Kommando 25. Oktober

Es war ein brisantes Schreiben, das am Mittwoch in der Zentrale der Deutschen Bank eintraf: Ein unscheinbarer DIN-A-5-Umschlag, der direkt an den Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann adressiert war. Doch den Mitarbeitern der Poststelle fiel die Brisanz des Schreibens auf. Ihnen war der Absender des Schreibens aufgefallen: die deutsche Finanzaufsicht BaFin.

Am Donnerstag bestätigte die Frankfurter Staatsanwältin Doris Meier-Scheu: „Das war eine Konstruktion, die wohl funktioniert hätte“ – auch wenn es sich nicht um eine gewerblich-professionelle oder gar militärische Bombe gehandelt habe. „Man muss dafür keine Sprengmeister-Ausbildung haben, aber es ist auch nicht so, dass sie jeder bauen könnte“, sagte ein Sprecher des LKA. Der Inhalt des Schreiben hätte bei demjenigen, der den Brief öffnet, „ernsthafte Verletzungen an Bilanz und Konten“ verursachen können.

Die betriebs-volkswirtschaftliche Bombe war ein krudes Konstrukt, wäre aber wirksam gewesen. Hätte Ackermann das Schreiben geöffnet, hätte die Deutsche Bank auf dem schnellsten Wege 3,1 Milliarden Euro beschaffen müssen. Die anarchistischen Absender hatten sich in den vergangenen Jahren unbefugt Zugang zu Ackermanns Hirn verschafft und hatten den heute 63-jährigen dazu gebracht, eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent zu propagieren.

Nachdem Spezialisten des Bundesfinanzministeriums alarmiert wurden, konnte die Bombe schnell neutralisiert werden: Der Brief wurde von Spezialisten außerhalb der Zentrale der Deutschen Bank isoliert zur Explosion gebracht. Schließlich bekannte sich die bekannte fiskal-terroristisch-anarchistische BaFin zu dem Anschlag. In einem Schreiben war die Rede von „drei notwendigen Kapitalerhöhungen gegen Banken, Bankiers, Zecken und Blutsauger“. Die Ermittler befürchten daher, dass noch zwei weitere Schreiben verschickt worden sein könnten. Der Briefkasten der Commerzbank wurde unter notarieller Aufsicht von Beamten der GSG-9 versiegelt.

Infrastruktur zählt

Unter der Überschrift Mein armes Amerika hat die Journalistin Jana Simon ihre Erfahrungen in Los Angeles aufgeschrieben — es ist eine schonungslose Abrechnung mit dem „American dream“ und dem scheibar grenzenlosen Narzissmus von L.A. Ich bleib an einer Stelle hängen, die viellen wahrscheinlich als eher unspektakulär erscheint:

Wir haben Kontoauszüge, Arbeitsverträge und Gehaltszahlungen vorgelegt, aber wir haben keine Schulden und sind deshalb aus amerikanischer Sicht nicht vertrauenswürdig. Nur diejenigen, die beweisen können, dass sie ihre Schulden regelmäßig abbezahlen, sind gute Mieter. Wir sind schlimmer als schlechte Schuldner. Wir sind nichts, ohne Kredit, unbeschriebene Blätter. Also müssen wir 100 Dollar mehr Miete im Monat zahlen und die höchstmögliche Kaution hinterlegen. Es ist nicht möglich, die Miete zu überweisen. Bar können wir sie aber auch nicht bezahlen, Andrea darf kein Bargeld annehmen.
[…]
Die Energierechnung muss ich alle zwei Monate leibhaftig im Gas and Power Building in der Hope Street begleichen. Dort warte ich mit vielen Latinos in einer Reihe und zahle bar. Ich komme mir vor wie in einem längst vergangenen Jahrhundert. Das viel beschriebene US-Dienstleistungsparadies kann ich nicht finden, im Gegenteil, alles dauert unheimlich lange und ist erstaunlich kompliziert.

Für mich zeigt diese Beobachtung sehr schön, was in der ganzen Diskussion um Finanzkrise und Globalisierungskritik zu kurz kommt. Die USA haben ein Finanz- und Zahlungssystem, das (fast) alleine vom Markt gebildet wurde. Und es ist furchtbar, kaputt, eigentlich unvorstellbar. In so einem Markt kann PayPal trotz aller Zumutungen und Unverschämtheiten florieren, in so einem Markt ziehen Leute einfach weg, wenn sie ihre Schulden nicht bezahlen können und fangen irgendwo ein neues Leben an. Im Normalbetrieb verschlingt das System und die daraus resultierende Mentalität jedes Jahr viele Milliarden, in der derzeitigen Krise hingegen Billionen Dollar.

Ein wichtiger Punkt, um die Auswüchse zu unterbinden, sind daher funktionierende Infrastrukturen. Ein Zahlungssystem, bei der sich der Empfänger darauf verlassen kann, dass das Geld am nächsten Werktag gutgeschrieben wird, ist aufwändig und teuer. Aber es spart auf die lange Sicht so viel Geld und Unsicherheit, dass man das kaum abschätzen kann. Und ein kastriertes Steuersystem, dass Besserverdienende ausspart, führt direkt in den Abgrund.

Prophet Sodann

Peter Sodann hat keine Chance auf das Bundespräsidentenamt. Das weiß er, das wissen wir. Seine Aufgabe: Er soll für Stimmung sorgen. Ein paar realitätsferne Vorschläge, die an den Grundlagen der Gesellschaft rütteln – sofern sie denn jemand ernst nähme. Wir kennen das ja. Und so poltert er in Stammtischmanier gleich los, Ackermann gehört doch verhaftet. Jawohl!

Unverhoffte Unterstützung könnte er bekommen. Denn das FBI verschiebt grade mal wieder seinen Fokus:

The Federal Bureau of Investigation is struggling to find enough agents and resources to investigate criminal wrongdoing tied to the country’s economic crisis, according to current and former bureau officials.

The bureau slashed its criminal investigative work force to expand its national security role after the Sept. 11 attacks, shifting more than 1,800 agents, or nearly one-third of all agents in criminal programs, to terrorism and intelligence duties. Current and former officials say the cutbacks have left the bureau seriously exposed in investigating areas like white-collar crime, which has taken on urgent importance in recent weeks because of the nation’s economic woes.

The pressure on the F.B.I. has recently increased with the disclosure of criminal investigations into some of the largest players in the financial collapse, including Fannie Mae and Freddie Mac. The F.B.I. is planning to double the number of agents working financial crimes by reassigning several hundred agents amid a mood of national alarm.

Eine spannende Entwicklung: Die US-Regierung zieht Drittel verwandelt ein Drittel der Bundespolizei in einen Geheimdienst, der nur noch dann der Verfassung und dem Rechtsstaat verpflichtet ist, solange niemand „Terrorismus“ ruft. Und nun werden siese Leute auf die Jagd geschickt nach Kriminellen Maipulatoren.

Besonders diese Zitat stimmt bedenklich:

“To fix our system and prevent a repeat of the events we now see,” they wrote in a letter this month to Robert S. Mueller III, the F.B.I. director, “we have got to set an example by bringing the full might of federal law enforcement against the people who illegally profited or destroyed companies at the expense of our country.”

Es geht nicht um Kriminalität und Recht, es geht um nationale Interessen. Und da fallen ja bekanntlich viele Schranken.

Herr Ackermann muss sich keine Gedanken machen, in Guantanamo aufzuwachen. Wenn die Agenten jedoch die gleichen Methoden anwenden wie bei ihren Terrorermittlungen, dürften auf die Deutsche Bank ein paar sehr merkwürdige Geschäftsvorschläge zukommen. Und den Blackberries würde ich an ihrer Stelle nicht allzu viel Vertrauen schenken.