Zeitungskauf in Berlin

Sonntag Morgen in Berlin. Ich begebe mich auf Futtersuche. Nachdem ich mich in der französischen Bäckerei mit dreierlei Croissants eingedeckt habe, suche ich noch Lesefutter.

Im Kiosk ist schon was los. Zwei Herren stehen an einem kleinen Stehtisch, schweigend in ein Gespräch und Kaffee vertieft. Sie gehören offenbar zum Inventar. Die resolute Inhaberin betreut eine Kundin. Diese kauft: die Bild, die Morgenpost und den Tagesspiegel. Und Zigaretten. Offenbar hat sie mehrere Zeitungsleser zu versorgen. Richtig: „Meine Tochter hat richtig Lust auf etwas Süßes.“ Ob denn billigere Schokolade da sei? Die Ritter-Sport kostet ein Euro zwanzig. Welche Sorten sind denn da?

Ich helfe aus, indem ich die hinteren Tafeln nach vorne befördere. Dort ist auch eine Tafel Schokolade mit Likör. „Nee, die darf sie nicht essen. Sie war doch Alkoholikerin.“ Nach einem Blick zur Ladeninhaberin ergänzt sie: „Das ist aber Jahre her.“ Bevor sie nochmal ihren Einkaufsplan durchgehen kann, winkt mich die Ladeninhaberin durch. Ich entkomme mit einer Zeitung.

Erster Klasse

Zum ersten Mal seit langem habe ich eine Bahnreise in der ersten Klasse unternommen. Irgendwie hatte ich mir mehr darunter vorgestellt.

Sicher – die Beinfreiheit ist größer. Zum Arbeiten kann ich die gut fünf Stunden Fahrtzeit (55 Minuten Verspätung) dann aber doch nicht nutzen, da mich das Buchungssystem der Bahn zwischen einem dauerhaft quängelndem Kleinkind und einer Damengruppe (erst Muffins, dann ALDI-Sekt, dann Kleiner Feigling) platziert hat. Steckdosen gibt es auch nicht mehr als in der zweiten Klasse.

Die Rückfahrt verläuft wesentlich ruhiger – aber nur nachdem ich den reservierten Platz aufgegeben habe. Ein Seniorenpaar hat sich gleich fünf Sitzplätze gekapert, um sich und ihr Gepäck möglichst breit zu streuen. Die anderthalb Meter Abstand vom Ehepartner nutzten sie, sich in der ausgewiesenen Ruhezone möglichst laut über diverse Dinge zu beklagen. Zum Glück gab es einen Wagen weiter freie Sitzplätze zwischen ruhigen und angenehmen Menschen jeden Alters.

Die Sitze sind in ICEs sind für Menschen konstruiert, die zehn Zentimeter kleiner sind als ich. Die Videokanäle – ein besonderer Bonus für die doppelt zahlenden Erstklässler – brachten früher Mal Spielfilme. Heute gibt nur noch zwei Sender: Eigenwerbung der Bahn und eine bemerkenswert uninteressante Endlosschlaufe von n-tv – von „Porsche in Dubai“ bis zu „Der hässlichste Hund der Welt“. Da stört es nicht weiter, dass die Videoübertragung gestört ist. Auf der Rückfahrt sind die Videokanäle abgeschaltet – auf der Hinfahrt bleiben hingegen die Audiokanäle stumm.

Mein Wunschzettel : höhenverstellbare Sitze, mehr Steckdosen und separate Abteile für lärmende Menschen. WLAN-Zugang im Preis inbegriffen. Vielleicht ein paar ausliegende Zeitungen?