Der gläserne Alumni

Das Absolventennetzwerk der Kölner Universität veranstaltet ein VI. Symposium zum Thema „Der gläserne Mensch“. Dabei diskutiert „ein interdisziplinäres Podium das Spannungsfeld von Schaden und Nutzen der zunehmenden Datenerfassung„.

Damit das Ganze keine Diskussion aus dem Elfenbeinturm wird, haben sich die Alumnis entweder viele Gedanken gemacht und regen ihre Teilnehmer zum Denken an. Oder sie gehören zu den vielen, die zwar über Datenschutz reden, aber – kaum sind sie vom Podium heruntergestiegen – das genaue Gegenteil machen. Ich vermute mal letzteres.

Man sehe sich nur das Anmeldeformular an. Als erstes bekommt der Interessent eine Fehlermeldung angezeigt: die Alumni verwenden ein SSL-Zertifikat, das wohl nur innerhalb der Universität Köln voreingestellt ist. Dann soll er einen Fragebogen ausfüllen, wie ich ihn bei einer Veranstaltung ohne akute Terrorgefahr und Staatsbesuch noch nicht erlebt habe: Geschlecht, Name, Anschrift, Geburtsdatum, Email, Monat des Studienbeginns, Monat des Studienabschlusses, Geburtsdaten weiterer Gäste. Und wozu braucht man das Ganze? Das verraten die Alumni nicht.

In den AGB kann man sich aber die Bestimmungen zum Datenschutz raussuchen. Kurz gesagt – es gibt keinen:

A.7 Datenschutz
A.7.1 Der Teilnehmer erklärt sich bereit, dass seine persönlichen Daten (Name,
Personalausweisnummer usw.) auf Wunsche eines Leistungsträgers von
KölnAlumni e.V. an Dritte weitergeleitet werden.
A.7.2 Der Teilnehmer stimmt der Verwendung seiner Daten auf einer allen übrigen
Teilnehmern zugänglichen Teilnehmerliste zu.
A.7.3 Der Teilnehmer verzichtet auf sein Recht am eigenen Bild und stimmt der
Veröffentlichung zu.

Fassen wir zusammen: Wer diese Veranstaltung besuchen will, muss trotz Sicherheitsfehlermeldungen einen ganzen Haufen persönlicher Daten ungesichert an einen Veranstalter übertragen, der sie an ungenannte Dritte weitergeben will.

Das sollte doch eine spannende Datenschutz-Diskussion werden.

(via Tim Bartel)

PS: Der WDR zeigt wie eine Diskussion zum Datenschutz auch organisiert werden kann. Man veröffentlicht den Ort und Zeit – „Eintrittskarten sind nicht erforderlich“. Fertig. Das funktioniert auch – wahrscheinlich noch sogar besser.

Verpasste Praxisübung im angewandten Journalismus

Stefan Niggemeier berichtet eine neue Episode aus dem Wirken des enfant terrible der deutschen Blogosphäre Don Alphono: Kurz zusammengefasst: Der Blogger und Journalist wird zu einem Vortrag in vor Leipziger Journalistikstudenten eingeladen, lästert dort kräftig über Journalisten. Als sich die Studenten jedoch ein Beispiel am Stil ihres Referenten nehmen und in ihren eigenen Weblogs über den Vortrag berichten, reagiert der unsouverän, droht sogar mit Klage.

Ich habe keine Zeit, die Episode ausführlich nachzurecherchieren – aber angesichts der bei Stefan Niggemeier zusammengetragenen Fakten würde ich schätzen: die Journalismus-Studentin hatte recht – zumindest hatte sie kaum justiziabel unrecht. Was hätte also näher gelegen, den Fall durchzufechten? Natürlich mit Unterstützung der Universität und deren angestellten Justiziaren. Die eigenen Beiträge auf Fehler überprüfen. Die Abmahnung oder die Gegendarstellung abwarten, anhand Presserecht analysieren und demnach handeln. Wo bleibt der Professor, der den Referenten geladen hat und sehr wohl gehört hat, was der den Studenten gesagt hat? Wie will eine Uni Journalisten ausbilden, wenn die Lehre darin besteht vor Drohungen einfach wegzulaufen, einzuknicken?

Eine verpasste Chance.

(Kleine Anmerkung. Zu meiner Zeit hätte man als Schüler der Journalistenschule nur mit Ausnahmegenehmigung der Schulleitung bloggen dürfen. Wenn es damals denn Blogs gegeben hätte.)