt mit einer Geschichte über das Vorleben Bettina Wulffs aufwarten. Angeblich verfügt die Redaktion über Informationen, die bisher auf Weisung von ganz oben nicht gedruckt werden dürfen. Aus Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten. Man wird sehen, ob die wenigen Sätze aus dem Schloss Bellevue den Präsidentenjägern nun genügen.

Sprich: Die Gerüchte, die von den Dreckkübeln im Internet verbreitet wurden, kursierten schon drecklöffelweise in Journalistenkreisen. Und irgendwie hat man sie dann über Weihnachten komplett vergessen.

Dass der Anruf bei BILD-Chef Kai Diekmann mit einem solchen Hintergrund einen ganz anderen Hintergrund hätte, taucht in der Berichterstattung nicht auf. Dabei ist der Vorwurf beträchtlich: Ein Medium soll versucht haben den Bundespräsidenten mit gezielten Indiskretionen gefügig zu machen. Das klingt doch sehr nach News Of the World. Aber wir sind ja nicht in England, oder?

Ade, Sankt Oberholz?

Der Bundesgerichtshof hat heute prinzipiell die Haftung von Anschlussinhabern bejaht, wenn sie ihr WLAN fahrlässig Dritten zugänglich machen.

Ich bin schon sehr gespannt auf die genauen Urteilsgründe. Denn was die Karlsruher Richter sagen, kann durchaus auch nachhaltige Auswirkungen für die Betreiber bewusst offener Netzwerke haben, wie zum beispielsweise der überdachte Social-Media-Straßenstrich die Zentrale der Berliner digitalen Bohème namens Sankt Oberholz. Verschlüsseln muss sein, sagen die Richter. Muss man sich also auch am Rosenthaler Platz in Zukunft registrieren, einloggen, E-Person und T-Mobil-ID vorweisen, um WLAN zur Fritz Cola zu bekommen?

Ach ja: mit IPv6 wird das ganze Thema WLAN-Haftung noch sehr viel lustiger werden

YouTube unnötig

Die Berliner Polizei meldet:

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Berliner Hardware-Träume

Ich habe nie wirklich an der Existenz des WePad-Prototypen gezweifelt. Nur stellen die meisten Kollegen die falschen Frage: es geht nicht darum, ob das Pad mit dem iPad konkurrieren kann. Die eigentliche Frage ist, ob die ach so tolle Hardware noch vor dem Txtr Reader erscheint.

Dass ein absoluter Neuling in Sachen Hardware Apple den Rang abläuft, ist schlichtweg nicht zu erwarten. Wie wir beim Txtr Reader gesehen haben – den es ein halbes Jahr nach dem verschobenen Erscheinungstermin immer noch nicht zu kaufen gibt – sind Verzögerungen zu erwarten – und die erste Revision einer solchen Hardware hat in der Regel eine Menge Kinderkrankheiten. Bis das WePad tatsächlich marktreif ist, wird das iPad vielleicht schon ein Jahr zu kaufen sein. Der Markt für diese Halb-Computer könnte dann bereits gesättigt sein, auf alle Fälle werden sich aber schon weitere Hardware-Produzenten dem Pad-Konzept gewidmet haben. Als ein Angebot von vielen wird das WePad dann wohl kaum als Grundlage für eine völlig neue Allianz der Content-Anbieter taugen.

Die eigentlich spannende Frage ist, ob ein etablierter Anbieter wie Google ein Konkurrenzangebot zum iTunes Store schaffen wird. Die deutschen Verleger warten ja bereits darauf.

Street! Art?

Da im überdachten Teil Berlins Kunst und Kultur so überaus spärlich gesät sind, haben die Berliner Blogger – also die Zugereisten aus Schwaben und dem Rheinland – die „Street Art“ entdeckt, die sie mit ihren iPhones und Blackberries fotografieren und mit der sie schrecklich angeben.

Nun: in der Internethauptstadt Köln haben wir auch Straßen!

Ob das Kunst ist – keine Ahnung… Aber Straßen haben wir!

Spießer 2.0

Ja, ich habe ZwoNull gesagt. Aus purer Absicht!

Grade habe ich in den Wirrungen von TCP/IP eine merkwürdige Nachricht vernommen:

fuck me now, love me later:… also manchmal haben die Berliner ja schon merkwuerdige Partynamen

Wie wunderbar revolutionär. Sex und Emotionen. Vorehelicher Geschlechtsverkehr. In der Volkstümlichen Hitparade ist dies auch bekannt. Da trällern die Stimmbandamateure dann einfach nur „Dieeeee-se Naaaa-acht“ – möglichst 20 Mal hintereinander.

Wer wirklich schockierende Partynamen ausprobieren will, sollte vielleicht mal „Buletten ohne Senf“ ausprobieren. Das wäre ein wirklich neues Konzept, was den Spießern – und allen anderes – richtig auf den Magen schlagen könnte.

Hauptstadt des Atheismus

Die Leute von „Pro Reli“ lecken sich die Wunden. In der Tagesschau konnte ich eben einen Sprecher hören, der ernüchtertfreut verkündete, dass die Berliner wegen des gescheiterten Volksbegehrens immerhin intensiv über Religion diskutiert haben. Ein Erfolg – schließlich sei Berlin ja als „Hauptstadt des Atheismus“ bekannt.

Spannend. Diese Bezeichnung habe ich noch nie gehört. Und auch Google kann mir da nicht weiterhelfen, wenn ich die Berichte über „Pro Reli“ und ein paar Irrläufer ignoriere. Kann es sein, dass alleine „Pro Reli“ Berlin diesen wenig schmeichelhaften Titel an Berlin verliehen hat?

PS: Die Antwort auf die letzte Frage lautet: nein. Der Begriff wurde zwar nicht gerade oft verwendet, existierte aber schon lange vor „Pro Reli“. So schrieb die Berliner Morgenpost am 7. Februar 2000:

Ein gutes Omen dafür, dass es mit der Kirche in der „Hauptstadt des Atheismus“ (Landesbischof Wolfgang Huber) wieder bergauf geht, wird sie begleiten: Jahrzehntelang wurden von der Georgenkirchstraße Missionare ausgesandt, um Menschen in Afrika und Asien zum Glauben zu bekehren.

Wolfgang Huber widerum ist einer der eifrigsten Aktivisten in Sachen Pro Reli. Es bleibt also in der Familie.

Der Flix

Ich beginne fast jeden Morgen mit Webcomics. Es ist schön, wenn man etwas zu lachen hat, bevor man sich durch To-Do-Listen und Spam-Berge zu kämpfen hat. Und besonders schön ist, wenn man dabei etwas zum Nachdenken bekommt.

Ein besonders schönes Exemplar ist der Flix, der wunderbar pointiert aus seinem Leben erzählt: über die deutsche Sprache, Begegnungen auf der Straße, die kleinen Berlin-Momente. Und das jeden Tag.

Ganz besonders toll finde ich aber die Serie, die er für den Tagesspiegel gemacht hat, um über die DDR zu erzählen: 26 Folgen mit Lebensgeschichten rund um die DDR. Und dabei sogar mir als Halb-Saarländer dieses ferne Land doch bedeutend näher bringt.

Baut Barrikaden aus brennenden BMWs

Als ich zuerst gelesen habe, dass ein BMW-Farer seine Uralt-Karre aus Protest gegen die Spritpreise verbrannt hat, dachte ich an eine virale Marketing-Aktion. Beim Interview stellt sich das jedoch anders dar:

FOCUS Online: Etwas muss in Ihrer Planung aber wohl schief gelaufen sein. Es hieß, ursprünglich wollten Sie die Aktion in Berlin machen?

Neugebauer: Richtig. Vor dem Brandenburger Tor. Auf der linken Seite ist ein freier Platz. Ich bin aber dummerweise auf der A66 in die falsche Richtung abgebogen und nach Frankfurt gefahren. Da habe ich kurzfristig umdisponiert.

Und dann nicht mal die Rechte an RTL verkauft.

Ich hab ne Expo in Berlin

Bei der Web 2.0 Expo in Berlin vor einem halben Jahr hatte sich O’Reilly eigentlich eine blutige Nase geholt: falsche Lokalität, mangelnder Kaffee-Nachschub, unkritische Produkt-Shows – die Veranstalter bekamen sehr deutlich den Unwillen des Publikums zu spüren. So deutlich, dass die Moderatoren am Ende fragten, in welche andere Stadt denn die Expo beim nächsten Mal kommen sollte. IIRC standen Amsterdam und Madrid ganz oben auf der Liste des Publikums.

Doch entweder waren die anderen Städte zu teuer – oder Berlin hat doch einen gewisses Flair. Die Expo kommt zurück – doch diesmal nicht in die abgelegene Berliner Messer, sondern ins BCC.