Kundenkarten sind für Anfänger

Kundenkarten sind toll für Werbetreibende: Man jagt die personalisierten Daten von Millionen Kunden durch Datenbanken, fügt ein wenig Marketing-Voodoo hinzu – und schon kann man die Kunden zielgenau auf ein Produkt steuern. Ein bisschen zumindest.

(Ausschnitt aus Abstruse Goose 250, es gilt die Creative Commons Attribution-Noncommercial 3.0 United States License)

Oder auch nicht? Ein Payback-Kunde bekommt die gleichen Gutscheine wie der andere, die „Heute gibts fünffache Punkte für Produkt X“-Kampagnen scheinen nicht mehr so beliebt zu sein und viele Supermärkte verteilen immer noch ihre eigenen Treuepunkte – zusätzlich zu den anderen Kundenkarten.

Dass es auch ohne Datensammelwut und trotzdem sehr zielgerichtet funktionieren kann, beweist der Supermarkt Globus in Köln Marsdorf. Dort habe ich vor kurzem Kochbeutelreis gekauft – und bekam an der Kasse automatisch zum Kassenzettel auch einen Gutschein ausgedruckt. Bis Juni bekomme ich 50 Cent Rabatt auf eine Packung Kochbeutelreis – natürlich von der Konkurrenzmarke.

Kommentatoren, die bellen

Der Aufreger von gestern: Basic Thinking will die RSS-Feeds kürzen, um die Leser zur lukrativeren Webseitenwerbung zu führen. Jürgen Vielmeier gibt sich enttäuscht wegen der Publikumsreaktionen.

Der größere Teil der – zur Stunde – rund 80 Kommentatoren hat hingegen einen Abschied auf nimmer Wiedersehen angekündigt.

Ich hab mal die Probe aufs Exempel gemacht: gestern abend hatte Basic Thinking im Google Reader 10550 Abonnenten. Heute morgen sind es 10562.

(Ich gehöre zu keiner der Gruppen)

iphone-Apps: Don’t update

Das iPhone und der iPod Touch haben etwas, was ich unter Linux sehr schätze und unter Windows immer noch schmerzlich vermisse: Einen Paketmanager. So kann man immer sicher stellen, dass man die aktuelle Software parat hat, hat immer die neusten Features und die wenigsten Sicherheitslücken.

Doch leider vermasseln sie es grade Mal wieder. Nicht nur die Beschränkung auf die gnädigerweise von Apple genehmigten Anwendungen ist ein Makel, der komplette Sinn des Paketmanagers wird ins Gegenteil verkehrt. Statt immer bessere Funktionen und Software zu haben, hat man plötzlich immer weniger Funktionen.

Hier ist ein aktueller Fall – bei weitem nicht der einzige. Bei anderen Apps werden irgendwelche Pseudo-Funktionen nachgeschoben, um ganz nebenbei Werbung in die zu integrieren – dabei ist auf kleinen Bildschirmen jedes Pixel kostbar. Oder es werden wesentliche Funktionen entfernt und in eine Bezahl-Applikation transferiert.

Mein Rat daher: wenn kein wirklich guter Grund für ein Update besteht, sollte man es derzeit vermeiden.

Der Fluch des Direktlinks

ImageShack, ein Bilderhosting-Dienst, hatte vor ein paar Monaten den „Direktlink“ entfernt. Wer die Bilder weitergeben wollte, sollte seine Freunde zu einer Seite mit Werbung schicken. Vor ein paar Wochen tauchte der Direktlink zur Bild-Datei wieder auf – unten versteckt, aber immerhin.

Nun ist der Direktlink plötzlich wieder an erster Stelle:

shack1

Merkwürdig, aber gut.

Pre-Order-Interview

Vor ein paar Wochen machte ich mir schon Gedanken über die fehlenden Werbekunden bei Comedy Central. Neue Werbespots sind zwar nicht dazu gekommen, aber offensichtlich hat man bei Viacom neue Wege der Refinanzierung gefunden:

pre-order

Ein Pre-Order-Link in der Programmvorschau? Das ist wirklich kreativ. Früher wurden die Produkte lediglich während des Interviews in die Kamera gehalten.

Werbekrise auch im Online-TV?

Peer Schader hat einen offensichtlichen Werbeverlust im RTL-Programm bemerkt. Müssen billige Shows jetzt noch billiger werden? Aber positiver Nebeneffekt: Es ist mehr Platz für Wer-kenn-Wen-Werbespots.

Aber nicht nur die Offline-Medien in Deutschland haben das Problem. Denn schon seit Wochen ist beim Online-Angebot von Comedy Central – zum Beispiel in den Strams von The Colbert Report oder The Daily Show with Jon Stewart – nur ein einziger Werbekunde aktiv: Comedy Central selbst. Und es laufen immer nur die selben zwei Spots:

comedy-central-eigenwerbung

Werbekrise beim Online-TV? Oder haben die Werbekunden bemerkt, dass Werbespots für US-Produkte bei europäischen IP-Adressen schlichtweg sinnlos sind?

Idiotensteuer?

Die taz interviewt Lotto-Forscher Mark Lutter:

Lotterien sind staatliche Veranstaltungen, bei denen 39 Prozent der Einnahmen garantiert einbehalten werden. Der Staat hält das Lottomonopol, er stellt das Spiel sogar unter Strafe, wenn er selbst nicht beteiligt ist. Nur die Hälfte des Erlöses schüttet er wieder aus, 13 Prozent gehen in die Verwaltung, den Rest behalten die Finanzminister. Man kann das Lotto als Steuer ansehen.

Interessanter Ansatz. Gleichzeitig führt Lutter aber auch aus, dass sich die meisten Spieler mit einem Lotto-Los ganz bewusst den Eintritt in eine Fantasiewelt erkaufen. Eigentlich ist das ein ganz rationales Geschäft: Kino kostet ja auch Geld und wir bekommen dort nicht wirklich radioaktive Spinnenmenschen und Laserschwerter zu sehen. Und wenn der Glücksspiel-Anbieter die Adresse der Spieler nicht an 1000 Adresskarteien verkauft, ist der Lottoschein sogar ein Schnäppchen.

Allerdings verhält sich die staatliche Seite auch allzu rational. Zwar schreiben sich die staatlichen Glücksspielveranstalter vor allem den Schutz vor der Spielsucht auf die Fahnen, ihr primäres Interesse gilt jedoch den eigenen Annahmen. In einer Pressemitteilung beklagten sie vor kurzem den Rückgang der Spieleinsätze:

Im Jahresverlauf 2008 ist bislang kein einziger Lotto-Jackpot über 20 Millionen Euro zu verzeichnen. 2007 sorgte insbesondere der Jackpot in Höhe von 45,3 Millionen Euro im November und Dezember für eine Steigerung der Spieleinsätze, die nun niedriger ausgefallen sind.

„Wir durchleben schwierige Zeiten. Die Finanz- und Wirtschaftskrise geht auch am Glücksspiel nicht spurlos vorbei“, sagte Dr. Friedhelm Repnik, Geschäftsführer der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg und derzeitiger Federführer des Deutschen Lotto- und Totoblocks. „Die Höhe der Spieleinsätze hängt zu einem großen Teil vom Lotto-Jackpot ab. Und ob der Jackpot geknackt wird oder über 20 Millionen Euro steigt, ist rein zufallsabhängig“, so Repnik weiter.

Nunja – nicht ganz zufällig. Denn just die umsatzfördernde Gewinnsumme von 20 Millionen Euro gibt es zu Silvester im Extra-Lotto zu gewinnen.

Nützliche Werbung

Wer im jetzigen Werbeumfeld überleben will, darf nicht wählerisch sein. So habe ich eben bei Xing diese Anzeige entdeckt:

xing-werbung

Ich finde die Werbung klasse. Ihr fragt warum? Na, bei dem beworbenen Angebot bin ich auf einen wahren Schatz gestoßen: die ultimative Anti-AGB. Man kann sie als Blaupause verwenden: Hat ein Anbieter auch nur eine der Klauseln in seinen AGB, will ich da nicht kaufen. Einige der Highlights:

Clash Media GmbH (“wir” oder “uns”) verpflichtet sich, Ihre Privatsphäre zu schützen und zu respektieren.
[…]

Zum Zwecke der Weiterleitung an Dritte, können wir folgende Daten über Sie sammeln und verarbeiten: Ihre persönlichen Informationen, die insbesondere aus Anrede, Vorname, Nachname, Postanschrift, Geburtsdatum, E-Mail Adresse, Telefonnummer bestehen

[…]

Aus denselben Gründen können wir uns Informationen über Ihre allgemeine Internetnutzung mittels einer Cookie-Datei beschaffen, die auf der Festplatte Ihres Computers gespeichert wird. Cookies ermöglichen es uns, unseren Service Ihnen gegenüber zu verbessern, Größe und Nutzungsgewohnheiten unserer Zielgruppe einzuschätzen, Informationen über Ihre Präferenzen zu speichern und Sie bei einem erneuten Besuch unserer Seite wiederzuerkennen.

[…]

Die über Sie gesammelten Informationen verwenden wir, um sicherzustellen, dass der Inhalt unserer Seite für Sie und Ihren Computer auf möglichst effektive Weise präsentiert wird, um Sie mittels E-Mail, Post oder (Mobil-)Telefon mit Informationen, Produkten, Leistungen oder Angeboten zu versorgen, die Sie von uns anfordern oder die aus unserer Sicht interessant für Sie sein könnten, sofern Sie der Kontaktaufnahme zu solchen Zwecken zugestimmt haben, um Sie über Änderungen unseres Leistungsangebots in Kenntnis zu setzen.

[…]

Wir sind berechtigt, Ihre Daten an sorgfältig ausgewählte Dritte zu verkaufen (oder auf andere Weise weiterzugeben), welche diese verwenden dürfen, um Kontakt hinsichtlich derjenigen Angebote zu Ihnen aufzunehmen, an welchen Sie bei der Registrierung auf unserer Seite Interesse bekundet haben.

[…]

Wir sind berechtigt, Ihre persönlichen Informationen an Dritte herauszugeben: Für den Fall, dass wir ein Unternehmen oder Vermögensgegenstände verkaufen oder kaufen, an den voraussichtlichen Verkäufer oder Käufer des Unternehmens oder der Vermögensgegenstände; für den Fall, dass die Clash Media GmbH oder ein wesentlicher oder der gesamte Teil ihres Vermögens von einer dritten Partei erworben werden, sind die von der Clash Media GmbH gesammelten persönlichen Daten ihrer Kunden ein Bestandteil der übertragenen Vermögensgegenstände; für den Fall, dass wir einer Pflicht unterliegen, Ihre persönlichen Daten offenzulegen oder mitzuteilen, um unseren rechtlichen Verpflichtungen nachzukommen, oder um unsere AGB durchzusetzen oder anzuwenden.

[…]

Wir sind berechtigt, die Daten, die wir von Ihnen sammeln, zwecks Speicherung und Weiterverarbeitung an einen Ort außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) weiterzuleiten. Mit Übermittlung Ihrer persönlichen Daten erklären Sie sich mit dieser Art der Weiterleitung, Speicherung und Verarbeitung einverstanden.

[…]

Obwohl wir unser Bestes tun, Ihre persönlichen Daten zu schützen, können wir die Sicherheit Ihrer an unsere Seite übermittelten Daten nicht gewährleisten.

[…]

Jegliche Änderungen, die wir zukünftig an unserer Datenschutzerklärung vornehmen, wird auf dieser Seite veröffentlicht und Ihnen ggf. per E-Mail mitgeteilt.

Eine kleine Frage: Warum nennt sich das Datenschutzerklärung?

‚konsistent‘

Aus einem Newsletter:

Neben wunderbaren Gewächsen aus Piemont, Toscana und Co., können wir Ihnen erstmals eine kleine Auswahl an leckerer Feinkost ‚Spezialitäten‘ offerieren. Auch hierbei finden Sie bei uns Artikel, die im Supermarkt nicht erhältlich sind. Es sind die Kleinigkeiten, die unsere Tage schöner machen, die uns belohnen und Freude schenken. Aus unserem Lager habe ich erstmals einige Schatzkammerweine aus dem Piemont für Sie ‚entführt‘.

Was sollen mir die Anführungszeichen – oder korrekt: die halben Anführungszeichen – sagen? Ist es eine Hervorhebung, dann sind die Weine ganz besondere Spezialitäten, und der Händler hat sie ganz besonders illegal beschafft. Ist es ein Zeichen von Ironie und Doppelbödigkeit, hat der Händler die Flaschen ganz legal gekauft und der Wein ist doch nicht so speziell.

Ich entscheide mich für Variante A. Deshalb sollte ich wohl schnell kaufen, bevor die Mafia meinen Weinhändler findet.

Elke Heidenreich gibt mir recht

Zwar hat sie meinen Blogeintrag zwar kaum gelesen, aber Elke Heidenreich schließt sich meiner Meinung an, dass Sendeplätze immer unwichtiger werden. Und das nicht nur mit vielen Worten, sondern auch mit Taten: sie verbreitet ihre Sendung jetzt im Internet.

Mit dem Fernsehen sei sie nun aber irgendwie fertig. Auf die Idee, ihre Sendung ins Internet zu verlegen, habe sie anfangs skeptisch reagiert. Jetzt sei sie aber voll überzeugt, denn das Internet sei „das Medium der Zukunft“. Jeder könne sich „Lesen!“ nun anschauen, wann er wolle. litCOLONY sei außerdem sehr professionell gemacht.

Nundenn – ich bin mal gespannt, ob die Buchhändler in Zukunft die bei „Lesen!“ vorgestellten Buchhändler immer noch in großer Stückzahl vorbestellen. Aber dies ist im Zweifel gar nicht mehr nötig: die sorgfältig gelobten Bücher kann man nun direkt im Onlineshop nebenan bestellen.

Update: Mit dem neuen news cycle korrigiert dann Heidenreich auch unschöne Details im allzu öffentlichen Gedächtnis:

„In meinem Herzen war ich mit dem Fernsehen durch“, sagt die Literaturkämpferin, die betont, ihr Rauswurf beim ZDF sei idiotisch gewesen, weil sie vorher schon zum Jahresende gekündigt habe.

Das ist das erste, was ich darüber höre. Nach Fernsehgalagate hat Heidenreich das ZDF noch trotzig aufgefordert, sie doch rauszuwerfen – das war sichtlich nicht ernst gemeint. Dann präsentiert sie ihre Pläne für ihre zwei verbliebenen Sendungen, bis der Vertrag ausläuft. Kurz darauf die öffentliche Kündigung durch das ZDF – wann will sie da selbst gekündigt haben? Immerhin, die Legende lebt: Literaturkämpferin ist sie nun.