Wenn Amerikaner Telepolis lesen

Die Feiertage geben einem Gelegenheit Abstand zu nehmen. Manche nehmen frei vom Netz – ich hingegen habe das Egogoogeln auf die Spitze getrieben. Statt einfach nur zu schauen, was die Websuche über mich so zu Tage fördert, habe ich auch die Google-Büchersuche mit meinem Namen gefüttert. Und wurde fündig.

Im Buch „Terrorism For Self-Glorification: The Herostratos Syndrome“ von Albert Borowitz wird ein alter Telepolis-Artikel von mir ausführlich referiert. Unter der Überschrift Wieviel Osama darf’s sein hatte ich damals über den Medien-Bohei um Osama Bin Laden berichtet. Damals war der Terroristenführer beinahe zur Person des Jahres des Time Magazine gewählt worden – und nun gab es aufgeregte Debatten ob so etwas denn sein dürfte: dass Verbrecher und Terroristen zu Medien-Ruhm kommen. Um dem Ganzen etwas Perspektive zu geben zog ich eine Parallele zu Herostratos der seinen Namen mit einer Brandstiftung in die Geschichtsbücher brachte.

Die Parallele zog Borowitz auch und fand wohl über Google meinen Artikel, den er mehr schlecht als recht übersetzen liess – wahrscheinlich maschinell. Das Ergebnis: der Autor kann nicht zwischen den wütenden Medien-Reaktionen und meinem eigenen Kommentar unterscheiden. Das liest sich dann so:

While Russian editors differed concerning the wisdom of news restraints, a German journalist inveighed against the heroization of terrorists. Torsten Kleinz’s recollection of the acient ban on Herostratos’s name was wakened in December 2001, when Time nominated Osama Bin Laden as Person Of The Year.

Ich wusste gar nicht, dass ich so wütend war.

Das LKA ermittelt auch über die Feiertage

Der Verein Anatolischer Aleviten fühlen sich vom gestrigen Tatort beleidigt. Ob sie dazu Grund hatten, weiß ich nicht: der Tatort war dermaßen schlecht, dass ich nach einer halben Stunde abgeschaltet habe. Ich bezweifle jedoch ernsthaft, dass im biederen Tatort auch nur ansatzweise Volksverhetzung stattfand.

Interessant finde ich die bei Spiegel Online genannte Begründung für die Strafanzeige:

Mit dem Strafantrag will die Gemeinde gegen die Ausstrahlung der Tatort-Folge „Wem Ehre gebührt“ protestieren. Kommissare im Einsatz: Die Tatort-Folge des NDR dreht sich um eine alevitische Familie In dem TV-Krimi, den die ARD gestern Abend gesendet hatte, war es um Inzest in einer alevitischen Familie gegangen. Die Aleviten sind eine schiitische Religionsgemeinschaft. Weil über die Feiertage hinweg keine zivilrechtliche Entscheidung möglich gewesen sei, sei nun vom Berliner Verein Anatolischer Aleviten im Auftrag der Alevitischen Gemeinde Deutschland Strafantrag gestellt worden – das Landeskriminalamt ermittelt.

Die Strafanzeige ist demnach nicht als solche gemeint, sondern wurde nur eingereicht um in die Schlagzeilen zu kommen oder einen zivilrechtlichem Prozess vorwegzunehmen. Da will ich doch einfach mal Paragraph 164 des Strafgesetzbuches zitieren:

(1) Wer einen anderen bei einer Behörde oder einem zur Entgegennahme von Anzeigen zuständigen Amtsträger oder militärischen Vorgesetzten oder öffentlich wider besseres Wissen einer rechtswidrigen Tat oder der Verletzung einer Dienstpflicht in der Absicht verdächtigt, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer in gleicher Absicht bei einer der in Absatz 1 bezeichneten Stellen oder öffentlich über einen anderen wider besseres Wissen eine sonstige Behauptung tatsächlicher Art aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder andere behördliche Maßnahmen gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.

StudiVZ: Anwälte gehen, Nutzer bleiben

Netzökonom Holger Schmitz berichtet bei der FAZ berichtet über die Konsequenzen des AGB-Desasters bei StudiVZ:

Das Studentennetzwerk StudiVZ hat der Kanzlei, welche die umstrittene Neufassung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Studentengemeinschaft formuliert hat, das Mandat entzogen. „Die juristischen Texte waren in entscheidenden Details nicht sauber formuliert. Deshalb haben wir uns von der Kanzlei getrennt“, sagte der StudiVZ-Geschäftsführer Marcus Riecke, ohne jedoch den Namen der Kanzlei zu verraten

Schmitz nennt auch einige Zahlen:

Als der Protest am Freitag vor einer Woche laut wurde, haben sich 10000 Nutzer abgemeldet. Die Zahl der Abmeldungen sei aber inzwischen auf das Normalmaß gesunken und StudiVZ wachse inzwischen wieder stark, sagte Riecke.

10000 Abmeldungen sind gerade Mal ein Viertel Prozent. 2,5 Promille sind zwar viel am Steuer, in allen anderen Kotexten würde man das als „kaum spürbar“ bezeichnen. Wirklich interessant wird wohl sein, wieviele Accounts sich nicht aus Protest zurückziehen, sondern schlichtweg ausgeschlossen werden, weil sie StudiVZ schon lange nicht mehr aktiv nutzen. Und selbst wenn diese Leute rausfallen, dürfte die Datenqualität für Werbetreibende nicht allzu verführerisch sein. Fake- und Jux-Accounts sind zwar verboten, aber wohl sehr gebräuchlich.

Knapp eine Million der rund vier Millionen Mitglieder des Netzwerkes haben die neuen Geschäftsbedingungen inzwischen akzpetiert. „Weniger als 1 Prozent haben von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die zielgerichtete Werbung auszuschließen“, sagte Riecke.

Warum sagt Herr Riecke das? Das ist ein eindeutiges Argument für Datenschützer, die das Vorgehen von StudiVZ kritisieren. Wie hier zu lesen ist hat StudiVZ diese Privatsphären-Einstellungen so versteckt, dass sie von niemandem zufällig gefunden werden.

DPA entdeckt Privatkopie

Nachdem mein Hilfsaufruf keinerlei Widerhall fand, ist die DPA selbst tätig geworden. Bisher prangte neben Meldungen zum Urheberrecht immer wieder nur ein Symbolbild: ein e CD mit der Aufschrift „Raubkopie“ wird in einen Computer eingelegt. Nun ist ein neues Symbolbild dazugekommen: Eine CD mit der fetten Aufschrift: „PRIVATKOPIE“, im Hintergrund sieht man eine Original-CD von „King Of Lions“.

Jugendschutz andersherum

In der taz gibt es einen sehr lesenswerten Artikel über die Kleinstadt Dissen. Dort war man auf die Idee gekommen, Jugendliche mit einem Störton-Generator. von einem Spielplatz zu vertreiben.

Markus Achermann ist Vertriebsleiter bei Arcawa, der Schweizer Firma, die Mosquito in Österreich, der Schweiz und seit diesem Jahr in Deutschland vertreibt. Er ist nett am Telefon, und wenn man ihm glauben darf, verbringen seine Mitarbeiter viel Zeit damit, Privatleute davon zu überzeugen, dass es keine gute Idee ist, Kinder vom Nachbarspielplatz mit Mosquito in die Flucht zu schlagen. „Und wenn sie hören, dass das Gerät 750 Euro kostet und man einen Installateur braucht, bricht die Nachfrage schnell zusammen.“ Dann muss Markus Achermann nicht mal darauf hinweisen, dass man nur sein eigenes Grundstück beschallen darf. Die Leute rufen immer dann an, wenn etwas in den Zeitungen über den Mosquito steht, es spielt dabei keine Rolle, ob es ein Artikel ist, der nahe legt, dass der Mosquito keine gute Lösung ist.

Markus Achermann will keine genauen Verkaufszahlen nennen. Die Herstellerfirma hat diverse Expertisen eingeholt, die die gesundheitliche Unbedenklichkeit bestätigen sollen. Sie hat sogar bei einem Rechtsanwaltsbüro in Cambridge prüfen lassen, ob die Grundrechte dadurch eingeschränkt würden. Die Anwälte kamen zu dem Schluss, dass das Recht auf Versammlungsfreiheit nicht „das Recht von Teenagern einschließt, sich ohne bestimmtes Ziel zu versammeln.

Mit Technik soziale Probleme lösen? Nicht so einfach.

Dreckige Captchas

Eine Meldung schwappt grade von unseren französischen Nachbarn rüber. Ein marokkanischer Kunde eines französischen Internet-Unternehmens bekam per Brief ein Passwort zugeteilt, dass übersetzt „schmutziger Araber“ heißt. Und weiter in der Meldung.

Die France-Télécom-Tochter Orange sprach von einem „untragbaren Vorfall“. Passwörter würden normalerweise per Computer zufällig erstellt, sagte eine Sprecherin. Dass dabei ein Schimpfwort entstanden sei, sei praktisch ausgeschlossen. Das Unternehmen werde prüfen, ob ein Mitarbeiter dem Kunden vorsätzlich den rassistischen Zugangscode zugewiesen habe. Falls dies der Fall sei, drohten dem Beschäftigten Disziplinarmaßnahmen bis zur Entlassung.

Praktisch ausgeschlossen? Nicht unbedingt.. Denn bei vielen Services werden die Passwörter zwar zufällig gebildet, damit das Ganze aber einfacher lesbar als „123hjbjeklQehx312hxk3jh“ ist, verwenden die Paswortgeneratoren Wortbruchstücke, die sie zufällig aneinanderfügen.

So sehen zum Beispiel die Captcha-Abfragen in der Wikipedia aus:

Wikipedia-Captcha

Wir sehen das Wort „alertkeep„. Steckt darin eine versteckte Botschaft? Womöglich ein Plan der US-Behörde für Homeland Security? Wohl kaum.

Das ist natürlich pure Spekulation. Ich halte diese oder eine ähnliche Erklärung aber viel wahrscheinlicher als die Story von einem ein Mitarbeiter, der in die Passworterstellung eingreift. Dieser Prozess muss schon sehr merkwürdig gestaltet sein, damit das möglich ist. Und wo wäre die Motivation? Aber bis eine solche Erklärung bei der Pressestelle von Orange ankommt, ist die Meldung schon durch die gesamte Presse gewandert.

PS: Ein ähnlicher Fall.

Apothekenlatein

Apothekenlatein

Köln ist schon eine internationale Stadt. In einer Apotheke hier um die Ecke werden sogar Altrömer oder Vatikanoffizielle im vertrauten Latein bedient. Was heißt wohl „Hühneraugenpflaster“ auf Latein?