Terrordateien können tödlich sein

Diese Meldung sollte man in Erinnerung halten:

Der fälschlicherweise als Terrorverdächtiger eingestufte 27-jähriger Elektriker Jean Charles de Menezes war von der Polizei überwacht worden. Die Sicherheitskräfte hatten ihn mit dem Attentäter Hussein Osman verwechselt. Dieser war später wegen versuchter Bombenanschläge in der Londoner U-Bahn zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Als Menezes am 21. Juli 2005, einen Tag nach einer gescheiterten Anschlagsserie, die Londoner U-Bahn-Station Stockwell betrat, töteten ihn Polizisten mit sieben Kopfschüssen aus kurzer Distanz. In einem Untersuchungsbericht war kritisiert worden, de Menezes habe keine Chance gehabt, seine Unschuld zu beweisen.

Terrordateien können tödlich sein.

Das Terror-Axiom

Der FDP-Politiker Alexander Alvaro kritisiert den wahnwitzigen Plan des EU-Justizkommissars die Abfrage von „gefährlichen Wörtern“ wie zum Beispiel „Bombe“, „töten“, „Völkermord“ oder „Terrorismus“ auf Provider-Ebene zu verhindern:

„Wer im Internet – beruflich oder privat – nach einschlägigen Begriffen sucht, ist kein potenzieller Terrorist.“

Er übersieht eins: Wir sind alle potenzielle Terroristen.

(Bei Zweifeln an diesem Axiom einfach Herrn Schäuble oder Herrn Beckstein fragen. Sie erklären es gerne noch einmal.)

Kaserne als Terrorcamp?

Vor kurzem hatte ich ja schon die Frage aufgeworfen, wie man die vielzitierten Terrorcamps von Rüstungsbetrieben und dem Grundwehrdienst trennen will. So weit her geholt war das nicht, wie jetzt unter anderem die Netzeitung berichtet:

Wie die Zeitung berichtet, wussten die Behörden seit 2003, dass S. in einer radikalen Islamistenszene im Raum Neunkirchen im Saarland verkehrt. Auch seinen Dienst bei der Bundeswehr in Saarlouis 2004 und 2005 habe S. anscheinend schon als radikaler Islamist geleistet.

Eine Frage zum Abschuss

Heribert Prantl schildert das Planspiel, das zur Zeit für richtig viele Diskussionen führt.

Es geht um die Fälle, von denen man sich wünscht, es gäbe sie nur in den juristischen Lehrbüchern: Ein Flugzeug wird entführt, offenbar von Terroristen, hundert Passagiere an Bord; Sicherheitsbehörden befürchten, dass die Verbrecher es in ein vollbesetztes Fußballstadion, steuern; Verteidigungsminister befiehlt: Abschuss.

Was ich mich frage: Wie kommt man denn konkret zu der Befürchtung? 1972 hielt ein Passagierflugzeug kurz nach dem Olympia-Attentat auf das voll besetzte Münchner Stadion zu – es war ein technischer Defekt. Erwartet Jung, dass die Entführer per Funk durchgeben, dass sie auf ein Stadion zuhalten?

Das wird nicht passieren – also: In welche Richtung kann ein Flugzeug ohne Funkkontakt fliegen, dass die Befürchtung ausgeschlossen werden kann? Weit weg von Metropolen und damit weit weg von Flughäfen? Und wie lange dauert es ein Flugzeug vom Flughafen einer Stadt zum Stadion in der selben Stadt zu fliegen? Müsste man bei der geringen Reaktionszeit nicht an Fußballstationen Luftabwehrgeschütze einrichten?

Gleiche Terror-Vorschriften für alle

Bei der Tagesschau entdeckt:

Genauso unverständlich war für viele Soldaten, dass auch für sie die Regeln im internationalen Luftverkehr gelten. Etwa, dass für lange Flüge an den Hindukusch nur maximal 100 Milliliter Flüssigkeit mit an Bord genommen werden dürfen. Einen Bordservice gibt es aber bei der Luftwaffe nicht, hier serviert keine Stewardess Kaffee und kalte Getränke. Für die Soldaten hieß es also: durstig bleiben. Auf den bundeswehreigenen Flugplätzen habe man diese Regelung ausgesetzt, erklärt Kossendey. Sehr viele Transportflüge Richtung Afghanistan starten aber vom zivilen Flughafen Köln-Bonn – und dann gilt das Flüssigkeitsverbot wieder.

Ob die Bundeswehr ihre Soldaten auch mit Skymarshalls überwacht?

Big Bauhaus is watching you

Heise schreibt:

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und Politiker der Union haben sich anlässlich des Jahrestages der misslungenen Kofferbomben-Anschläge am morgigen Dienstag derweil laut ddp besorgt über die Terrorgefahr in Deutschland geäußert. Der stellvertretende GdP-Vorsitzende Bernhard Witthaut betonte, der zunehmende Reiseverkehr verdächtiger islamischer Extremisten zwischen dem Irak und der Bundesrepublik sei „alarmierend“. Die gescheiterten Anschläge hätten gezeigt, dass die Terroristen „nicht mehr nur auf groß angelegte Operationen setzen müssen.“ Vielmehr würden „eine Handvoll verblendeter und überzeugter Anhänger“ ausreichen, „die sich die Zutaten für eine Bombe im Baumarkt zusammenkaufen können“.

Die Marschrichtung ist klar: Zusätzlich zur Online-Durchsuchung muss die Live-Kundenüberwachung eingeführt werden. Die Infrastruktur von Payback & Co könnte genutzt werden, um bei verdächtigen Einkäufen sofort Alarm zu schlagen. Will zum Beispiel jemand Nägel oder Schrauben kaufen, die in Splitterbomben platziert werden können werden seine Kundendanten sofort an das BKA übermittelt. Falls der Betreffende bar zahlt, wird ihm schnell und unauffällig eine DNA-Probe entnommen.

Skeptisch? Nicht anwendbar? Bei Fletchers Visionen hat ein ähnliches System durchschlagenden Erfolg gehabt. Aprospos: die schwarzen lautlosen Hubschrauber müssen unbedingt auch ins BKA-Gesetz.

Nicht ob, sondern wann. Trotzdem.

Unsere führenden Terrorpolitiker werben mit dem Slogan: Es ist keine Frage, ob ein Terroranschlag in Deutschland stattfinden wird – es ist nur eine Frage der Zeit. Ich glaube, Sie haben damit ausnahmsweise recht. Ohne zynisch klingen wollen: zu man muss sich nur ansehen, was sich 17jährige antun, um in Castings-Shows aufzutreten und dazu die Sendezeit addieren, die Attentäter bekommen. Dazu addieren wir noch die großen Ungerechtigkeiten der Welt und den unzähligen Möglichkeiten wirklich viele Menschen zu töten – das Ergebnis stimmt wenig optimistisch.

Es muss nicht passieren, aber die Wahrscheinlichkeit ist relativ groß dass Terroristen eine große Anzahl an Menschen in Deutschland töten oder verletzen. Im Anschluss an einen Anschlag setzt die rationale Wahrnehmung aus, das ist der ganze Sinn von Terroranschlägen. Man stelle sich vor, dass der Anschlag nicht nur durch den Fernseher in unser Leben dringt, sondern dass er quasi nebenan stattfindet. Dass uns nahestehende Menschen unmittelbar betroffen ist. Der Nachbar kommt um, die eigene Schwester wird schwer verletzt. Was liegt also näher als wenn wir unsere Überzeugungen jetzt aufschreiben, wenn die rationale Wahrnehmung noch in Ansätzen vorhanden ist? Auf diese Weise nimmt man den Terroristen den Überraschungsmoment und den allzu besorgten Innenpolitikern die scheinbar schweigende Mehrheit.

Ich mach mal den Anfang:

Punkt 1
: Terroranschläge sind nicht zu zu vermeiden. Die Polizei kann noch so wachsam sein, die Politik noch so konsensorientiert und vorausschauend – nichts hilft sicher gegen Idioten auf Mission. Wenn das Unvermeidliche passiert, sind Schuldzuweisungen zunächst nicht wichtig.

Punkt 2: Terroristen sind Verbrecher. Verbrecher sind Menschen. Mit allem, was dazu gehört. Zum Beispiel Menschenrechte.

Punkt 3
: Ich glaube nicht an den Erfolg übergreifender Überwachung. Schon heute kommen die Behörden nicht mit den Datenmassen nicht klar, die sie erheben. Backups gehen verloren, Visavergehen werden nicht weitergeleitet – gleichzeitig werden die plumpesten Fälschungen zu Beweisen erhoben. Wer Daten erheben will , muss erst beweisen, dass er damit umgehen kann. Gelegenheit dazu ist reichlich vorhanden.

Punkt 4
: Terroristen darf man möglichst nicht nachgeben. Wenn man eiligst Soldaten zurückzieht, Gefangene frei lässt oder Sanktionen aussetzt, erklärt man den Terrorismus zur Diplomatie mit anderen Mitteln. Das ist schon bei offiziellen Kriegen verheerend genug.

Vielleicht wollt ihr auch ein paar Punkte aufschreiben. Wenn der Anschlag denn kommt, könnt ihr die Punkte nochmal einer Prüfung unterziehen.

Und wieder einmal Terroralarm

Ich gucke CNN nicht wirklich oft – aber es ist auffällig, wie oft es um Terroralarme und Flugzeuge geht, wenn ich einschalte.

Heute wurden wohl vier Leute verhaftet, die einen Anschlag auf den New Yorker JFK-Flughafen geplant haben sollen. Die Pläne wurden nach CNN-Informationen nicht wirklich konkret, die US-Heimatschützer dementieren irgendeine Gefährdung, aber seit immerhin 20 Minuten hat CNN das aktuelle Programm unterbrochen und lässt sich von immer neuen Korrespondenten nichts Neues erzählen.

Mal wieder ist die Gruppe nach monatelangen Observationen verhaftet worden, mal wieder haben die Möchtegern-Terroristen (O-Ton FBI) absolut nichts zu Stande gebracht, und wieder einmal wurde rein zufällig ein Polizei-Informant als Mit-Verschwörer rekrutiert. So ein Zufall.

Fasst Mickey Mouse!

Die Netzeitung berichtet über die Überbuchungspraxis im US-Luftverkehr.

Oft genug gehen diese Berechnungen aber nicht auf, und es stehen zu viele Passagiere an den Schaltern. Die Folgen der Computer-Zahlenspiele bekommen dann die Airline-Mitarbeiter zu spüren, gegen die sich der Zorn zurückbleibender Reisender entlädt. Um dies zu verhindern, nehmen findige Reiseveranstalter inzwischen Phantombuchungen vor – ein beliebter Name ist Mickey Mouse.

Dieser Schuss kann aber ebenfalls nach hinten losgehen. Denn auch die fiktiven Passagiere tauchen später als «no show» in der Statistik auf – was letztlich dazu führt, dass die nächsten Flüge sogar noch mehr überbucht werden. «Wir sprechen mittlerweile von einer Todesspirale», räumte ein hochrangiger Manager bei US Airways ein.

Die Lösung ist ganz einfach: Setzt Mickey Mouse auf die No-Fly-Liste. Er lässt sich sowieso problemlos mit jedem feuchten Terror-Traum in Verbindung bringen. Wenn tatsächlich jemand so heißen sollte, hat er halt Pech gehabt.