Dumpio Experts

Die Blog-Zähler von Wikio.com haben mir ein tolles Angebot unterbreitet. Sie haben eine Plattform namens „Wikio Experts“ und ich als Experte darf mich daran beteiligen. Yay!

Jeder veröffentlichte Beitrag wird von uns vergütet, entweder mit einem festen Betrag oder über Umsatzbeteiligung. In der Regel zahlen wir pro Artikel 5 bis 15 Euro, je nach Thema und Arbeitsaufwand. Die Beiträge sollen zwischen 300 und 400 Wörtern lang sein. In Frankreich, wo Wikio Experts schon seit 7 Monaten online ist, erhalten unsere Mitglieder oft rund 350 Euro pro Monat.

Liebe Wikio-Mitarbeiter,

natürlich werde ich gerne für 5 Euro 400 Wörter liefern. Schließlich texte ich ja gerne! Und dass ihr mir sogar etwas bezahlt, ist dann nur ein unverhoffter Bonus. Dafür bekommt ihr sogar alles exklusiv.

Aber Ihr macht doch auch sicher gerne ganz tolle Sachen. Zum Beispiel Heimwerken. Machen wir es doch so: Bevor ich Euch meinen Experten-Artikel liefere, streicht Ihr meine Wohnung komplett für 5 Euro. Die Farbe bringt ihr natürlich mit. Und Einkaufen macht auch Spaß! Also erlaube ich Euch, meine Wocheneinkäufe zu erledigen. Für einen Einkaufwagen voll hochwertiger Bio-Lebensmittel zahle ich Euch nochmal 5 Euro. Ach, was soll der Geiz: 10 Euro. Aber dann sollten schon ein paar gute Flaschen Wein dabei sein. Sonst macht das Einkaufen keinen Spaß, gell?

Wisst Ihr was noch Spaß macht? Schlecken und Körperhygiene. Wenn ihr beides verbinden wollt, könnt ihr mich gerne am Allerwertesten lecken. Das aber umsonst.

Bekenntnisse eines Exklusionisten

Mit meinem letzten kleinen Erklärstück habe ich mich in den Augen vieler anscheinend als Vordenker der Exklusionisten geoutet. Dabei finde ich die Löschdiskussionen selbst oft unsäglich, das Entscheidungssystem der Wikipedia muss seit Jahren grundsaniert werden. Ich habe wegen der Frustration über endlose Meta-Diskussionen meinen Wikipedia-Account schon vor Jahren stillgelegt. Der Vorteil: wenn man ein, zwei Schritte zurücktritt, kann man zuweilen ein wenig mehr Kontext erkennen.

Vor fast drei Jahren schrieb ich:

Ohne die letzte Instanz werden die Widersprüche mehr zu Tage treten, die das Selbstverständnis der Wikipedia prägen. So kokettiert die Wikipedia noch heute mit einem Mischmasch der Machtstrukturen; Entscheidungen werden meist in einem ungeregelten Konsens erzielt. Wer sich gerade mit einem Problem beschäftigen will, bestimmt auch darüber.

I said so“ mag kein guter Stil sein, aber die derzeitige Diskussion ist ein perfektes Beispiel dafür. Das für Wikipedia notwendige Löschsystem hat eine Eigendynamik entwickelt, die dem Projekt nun schaden kann. Ob sie das tatsächlich schon tut – ich weiß es nicht. Das ist auch eine Frage der Perspektive, was Wikipedia leisten soll.

userfriendly-wikipedia

Viel diskutiert wurde über die Löschung des Artikels über den Clubmate-Cocktail Tschunk. Ich hätte ihn nicht gelöscht – zwar war der Artikel nicht gut, aber wer sich für das Thema interessiert hat, wurde zumindest nicht in die Irre geführt. Niemand wollte damit Eigenwerbung betreiben oder seine Weltsicht auf subtile Weise in die Wikipedia schmuggeln, wie es leider allzu oft vorkommt. Hier spielen auch falsche Formatierungen keine Rolle, die notwendige Wartung des Artikels durch einige engagierte Wikipedianer aus dem CC-Umfeld schien gesichert.

Derzeit wird der Artikel auf einer Benutzerseite überarbeitet. Hier zeigt sich sehr schön, wie sich das Relevanz- und Quellenproblem ganz konkret äußert. Liest man das Ganze im jetzigen Zustand, sind die Zutaten eines Tschunk:

  • Clubmate
  • weißer Rum oder brauner Rum
  • Eiswürfel oder crushed ice
  • Zucker oder kein Zucker
  • Limetten oder keine Limetten
  • Salzrand oder kein Salzrand

Ich bin wahrhaftig kein Cocktail-Experte – aber alleine das verwendete Eis kann den Charakter eines Drinks wesentlich verändern. Ich wurde von kundigeren Freunden immer mal wieder über die fundamentalen Unterschiede zwischen weißem und braunen Rum hingeweisen. Mir wurde vor Jahren auch mal ein Tschunk mit Vodka angeboten. Zusammengefasst: alles, was aus Clubmate und irgendeiner Art von Alkohol besteht, kann sich im Prinzip „Tschunk“ nennen. Oder auch „Chunk“.

wikipedian_protester

Wie gesagt: ich hätte den Artikel nicht gelöscht, aber die Frage stellt sich schon: wem nützt ein Wikipedia-Artikel über einen Cocktail, den es eigentlich noch gar nicht gibt? Der in keinem Cocktailverzeichnis steht? Sollte man nicht warten, bis sich zumindest ein halbwegs brauchbares Rezept herauskristallisiert? Würden ein, zwei Sätze im Artikel über Clubmate nicht ausreichen, würde der eine Artikel den Leser nicht sogar besser informieren? Warum fehlen die 2000 Cocktailrezepte, die ohne Zweifel viel verbreiteter sind als der Tschunk?

Ich kann die Fragen nicht eindeutig beantworten, aber wenn man sie mit einer Million multipliziert, hat man ungefähr eine Ahnung von der Komplexität der Entscheidungen in der Wikipedia.

We don’t need no expertise

Adam Davidson von Planet Money hat ein interessantes Interview gegeben:

I mean, I think it’s a more trustworthy journalism if the journalist reveals their process of discovery. I don’t think it weakens our authority. I think it strengthens our authority ’cause it’s closer to the actual truth, and it’s closer to the world that our audience experiences on a day-to-day basis. They know we don’t, we’re not experts in that sense, and frankly, the expert we quote isn’t an expert in that sense — that he’s definitely right, or he can speak with objective truth about things.

Die Sendung mit dem Geld

Einer der spannendsten Podcasts ist für mich zur Zeit eine Sendung des National Public Radio: Planet Money.

Die Sendung startete Ende 2008, als die Finanzkrise begann sämtliche Schlagzeilen zu bestimmen. Aber das Team um Adam Davidson und Laura Conaway verfällt nicht in die übliche Panik-Berichterstattung, sondern geht engagiert daran, die Wirtschaft tatsächlich zu verstehen

Statt mit großspurigen Analysen und nicht vorhandener Kompetenz anzugeben, stellt Planet Money kleine, konkrete Fragen – und findet immer wieder interessante Antworten. So wird in dieser Folge geklärt, was hinter der vermeintlichen chinesischen Kapitalflucht verbirgt und wieso wir ein solches Problem haben, große Zahlen zu verstehen.

Die Sendung richtet sich explizit an Nicht-Experten – Leute, die bisher nichts über Zinsderivate, Konsumelastizitäten und Giralgelder wussten. Serviert wird das in einer Weise, die gleichzeitig sehr locker und doch ernsthaft ist. So wird der Korrespondent David Kestenbaum aus seinem Haus in New York zugeschaltet, die Volontärin Caitlin Kenney posiert in kleinen Inszenierungen mal als unzuverlässige Kreditnehmerin, mal als menschliche Geldzählmaschine. Manchmal möchte man wünschen, dass einige Investoren und Banker die Sendung hören, damit sie wieder eine Ahnung bekommen, was sie überhaupt machen, welche Konsequenzen ihre tägliche Arbeit für die Welt da draußen haben kann.

Die Wirtschaft, dieses komplexe Monster, das selbst Nobelpreisträger immer wieder überfordert, wird zerlegt und damit gezähmt. Wir müssen keine Angst vor der diesem unverständlichen Ungetüm haben, sind keine Opfer die nicht verstehen können, was passiert. Nein: wir können Fragen stellen. Und Antworten bekommen.

Planet Money arbeitet auch mit This American Life zusammen und hat die sehr hörenswerten Einstünder Bad Bank und The Giant Pool of Money produziert.

Einer der besten Experten…

Stern.de hat Bert Weingarten zu einer neuen tollen Entdeckung aus dem Hause PAN AMP interviewt: der GPS-Bombe. Dass die Autorin nicht unbedingt die seriöseste Quelle gefunden hat, hat stern.de wohl spätestens nach Protesten im Forum mitbekommen. Flugs wird der Experte ein wenig degradiert:

Weingarten-Lebenslauf um 16:30 Uhr:
stern-weingarten2

Weingarten-Lebenslauf um 17:00 Uhr:
stern-weingarten1

Auf der Startseite ist der Nonsense allerdings immer noch verlinkt.

Was hilft gegen Datendiebstahl? Mehr Datenbanken!

Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter hat eine Erkenntnis:

„Die Telekom-Affäre ist eine Riesenchance für den Datenschutz, die wir nutzen müssen. Es ist doch offensichtlich, dass sensible Kundendaten bei privaten Unternehmen mehr als schlecht aufgehoben sind“, sagte BDK-Vorsitzender Klaus Jansen der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Wer würde da nicht zustimmen? Der Lösungsvorschlag für das Dilemma ist hingegen weniger konsensfähig:

Jansen forderte laut dpa, sämtliche Verbindungsdaten in einem Sicherheits-Center unter Aufsicht von Datenschützern zu hinterlegen. Darauf könnten dann sowohl Unternehmen zu Abrechnungszwecken als auch der Staat zur Strafverfolgung streng kontrolliert zugreifen. Technisch sei ein solches Verfahren nach Ansicht von Experten kein Problem, sagte Jansen. „Die heutige Praxis einer sechsmonatigen Speicherung direkt beim Telefonanbieter öffnet Missbrauch Tür und Tor.“

Auf gut Deutsch: Wir verhindern Datenmissbrauch, wenn wir die Daten nicht nur in einer, sondern gleich in zwei Datenbanken speichern. Denn die Telekom hat ja im aktuellen Skandal nicht etwa auf die Vorratsdatenspeicherung zugegriffen, sondern auf die Abrechnungsdaten, die bei einem Telefonprovider nun mal anfallen müssen.

Um das Konzept von Jansen richtig würdigen zu können, übertragen wir es einfach mal in die physische Welt. Um Bankraub zu verhindern, wird in jeden Tresorraum eine zweite Tür eingebaut, deren Schlüssel bei der Polizei hinterlegt werden muss. Klingt das sinnvoll? Welcher Experte soll diesem Irrwitz eine problemlose Umsetzung prophezeit haben?

Ich gehe mal davon aus, dass Jansen bei seiner Betonung der Rolle des Datenschützers keinen besonderen Wert mehr auf einen kompetenten Richtervorbehalt legt. Wenn die Daten doch schon mal da sind, warum sollten rechtschaffene Diener des Rechtsstaates erst nach einem bürokratischen Hürdenlauf drauf zugreifen können?

DPA-Alarmglocken ohne Klöppel

Da hat sich die DPA mal wieder ein Ei ins Nest gelegt und einen wirklich, wirklich schlechten Artikel über private Sexbilder im Internet veröffentlicht.

Das fängt schon im ersten Absatz an.

„Erotische Fotos von sich und dem Partner – täglich fotografieren oder filmen sich etwa 2300 Jugendliche in Deutschland beim Liebesspiel. Was viele von ihnen nicht ahnen: «20 bis 30 Prozent dieser Aufnahmen landen früher oder später im Internet», sagt Torsten Gems, Vorstand des biometrischen Suchdienstes ProComb in Dortmund.

Aus oberflächlich journalistischer Sicht prima. Ein Experte kann tatsächlich das Problem genau quantifizieren. Schalten wir aber mal den Menschenverstand ein: Woher soll der gute Herr Gems so genau wissen, was in deutschen Schlafzimmern so geschieht, wenn es denn nicht veröffentlicht wird? Hat er eine repräsentative Umfrage gemacht? Wohl eher nicht. Denn Herr Gems ist nicht nur hochseriöser Experte, er verdient mit dem Problem auch Geld. Nicht weniger als 69 Euro kostet es, die Dienste von ProComb in Anspruch zu nehmen. Die Alarmglocken hätten sich hier schon deutlich melden sollen.

Aber das war ja nicht alles an Recherche. Schließlich hat man die DPA auch eine Bestätigung von der hoch angesehenen Internet-Seite internetvictims.de eingeholt, die sich total selbstlos um alle möglichen Internet-Opfer kümmert. Ähm, tja, dieser Leumundszeuge ist erst recht ein Grund misstrauisch zu sein.

Aber selbst wenn man nicht im Internet weiter recherchiert, hätten die Kollegen von DPA wenigstens die Webseite ihres Experten kritisch begutachten können. Dort wird nämlich mal eben angeboten, fünf Fotos aus dem Internet zu entfernen. Kostenlos. Einzige Einschränkung: das Urheberrecht muss verletzt sein. Solche Versprechungen sind nur eins: unseriös. Der Dienst könnte sich höchstens um die Entfernung bei einigen ausgewählten Diensten kümmern, beliebige Internetseiten kann man nicht einfach löschen. Da hätten bei der DPA alle Alarmglocken Sturm läuten müssen.

Der komplette Webauftritt von ProComb sollte jedem Journalisten wirklich übel aufstoßen. Nirgendwo wird erwähnt, dass die Erfolgsaussichten, aufgrund eines Amateur-Fotos (kein „skilled photo“ erforderlich) erotische Filme im Internet zu finden bestenfalls mikroskopisch klein sind. Andere Belichtung, ungünstige Blickwinkel, Millionen sehr ähnlicher Menschen im Netz, dazu die Kapazitätsprobleme überhaupt einen relvanten Teil des Internets zu durchsuchen. Hätte ProComb da einen technischen Durchbruch erzielt, könnte sie den Erfolg sehr anschaulich demonstrieren. Stattdessen wird die „biometrische Suche“ als Allheilmittel angepriesen. Einziger Beleg für die Wirksamkeit: ein paar anonymisierte, dafür aber um so euphorischere „Kundenreaktionen“ auf einer Webseite ohne deutsches Impressum.

Fragwürdige Journalistenkritiker

Ein paar Leute haben eine Polylux-Redakteurin reingelegt und anschließend ein lustiges Video veröffentlicht, mit dem sie ebenfalls sehr viel Spaß hatten. Die Aktion war ein voller Erfolg: viele Medien und noch mehr Blogs berichteten über diesen „Medien-Hack“.

Kurz bevor sich die Polylux-Redaktion in ihrer Sendung rechtfertigen will, hat das Kommando „Tito von Hardenberg“ nun eine eigene Rechtfertigung nachgeschoben. Nein, das Ganze war kein Jux, sondern fundierte Gesellschaftskritik an fragwürdige Recherchemethoden:

„Sinn und Zweck der Aktion war es, am Beispiel Polylux auf fragwürdige Recherchemethoden in der Medienlandschaft hinzuweisen.“ Eine einfache Google-Suche hat ergeben: Polylux sucht häufiger mittels Anfragen in Internetforen nach Protagonisten für Beiträge. Egal ob Speed-User, Sektenaussteiger, überforderte Studenten oder Menschen ohne Beziehungserfahrung – stets kommt das „Frischfleisch“ für die nächste Sendung aus der „lieben Community“ im Internet. Ob es sich bei dieser Art der Protagonisten-Akquise überhaupt um Recherche handelt, ist fraglich.

Nun, die Frage kann ich den Spaß-Guerilleros gerne beantworten. Natürlich ist das Recherche. Irgendwo muss jeder anfangen. Und warum sollte man irgendein Kommunikationsmittel pauschal ausschließen? Solange der Foren-Beitrag nicht der Endpunkt der Recherche ist, ist gegen diese Methode nichts zu sagen.

„Die Methode, mit einer offenen Anfrage in Web-Communities nach Protagonisten zu suchen“, so die Sprecherin weiter, „birgt die Gefahr, schnell an falsche Gesprächspartner zu geraten. Eine qualitative Recherche nutzt persönliche Kontakte im jeweiligen Umfeld, um an glaubwürdige Interviewpartner zu gelangen, und bietet nicht jedem, der gerade will, die Möglichkeit, irgendetwas in eine Kamera zu sprechen.“

Das ist gelinde gesagt Blödsinn. Wer seine „qualitative Recherche“ ausschließlich auf persönliche Kontakte gründet, hat die falschen Gesprächspartner abonniert. Denn wenn Journalisten ausschließlich die eigenen Kontakte nutzen, besteht die Öffentlichkeit im Medienspiegel bald ausschließlich aus Akademikern, PR-Arbeitern und IPhone-Besitzern. Verlassen sie sich auf die persönlichen Kontakte von Experten, werden die immer Personen präsentieren, die genau zu den eigenen Thesen passen.

Irgendwie erinnert die Polylux-Aktion an die Reichstagskletterer vom letzten Jahr. Auch dort hatten wir eine öffentlichkeitswirksame Aktion. Nur was machten die vermeintlichen Revolutionäre damit? Gar nichts.

Prominenz erzeugt Prominenz

Viele Leute fragen sich, warum Mitarbeiter von dieser oder jene Firma immer wieder als IT-Experten zitiert werden. Bei Stefan Niggemeier habe ich die Antwort gefunden – in einem Antwortschreiben des NDR-Intendanten Jobst Plog, in der er auf Kritik an einem Interview mit Bert Weingarten eingeht:

Herrn Bert Weingarten im Zusammenhang mit dem „Killerspiel“ CoD zu interviewen, halte ich für völlig legitim. Er ist als Fachreferent zu zahlreichen internationalen und nationalen Kongressen zum Thema Internetsicherheit geladen, in Deutschland u. a. beim „Bund deutscher Kriminalbeamter“ (BdK). Zu den Zuhörern gehörten u. a. Kriminalisten, Innenminister und zahlreiche Journalisten. Zudem wird er auch von zahlreichen anderen öffentlichrechtlichen wie auch kommerziellen Sendern interviewt, u. a. ZDF oder WDR. Auch zahlreiche Printmedien zitieren Weingarten als IT-Experten (u. a. „Süddeutsche Ztg.“ vom 11. Januar 2007, „Berliner Ztg.“ vom 13. Februar 2007 oder „die tageszeitung“ (TAZ) vom 25. November 2006 oder „Die Welt“ vom 14. August 2006).

Wer interviewt wird, ist Experte. Und Experten werden interviewt.

PS: Eine Alternativformulierung: Fools rush in where fools have been before.

Mein Chemielehrer war eine Niete

In einer Infobox klärt Spiegel Online über TATP auf.

Eine TATP-Bombe ist einfach herzustellen: „Alles was man an Fähigkeiten dafür braucht, ist das Wissen aus dem Chemieunterricht der zehnten Klasse“, sagt der Cottbuser Kampfstoffexperte Wolfgang Spyra.

Also ich habe mich in der zehnten Klasse noch mit den Feinheiten der Wasserstoff-Brückenbindung und ähnlich unergiebigen Stoffen auseinandergesetzt – ich habe nicht Explosivstoffe unter Verwendung von Säureverdünnungen als Katalysatoren zusammengemischt. Sprengstoffexperten sind halt keine Lehrplanexperten.

Flüssigsprengstoffe auf Wasserstoffperoxid-Basis wurden unter anderem bei den versuchten Anschlägen auf britische Flugzeuge im vergangenen Jahr verwendet, sagt Kampfstoffexperte Spyra.

Verwendet wurden sie zum Glück nicht. Ob sie überhaupt existierten, ist AFAIK mehr als zweifelhaft. EU-Parlamentarier scheinen diese Meinung zu teilen.

TATP-Bomben seien allerdings in der Herstellung und beim Transport höchst gefährlich: Die kleinste Erschütterung bringt sie zur Explosion. „Wenn ein Selbstmordattentäter mit einer solchen Bombe im Auto in eine Menschenmenge rast, ist die Überlebenschance gleich Null.“

Und wie ist die Überlebenschance für den Zehntklässler bei der Herstellung?

PS: Tagesschau.de hat den Experten Spyra auch in einem Infokasten verfrachtet. Dort wird sein Name allerdings verschwiegen, das Zitat mit der Autobombe ist aber identisch.

2. PS: Kaum habe ich drüber gebloggt, ist der Infokasten aus dem Tagesschau-Artikel wieder verschwunden. Ich platziere ihn mal hier:

Screenshot Tagesschau.de: TATP-Infokasten