Die Debatte zur Trump-Präsidentschaft ist wichtig, aber oftmals erstaunlich flach. Ein Versuch einer FAQ.
Wird der Recount das Wahlergebnis ändern?
Wahrscheinlich nein. Kein öffentlich bekannter Fakt spricht dafür. Die vermeintlichen Unregelmäßigkeiten sind ohne Sabotage zu erklären.
Werden die Deligierten im Electoral College Trump verhindern?
Das ist ebenso unwahrscheinlich.
Bricht Clinton nicht das Versprechen, das Wahlergebnis anzuerkennen?
Who cares?
Wie konnte Trump fast 62 Millionen US-Bürger Wähler überzeugen?
Romney hatte nur eine Million Stimmen weniger. Und meist waren es die gleichen Leute.
Ist Hillary schuld am Sieg von Trump?
Ja.
Ist die republikanische Partei schuld am Sieg von Trump?
Klar.
Ist Gary Johnson schuld?
Unbedingt.
Ist Bernie Sanders schuld?
Ja-ha! Sind Sie schwer von Begriff?
Hey, ich stelle hier die Fragen. Und es gibt keinen Grund beleidigend zu werden.
Um es in den Worten von Bernie zu sagen: Let me just say this… Die Wahl ging in einigen Swing-States so knapp aus, dass man quasi jedem die Schuld daran geben kann. Hätte Obama einen anderen FBI-Chef ernannt, hätte Hillary Clinton keinen eigenen E-Mail-Server genutzt, hätte Jeb Bush sich für einen geeigneteren Kandidaten eingesetzt, statt für eine Bush-Dynastie, hätte Jon Stewart sich nicht auf seine Farm zurückgezogen… Hätte, hätte, Fahrradkette.
Haben „wir“ Liberalen Trump zum Präsidenten gemacht, weil wir einfach zu politisch korrekt sind?
Get over yourself. Die Trump-Wähler haben großteils nie etwas von den Debatten von „uns“ jenseits des Atlantiks gehört, die wenigsten betreiben vergleichende Textanalyse mit der New York Times. Wenn alle brav und geradezu lächerlich respektvoll sind, kommt bestimmt ein Bill Maher daher und beleidigt Rednecks, Religiöse und Radikale gleich kiloweise. Und wenn nicht der, dann 100 andere.
Aber diese Beleidigungsarien stehen doch nur in der zweiten bis fünften Reihe, wenn es um Fragen geht: Wollen wir mehr Staat oder weniger? Sind Abtreibungen erlaubt oder sollte man zumindest einen Spießrutenlauf dran knüpfen? Habe ich Angst davor, dass man — irgendwer, alle, die Gesellschaft — mir antut, was man früher Minderheiten antat? Die Crack-Epidemie heißt nun Heroin und Percocet.
Haben die Medien versagt?
100 Zeitungen sagten, ihren Lesern, dass Clinton bei weitem die bessere Wahl ist und die Wähler haben nicht auf sie gehört.
Aber die Medien haben mehr falsch gemacht, ohne Sie wäre der Schlamassel doch gar nicht denkbar gewesen?
Niemand kann ernsthaft die Entscheidung von CNN verteidigen, den Pressesprecher von Trump zu engagieren, als er noch unter Vertrag war und sichtlich keinerlei Interesse hatte irgendeine Analyse zu betreiben. Oder ein Krawall-Panel nach dem anderen zu veranstalten. Außer natürlich die Leute, die massenhaft einschalteten. Und die Eigentümer, die 100 Millionen Dollar zusätzlich verdienten.
Aber es war doch nicht nur CNN, sondern alle Mainstream Medien?
Wie viele Wählergruppen, werden „die Medien“ fälschlicherweise als Block gesehen. Wie falsch das ist merkt man schon an dem Begriff „Mainstream Media“. Fox News ist seit vielen Jahren der quotenstärkste Nachrichtensender. Wenn es einen Mainstream gibt, dann ist es Fox News. Sogar der Drudge Report ist mittlerweile sicher Mainstream. Breitbart ist es seit ein paar Jahren. Wenn man die Präsidentschaftswahl gewonnen hat, ist man nicht mehr die unterdrückte Minderheit. Und schon vorher waren sie es nicht.
Lenken Sie nicht ab. Was ist mit den liberal media? Die sind doch gleichgeschaltet?
Nein. „Gleichschaltung“ heißt, dass allen Medien vorgegeben wird, was sie zu berichten haben. Dass so viele Medien scheinbar das selbe berichten liegt auch an ein paar nicht unwichtigen Faktoren:
1. Medien, und gerade nationale Medien arbeiten mit dem gleichen Material. Die gleichen Pressekonferenzen, die gleichen Pressemeldungen, die gleichen Autoren, die Interviews geben wollen, um ihre Bücher zu bewerben.
2. Und wenn sie nicht mit dem gleichen Material arbeiten, ist es auch weitgehend egal. Was die Washington Post exklusiv recherchiert hat, steht ein paar Minuten später bei Huffington Post, ein paar Stunden später in der New York Times.
3. Journalisten lesen den ganzen Tag Nachrichten. Während andere Leute Donuts verkaufen oder Häuser planen, lesen Journalisten Nachrichten, Berichte und Reportagen. Und ihre Arbeitgeber lesen über Auflagenzahlen, Klicks und Einschaltquoten. Alles was funktioniert, wird kopiert.
4. Es ist oft viel effektiver ein System aus ökonomischen Anreizen zu schaffen, als Leuten Anweisungen zu geben. Niemand hat die Finanzkrise von 2008 geplant. Es war halt im Interesse aller Beteiligten, so lange wie möglich wegzusehen. Und so wie es sich lohnte, schlechte Hypotheken zu verkaufen, lohnt sich schlechter Journalismus. Mehr als guter.
Aber die Journalisten haben das „Heartland“ ignoriert, haben arrogante Witze gemacht über die „Flyover states“. Das ist doch ihre Verantwortung?
Diese Ignoranz ist auch darauf zurückzuführen, dass es kaum noch Journalisten im Heartland gibt. Zeitungen haben massenhaft geschlossen. Wer seinen Lebensunterhalt mit Journalismus bestreiten will, muss wahrscheinlich an die Ost- oder die Westküste ziehen.
Die Wähler hatten also keine Chance?
Wer lesen und klicken kann, wer ein Radio hat, wer seine Fernbedienung beherrscht, hatte eine Chance. Aber in der Masse heißt das: Den meisten gelang es nicht oder sie haben nie den Versuch unternommen.
Stammen alle Fake-News aus Russland?
Nein.
Aber viele?
Ja.