Stupidity is not enough

In Sachen Wikileaks.de habe ich bisher einfache Verpeiltheit des Domaininhabers als wahrscheinliche Ursache für die vermeintliche Sperre der Domains vermutet. Ein Schreiben eines Providers kann schnell verloren gehen – besonders wenn man zwei Wohnsitze hat. Ich lag falsch.

In einer neuen Presseerklärung zeichnet Wikileaks ein anderes Bild:

Um die Ungleichheit der Anforderungen fuer den BND gegenueber einer normalen Registrierung zu testen, stellte der Wikileaks.de Inhaber, Theodor Reppe, einen Antrag zum Transfer der BND.de Domain bei seinem DeNIC-Mitglieds „Beasts Associated“ in Hamburg, ueber den auch die Wikileaks.de Domain registriert war.

Wie zu erwarten wurde dem Antrag direkt widersprochen.

„Sehr geehrter Herr Reppe,

Sie haben die Domain bnd.de per Transfer angefordert. Es handelt sich hierbei – unschwer zu erkennen – um die Domain des Bundesnachrichtendienstes.

Da es sich hierbei um eine bedeutende Domain handelt, bitten wir Sie umgehend das entsprechende Transfer-Fax und OwnerChange-Formular an uns zu senden.

Bis zu Klärung dieses Vorfalls haben wir Ihren Account gesperrt.

Mit freundlichen Grüßen

Daniel Teixeira“

Allerdings versuchte der Registrar auch direkt das Vertragsverhaeltnis fuer alle von Herrn Reppe registrierten Domains aufgrund von „Vertragsbruch“ aufzuloesen.

Wenn ein Kunde in vollem Bewusstsein – höchstwahrscheinlich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen – fremde Domains zu übernehmen versucht und damit seinen Provider in ernste Probleme bringen könnte, dann ist eine fristgerechte Kündigung mehr als gerechtfertigt. Wenn der Kunde nach der Löschung seiner Domains bei Presseanfragen behauptet, er wisse von nichts, dann ist das keine Verpeiltheit mehr. Er wusste etwas Substantielles. Dabei mag er sich in der verbliebenen Laufzeit getäuscht haben. Dass er die Kündigung aber ganz verschwieg, spricht gegen seine Glaubwürdigkeit – wie viele andere Details auch.

Dass der Provider telefonisch den Weiterbetrieb der Domains bis Ende des Jahres versprochen haben soll, obwohl er den Vertrag zum 31. März schriftlich gekündigt hatte, halte ich auch für höchst unwahrscheinlich. Viel wahrscheinlicher ist, dass der Provider den Account entsperrte und die Weiterführung der Domains bis Ende der Vertragslaufzeit versprach, was ja offenbar auch eingehalten wurde.

PS: Es ist beeindruckend, wie sehr sich Menschen eigentlich klaren Sachverhalten widersetzen. Nein, ein KK-Antrag auf eine existierende fremde Domain ist nicht Denic-konform, auch wenn jemand im Heise-Forum das glaubt. Das wird auch aus jedem KK-Antragsformular auf den ersten Blick ersichtlich. Und nein, der BND ist in der Sache offensichtlich nicht tätig geworden, da der Provider den KK-Antrag gar nicht weitergeleitet hat.

Im Zweifel: Dummheit

Ein Grundsatz, nach dem ich mich meist richte ist: Bevor man Böswilligkeit unterstellt, sollte man Missverständnisse, Verpeiltheit und allgemeine Dummheit ausschließen. Oft entpuppen sich vermeintliche Skandal-Stories als Luftnummern.

Was ich nicht wusste – der Grundsatz hat einen Namen: Halon’s Razor.

Die armen Kollegen von der FAS

Nadine Oberhuber hat für die FAS einen „ehrlichen Blick ins Postfach“ geworfen. Also: das elektronische Postfach. Im Büro.

Insgesamt fing sich mein Postfach 11,4 Megabyte Daten ein. 15 Megabyte verkraftet es. Sobald ich also einen Tag unterwegs bin, ohne zu löschen, platzt es.

Eine Inbox mit lausigen 15 Megabyte Platz? Ehrlich? Im Jahr 2009? Das Äquivalent wäre ein Schreibtisch, der nur 15 Zentimeter breit ist. Und ein Phonograph als Diktiergerät.

The Geschäftsführer who should not be named

Neuer PR-Erfolg für Tobias Huch: Viele Medien berichten über seine neu entdeckte Sicherheitslücke, die – nicht nur in meinen Augen kein Skandal ist.

Sogar die dpa springt auf den Zug auf. Einen kleinen Dämpfer bekommt das Ego-Marketing allerdings – der Name Tobias Huch wird in der Meldung nicht erwähnt:

Der Geschäftsführer einer Firma aus Rheinland-Pfalz hatte von einem angeblichen «neuen Telekom-Datenskandal» berichtet.

Wenn Gamer politisch werden

Nach dem Kinderporno-Verglich von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, schlagen die Gamer-Funktionäre erbittert zurück.

Der ESB erbittet vom Bayerischen Innenminister eine deutliche Entschuldigung Solange dieses nicht geschieht fordert der ESB seine Mitglieder auf, deutliche politische Signale gegen die CSU zu setzen“ , so Sliwka abschließend.

Ob die CSU diesem gewaltigen politischen Druck standhalten kann? An lustigen Ideen scheint es ja nicht zu mangeln.

Das Jahr des Desktop-Linux

Wikipedia wertet Besucherzugriffe aus und stellt lustige Statistiken zusammen. Dass Linux an dritter Stelle steht, ist kaum überraschend. Peinlich hingegen ist der Vergleich zum Viertplatzierten:

wiki-stat-os

On further news: 17.62% der Abfragen kommen immer noch von dem Microsoft Internet Explorer 6.0.

Wie viele Phantome gibt es noch?

Das blame game zu den DNA-Wattestäbchen hat begonnen – Hersteller und Behörden schieben sich gegenseiti. die Schuld zu. Dabei gäbe es viel wichtigere Fragen. So meldet der SWR:

Erst am Freitag hatte der Hersteller bei einer Pressekonferenz gesagt, dass seine Wattestäbchen nicht für polizeiliche Ermittlungen geeignet seien. Dies sei auch in der Gebrauchsanweisung eindeutig so beschrieben. Ein Kriminaltechniker des Landeskriminalamtes in Stuttgart hatte erklärt, es sei noch nicht klar, ob es überhaupt DNA-freie Wattestäbchen auf dem Markt gebe.

Wenn es keine DNA-freien Stäbchen gibt und die Behörden sich offensichtlich nicht genügend abgesichert haben – dann ist das Phantom von Heilbronn wohl nur die Spitze des Eisbergs. Wie viele Kriminalfälle hängen an DNA-Beweisen? Wie oft passte der DNA-Beweis nicht wirklich zum Tatablauf – und wem glauben Ermittler, Staatsanwälte und Richter dann?

Mehr Daten für Daten-Versager

Die Blamage der Polizeit ist riesig: ein lange gesuchtes Phantom entpuppt sich so langsam als Verunreinigung während der Beweissicherung. Wie viel Zeit und geld die Ermittler investiert haben, wie viele Gewalttäter deshalb noch in Freiheit sind – man kann nur spekulieren. Schon dieser eine Fall hat astonomische Ausmaße – und wer sagt, dass es der einzige ist? Unverzagt präsentiert Polizei-Funktionär Bernd Carstensen schon eine Lösung.

Als Reaktion auf die mögliche Verunreinigung der DNA-Probe zum „Phantom von Heilbronn“ forderte der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) Konsequenzen. Es solle eine Art Gütesiegel eingeführt werden, um die Möglichkeit von Falschanalysen wegen Verunreinigungen auszuschließen. „Die Hersteller sollten den Packungen DNA-Merkmale der beteiligten Mitarbeiter als Code beilegen“, sagte BDK-Sprecher Bernd Carstensen den „Stuttgarter Nachrichten“ zufolge, „damit könnte diese Spur gleich ausgeschlossen werden.“

Ganz abgesehen davon, dass man nicht genau weiß an welcher Stelle die Verunreinigung zu Stande gekommen sein mag – es scheint immer nur eine Lösung zu geben: der Staat braucht noch mehr Daten.

Bei Zeit Online findet sich hingegen die Einschätzung eines Kriminalbiologen, der sich tatsächlich mit diesen Tests auskennt:

ZEIT ONLINE: Wieso ist es niemandem aufgefallen, dass die Wattestäbchen möglicherweise schon vorher kontaminiert waren?

Benecke: Mir ist das absolut rätselhaft. Wenn wir Spuren am Tatort abreiben, kommt das Stäbchen sofort zurück in die Hülle oder die Probe wird getrocknet. Dann nehmen wir grundsätzlich und ohne jede Ausnahme ein zweites unbenutztes und verpacktes Wattestäbchen und machen auch davon einen genetischen Fingerabdruck zum Vergleich mit der abgeriebenen Probe. Ich habe es noch nie erlebt, das diese Blindprobe nicht gemacht wird. Das ist das erste, was jeder in diesem Beruf lernt. Und spätestens da muss auffallen, dass etwas nicht stimmt.

Merkbefreiungen in Serie

Heute abend kam die Meldung, dass die Intel Friday Game Night abgesagt wurde – ein E-Sport-Wettbewerb, bei dem unter anderem Counter-Strike gespielt wird. Doch kaum liest man sich ein, möchte man rundum Merkbefreiungen verteilen.

Zum Beispiel dieser Bericht des SWR:

Teams der bundesweiten Liga für Computerspiele wollten in der Liederhalle gegeneinander antreten. Trotz Bitten der Stadt waren die Veranstalter der „Intel Friday Night Game“ offenbar nicht bereit, andere Spiele zu verwenden.

Dieses vermeintliche Angebot kommt einer Absage gleich. Man könnte ebenso ein Fußballspiel zulassen, wenn – so als kleine Änderung im Ablauf – kein Ball im Stadion erlaubt ist. Oder Fußball-Mannschaften Eishockey spielen lassen.

Richtig schmerzhaft ist jedoch die Einleitung des Artikels:

Angesichts der Ereignisse von Winnenden hat die Stadt Stuttgart eine für Freitag geplante Computerspiele-Nacht abgesagt. Dort sollten unter anderem auch die als Killerspiele kritisierten „Counter Strike“ und „Warcraft“ gespielt werden.

Warcraft gehört zu den Spielen bei den Intel Friday Night Games. Aber wer hätte „Warcraft“ je als „Killerspiel“ bezeichnet? Das Spiel ist ab 12 Jahre zugelassen, es ist so blutrünstig wie Age Of Empires.

Bevor man aber allzu viel Sympathie mit den zu Unrecht diskriminierten Computerspielern bekommen kann, schlagen die Pubertären zu. Unter einer bemerkenswert neutralen Meldung bei Readmore und einer ganzen Reihe von besonnenen Rückmeldungen findet sich dieser Kommentar:

readmorecomment

PS: Nach einer Mail von mir hat der SWR das Spiel „Warcraft“ kommentarlos aus der Meldung entfernt.