Gebt uns den Objektivdeckel zurück

Jede Webcam in Tablet, Smartphone und PC sollte mit einem Schieber physisch verschließbar sein. Ich will mich nicht ständig von meiner Hardware anstarren lassen.

So ein kleiner integrierter Objektivdeckel kann sogar die Bequemlichkeit beim Nutzen steigern. Wenn ich das Objektiv öffne, kann automatisch eine Kamera-App geöffnet werden – ich muss nicht erst über den Startbildschirm gehen. Hangouts könnten einfach zwischen Zuschauern und Teilnehmern unterscheiden.

Zirkeldiskussion mit und ohne Facebook

Wenn es um Facebook und den Datenschutz geht, wiederholen sich irgendwie die selben Gespräche immer wieder.

„Wozu braucht Facebook das?“
„Du hast das Netz nicht verstanden“
„Das mag sein. Wozu braucht Facebook das?“
„Na, um Daten zu erfassen.“
„Aha. Und was bringt mir das?“
„Anders klappt Facebook nicht.“
„Aha. Und was bringt mir das?“
„Anders klappt Facebook nicht.“
„Aha. Und was bringt mir das?“
„Anders klappt Facebook nicht.“

Zu gleicher Zeit an anderer Stelle.

„Wieso soll ich nicht Facebook verwenden dürfen?“
„Du hast den Datenschutz nicht verstanden.“
„Das mag sein.Aber wovor will mich der Datenschutz bewahren?“
„Na, Deine Daten.“
„Aha und was passiert mit denen?“
„Die gehen an Facebook. In den USA!“
„Aha und was passiert mit denen?“
„Die gehen an Facebook. In den USA!“
„Aha und was passiert mit denen?“
„Die gehen an Facebook. In den USA!“

Wir brauchen die Daten-Debatte. Jetzt!

Wir sind auf einem Ozean. Rechts von uns: Daten. Links von uns: Daten. Vor uns und hinter uns: Daten – bis zum Horizont. Über Jahre haben die Zuflüsse aus Facebook, Google, INPol und T-Com ein Weltmeer anschwellen lassen und nun segeln wir unter verlorener Flagge auf dem Daten-Ozean. Das heißt: wenn das Wetter gut ist, dann gleiten, dann surfen wir regelrecht dahin. Welcher Kinofilm ist toll? Welcher Politiker hat betrogen? Wo finde ich freunde in feindlicher Welt? Kein Kurs ist verwegen genug und überall gibt es unentdeckte Küsten, die nur auf uns warten.

Doch da ist ein Loch im Boot. Wir nannten es Vorratsdatenspeicherung und fanden es ganz schlimm, dass die Daten in den Rumpf eindrangen. Mit beiden Händen und ein paar Tüchern schafften wir es das Leck abzudicht. Doch unser Rumpf ist marode und der Ozean von Daten dringt aus Dutzenden von Ritzen und Löchern in unser Boot. Unsere Kinder versuchen sie mit Konservendosen zu schöpfen und über die Reling zu schütten. Doch wie lange werden ihr schwachen Arme das wohl mitmachen? Wir werden wohl untergehen. Und dann? PostPrivacy? Die Herrschaft der Facebook-Hedonisten? Oder: Polizeistaat? 1984?

Richten wir den Blick auf ein Leck, durch das schon seit Jahren Wasser sprudelt, das uns aber erst jetzt aufgefallen ist: Routinemäßig scheint die Polizei in Sachsen seit Jahren Positionsdaten von Handybesitzern abzufragen. Die Sächsische Landesregierung hat dazu einen Rechtfertigungsbericht veröffentlicht. Darin heißt es:

Im Ergebnis der Abfrage erhält die Polizei eine Vielzahl von Verkehrsdaten übermittelt. Die Polizei erkennt anhand der erhaltenen Verkehrsdaten lediglich, welche Mobilfunkgeräte wann, wo und wie vor Ort waren. Sie ersieht aus den Daten aber nicht, wer der Anschlussinhaber ist, damit erst recht nicht, welche Personen miteinander kommuniziert haben oder welchen Inhalt das Gespräch oder die SMS hatte.
Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass eine auf eine Tatörtlichkeit und einen Tatzeitraum bezogene Abfrage der Verkehrsdaten, insbesondere bei einer hohen Personendichte in dem Gebiet, wie sie am 19. Februar 2011 zu verzeichnen war, eine überaus große Zahl von Verkehrsdaten erbringt.

Also alles in Ordnung. Zwar ist eine hohe Anzahl von Daten abgefragt worden, aber sie waren an sich nicht schädlich. Denn für brisante Datenabfragen braucht es schwere Straftaten und echte Beweise.

Um Bestandsdaten (Name, Vorname, Adresse und Geburtsdatum des Mobilfunk-Anschlussinhabers), die zu einer festgestellten Mobilfunknummer gehören, vom Provider zu erhalten, ist in einem zweiten Schritt ein weiterer Antrag zu der relevanten Mobilfunknummer an den Mobilfunknetzbetreiber erforderlich. Hierfür ist weder eine staatsanwaltschaftliche Verfügung noch ein richterlicher Beschluss erforderlich. Diese Abfrage erfolgt allein auf
Grundlage des § 112 TKG.

Hoppla, also sind doch keine schweren Straftaten und Beweise erforderlich — wenn irgendwo in der Umgebung eine mutmaßlich gravierende Straftat stattfand, kann jeder neugierige Polizist die rechtsstaatlichen Beschränkungen der Datenabfragen umgehen. Um im Bild zu bleiben: da war ein riesiges Leck und wir sahen es nicht, weil ein nasses Pflaster darüber klebte

Das ist bei weitem kein Einzelfall. Zum Beispiel muss der rheinland-pfälzische Landtag aus dem Urlaub in eine Sondersitzung gerufen werden, um über die Immunität des CDU-Abgeordneten Michael Billen zu entscheiden.

Der Vorwurf:

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Eifeler CDU-Abgeordneten vor, er habe seine Tochter – eine Polizistin – angestiftet, geheime Polizeidaten zu umstrittenen Geschäftspartnern des Nürburgrings zu beschaffen. Billen will die Daten bei ihr nur „abgegriffen“ haben. Die zunächst geplante Privatfinanzierung des Nürburgring-Ausbaus war 2009 spektakulär gescheitert.

Politische Spionage? Whistleblowing um einen veritablen politischen Skandal aufzudecken? Darüber müssen nun die Gerichte entscheiden — wenn sie denn Mal zum Zug kommen.

Diese zwei Beispiele sollten den Datenschützern zeigen: mit Fundamentalopposition zur Vorratsdatenspeicherung ist es nicht getan. Wir sind nicht mehr auf trockenem Land, wo es ab und zu aus Sicherheitslücken regnet. Wir sind draußen, auf weiter See. Und die meisten sind Nichtschwimmer.

Auch jenseits von Polizei und Politik leckt und sickert es. Die 20 Hacks bei Sony, LulzSec, die IRC-Leaks von LulzSec oder die Lecks der selbsternannten Wikipedia-Wächter oder die der offiziellen Wikipedia-Wächer. Ich könnte beliebig weiter aufzählen.

Daten sind nicht sicher und wir wissen nicht wirklich, wie wir mit ihnen umgehen sollen. Was machen wir nun mit diesem Ist-Zustand? Sollen wir einer illusionären Datenseicherheit hinterherlaufen? Oder das Schiff versenken und postprivatär Schwimmen lernen. Ein paar werden absaufen, aber das ist eben der Preis des Fortschritts.

Das Ziel sollte meines Erachtens — wie so oft — in der Mitte liegen. Wir haben in den letzten Jahren auch Kulturtechniken erfunden, um mit Informationen umzugehen. Paravants. Die katholische Beichte. Telefonbücher. Nummernschilder. Nicht jede Entwicklung war gut, aber wir haben gelernt, damit zu leben.

Albernheiten und Publicity-Stunts hatten wir auf beiden Seiten mehr als genug. Spackeria oder ein facebook ohne Frau Aigner — das sind oberflächliche Aktionen, mit denen sich Leute um Extrempositionen scharen können. Die Mitte der Gesellschaft hat die Debatte aber noch nicht erreicht.

Haben wir als Gesellschaft noch die Kapazität, dieses Problem anzugehen. Neben Finanzmarkt, Energiewende und den neuen Senderplänen mit Thomas Gottschalk? Ich finde wir sollten uns die Zeit nehmen, wir müssen uns die Zeit nehmen.

Oder wir lernen eben Wassertreten. Bis zum Horizont.

Schwerer Datenfriedensbruch

Es ist eigentlich kein Argument, es ist ein Klischee:

Wenn die Infrastruktur, die Technik, erst Mal installiert ist, wird sie auch missbraucht werden. Überwachungsstaat. 1984. Jaddajaddajadda…

Das Problem: Es stimmt. Immer und immer wieder. So hat die taz Mal einen sehr lesenswerten Artikel zu den Ermittlungsmethoden bei einer Anti-Nazi-Demo in Dresden veröffentlicht.

Die Dresdner Polizei hat bei den Antinaziprotesten im Februar dieses Jahres die Handyverbindungen von tausenden Demonstranten, Anwohnern, Journalisten, Anwälten und Politikern ausgespäht. Wie die Staatsanwaltschaft Dresden der taz bestätigte, wurde am 19. Februar weiträumig eine sogenannte Funkzellenauswertung (FZA) durchgeführt.

Dabei erfasste die Polizei über einen Zeitraum von mindestens viereinhalb Stunden sämtliche Anrufe und SMS-Nachrichten, die bei allen Personen ein- oder ausgingen, die sich in der Südvorstadt aufhielten. Gespeichert wurden auch die exakten Positionen der Telefonnutzer. 12.000 Menschen wohnen in dem überwachten Gebiet, hinzu kamen an diesem Tag tausende Demonstranten, etliche Journalisten, Anwälte und Politiker.

Es geht um den Vorwurf des „Landfriendensbruchs“, der so ziemlich alles abdecken kann von der Rangelei mit Polizisten bis zu missverständlichen Sprechchören, Sitzblockaden und dem Werfen von Steinen und Flaschen. Da Nazi- und Anti-Nazi-Demonstranten aufeinander trafen, haben die Ermittler gleich prophylaktisch alle Daten abgegriffen und die Netzbetreiber haben ganz nach Gesetz mitspielen müssen und dicht gehalten.

Dass diese Zweckentfremdung juristisch nicht haltbar sein wird, hat auch die Staatsanwaltschaft inzwischen erkannt. „Die Polizei hat die Daten etwa im Fall von Herr Leye in die Akten übernommen. Wir halten das für nicht notwendig und nicht verwertbar“, sagt Haase.

Auf Deutsch: Niemand hätte davon erfahren müssen.

Und wie man es kennt: wenn die „FZA“ für rechtswidrig erklärt wird, wird niemand Verantwortung übernehmen müssen. Ein paar Seiten werden aus Ermittlungsakten entfernt, vielleicht gibt es ein paar Freisprüche dritter Klasse, nachdem die Beschuldigten durch die Gerichtsmühle gedreht wurden. Und beim nächsten Mal verzichtet die Polizei nicht etwa auf die Komplettüberwachung – sie wird halt nicht in die verräterischen Akten aufgenommen.

Es geht mir hier nicht um politische Sympathien, auch bei der originären Nazi-Demonstration haben solche Ermittlungsmethoden in meinen Augen nichts verloren. Quasi eine ganze Stadt abhören, um Verbrechen aufzuklären, die unter freiem Himmel und unter den Augen (und Videokameras) der Polizei verübt werden? Wie konnte die Polizei nur vor 20 Jahren Verbrechen aufklären?

Wo Korruption enthüllt wird, wird Datenschutz plötzlich wichtig

Während sich alle Welt fragt, wie Sony für das Leaken seiner Playstation-Datenbank angemessen bestraft werden kann, macht Indien Nägel mit Köpfen. Ein neues Datenschutzgesetz ist auf dem Weg und es sieht sogar Haftstrafen vor:

The UPA government is planning to set up a three-member Data Protection Authority of India, whose main functions would include monitoring and enforcing compliance of the proposed data protection laws and to “investigate any data security breach”. […] The Act proposes a maximum punishment of five years and/or fine of Rs 7 lakh for the first offence and Rs 10 lakh for every subsequent offence.

Endlich kümmert sich jemand um die skandalösen Umgang der Industrie mit den Daten der Bürger. Es ist schon zum Mäusemelken, wenn selbst die Unesco Bewerberdaten in die Welt pustet. Privatsphäre ist kein Privileg, sondern ein Recht. Und der Staat muss es schützen!

The Bill, a copy of which is with The Sunday Express, proposes to put in place a system to protect not just the privacy of an individual and secure all intercepted material, including phone taps, but also his “honour and good name”. The proposed law also aims to empower an individual or group of individuals to take legal recourse to protect the “confidentiality of his private or family life”; seek protection from “search, detention or exposure of lawful communication”: have privacy from surveillance: ensure confidentiality of his banking and financial transactions as well as his/her medical and legal information.

Ja, der indische Gesetzgeber denkt noch an die Familie. Jedermann wird in Zukunft geschützt von diesen Halunken, die in Indien offenbar wahllos Telefone abhören und das Privatleben des einfachen Mannes und seiner Familie in den Schmutz zerren. Intimste Details: die Akne der Tochter, der Bankauszug der Kreditkarte der Mutter.

Work on drafting the Bill began in December last year after the uproar over selective leakage of intercepted phone conversations between corporate lobbyist Niira Radia and her clients.

Auf Deutsch: alles oben Geschriebene ist reine Fantasie. Das Interesse für Datenschutz ist erst ausgebrochen, als die grassierende Korruption im Lande wieder einmal publik wurde, die mittlerweile immer mehr Menschen zum entschlossenen Protest antreibt. Nach einem Hungerstreik eines Aktivisten und breiter öffentlicher Unterstützung sah sich die Regierung zu einem Anti-Korruptionsgesetz genötigt. Das geplante Datenschutz-Gremium kann aber einen Deckel drauf halten, wenn die Korruption aufgedeckt wurde. Mitgeschnittene Gespräche, mitgefilmte Geldübergaben? Privat! Überweisungen auf das Firmenkonto der Ehefrau? Geht die Öffentlichkeit nichts an!

Manchmal fällt es echt schwer, nicht zynisch zu werden.

(via)

Pre post privacy

Was mich an der „Post Privacy“-Debatte nervt ist die gnadenlose Überhöhung des Ist-Zustandes. Die „Spackeria“ tut so, als seien Twitter und Facebook der größte revolutionäre Akt, der die Lebensverhältnisse auf den Kopf stellt. Die Datenschutz-Anhänger hingegen halten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung hoch, als sei es ein direktes Ergebnis der Aufklärung und in jeder Verfassung der westlichen Welt direkt neben Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Grundsätzen zu finden.

Ich hingegen frage mich: wenn jetzt das post privacy-Zeitalter eingeleitet wird, wann hatten wir jemals das privacy-Zeitalter? Im Mittelalter, als jeder in die Dorfgemeinschaft so eng zusammenlebte, dass niemand aufs Klo gehen konnte ohne dass es die Nachbarn sahen? Oder in der frühen Neuzeit, als die Arbeiter sich in den Mietskasernen ihre Toiletten teilten? In den 70ern, als der Terrorismus-Wahn die Rasterfahndung gebar?

Heute habe ich in der New York Times ein Stück über das Problem Sexting gelesen:

“Ho Alert!” she typed. “If you think this girl is a whore, then text this to all your friends.” Then she clicked open the long list of contacts on her phone and pressed “send.”

In less than 24 hours, the effect was as if Margarite, 14, had sauntered naked down the hallways of the four middle schools in this racially and economically diverse suburb of the state capital, Olympia. Hundreds, possibly thousands, of students had received her photo and forwarded it.

Zwei Dinge fallen mir auf: Es brauchte weder Facebook, noch Twitter oder ein sonstiges Internetangebot, um das gesellschaftliche Leben dieses Mädchens zu zerstören – es genügte der Mobilfunk. Eine Technik, die uns so selbstverständlich geworden ist, dass wir ihren revolutionären Charakter in weniger entwickelten Ländern gar nicht mehr in Augenschein nehmen.

Zweiter Aspekt: Wann hätte ein Mädchen ungestraft Nackbilder von sich weiter geben können? In meiner Schulzeit hatten wir keine Handys, aber es gab Kopierer und ein Foto zu reproduzieren hätte selbst ich in zwei Stunden im Fotolabor geschafft. Die technische Schwelle ist sicher niedriger — aber das grundsätzliche Handlungsmuster ist nicht alleine durch die Technik gegeben. Wer Nacktfotos von sich verteilt, gibt sich ganz in die Hand des Empfängers.

Recht auf Vergessen

Jeder One-Night-Stand endet um 9 Uhr. Plus eine Stunde pro Promille. Bitte verlasse die Wohnung, vergiss keine Kleidungsstücke und erwarte bitte kein Frühstück. Ich will mit einem Kater aufwachen und nicht mehr wissen, was passiert ist. Das ist Romantik.Liebe ist keine Ansammlung von Fakten.

Das passiert doch jedem Mal? Nein! Das ist noch nie passiert. Mit Dir stimmt doch was nicht! Aber vergiss nicht: morgen ist wieder alles OK.

Vergesst das Familienrecht. Väter sind eine Illusion. Die unbefleckte Empfängnis dagegen ganz normal.

PS: Vielleicht könnte man das Recht auf Vergessen am einfachsten durchsetzen, wenn man vorher das Recht auf Rausch institutionalisiert.

Blick von jenseits des Tellerrands

Im September hat sich ein Michael Bernstein vom US-amerikansischen National Public Radio auf den Weg gemacht, um den Berichten über die Proteste gegen Google und Facebook in Deutschland nachzugehen, das Verhältnis der Deutschen zu ihrer Privatsphäre zu ergründen. Ich war einer derjenigen, die von Bernstein befragt wurden und ich weiß nicht, ob ich mehr zur Verwirrung oder zur Aufklärung der Situation beigetragen habe.

Jetzt ist das Ergebnis dieser Reportagereise online: herausgekommen ein interessanter Mix aus den verschiedenen Sichtweisen auf das Thema.

In a country where hanging out in the park naked is a weekend pastime, Germany has recently made international headlines for its virtual prudishness. American tech companies are under close scrutiny. Facebook was threatened with fines if it didn’t tighten its privacy controls. Apple’s iPhone 4 raised concerns over collection of user data. And then, of course, there was that enormous brouhaha over Google Street View.

Der Englische Garten hat offenbar großen Eindruck in den USA gemacht. So sind wir wohl jenseits der Atlantik als FKK-Volk bekannt. Aber wenn Bernstein historische Zusammenhänge bemüht, wird es noch interessanter: denn nicht nur der säbelschwingende Adel, sondern auch die Nazis haben uns ihren Stempel aufgedrückt.

Yale Law School Professor James Whitman says this idea has roots in Europe’s legacy of dueling. When private details went public in the past, nobles challenged the leaker to a duel with a sword or pistol. An invasion of privacy, after all, was an attack on one’s honor.
Today in Germany, weapons have been replaced by strict privacy laws. And while many Germans may think the laws were made in reaction to their totalitarian past, in fact, Whitman says, quite the contrary.

JAMES WHITMAN: The Nazis insisted on the right of every ordinary German to protection of personal dignity and personal honor. Privacy in the German sense – every member of the national community had a right to dignity, including members of the lowest social status.

The fact the fascists made this promise belonged to their competition with Communist movements. What the Nazis were saying was that where they would not redistribute wealth, they would nevertheless redistribute honor.

Eins ist mir klar geworden: Das Thema Datenschutz ist noch komplexer als ich es bisher annahm. Es fällt mir sehr schwer jemandem aus einem anderen Kulturkreis wie den USA mein Verständnis über Datenschutz und Privatsphäre zu erklären – nahezu unmöglich ist es hingegen, eine konsistente Erklärung zu finden, wie es denn dazu kam.

Aprospos:

Seit der WLAN-Affäre im Mai sind in Deutschland keine Autos mehr unterwegs. […] Nun muss sich Google in Italien einen höheren Auflage stellen. Auf der Webseite muss Google nun drei Tage im Voraus ankündigen, wo Aufnahmen geplant sind. Dies ist wesentlich genauer als in Deutschland, wo nur der Zeitraum für zwei Monate genannt wurde.

Das entspricht ja ungefähr dem, was ich im August vorgeschlagen hatte.

Lösung für das Street-View-Problem

Wer sich der Geschichte nicht erinnert, ist dazu verdammt sie zu wiederholen. Während alle Welt nach einer neuen Balance zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit sucht, habe ich in die Geschichtsbücher gesehen und die Lösung gefunden. Der brtitische Locomotive Act von 1865, auch bekannt als der Red Flag Act:

Das Gesetz schrieb vor, dass ein Gefährt ohne Pferde bzw. ein Automobil mit einer Geschwindigkeit von maximal 4 Meilen (~ 6,4 km/h) in der Stunde fahren durfte. Innerhalb der Ortschaften betrug das Limit 2 Meilen pro Stunde.. Bei jedem Automobil mussten 2 Personen zum Führen des Fahrzeugs anwesend sein und ein Fußgänger hatte vorauszulaufen, der zur Warnung der Bevölkerung eine rote Flagge tragen musste. Diese Vorschrift wirkte sich 31 Jahre äußerst hinderlich auf den Verkauf, auf die Entwicklung und den Bau von Automobilen in Großbritannien aus.

Aber genug mit der Polemik.

Einer der Vorbehalte gegen Google Street View ist, dass das Google-Auto die Menschen unvorbereitet erwischt. Mal nicht Richtung Straße geguckt und schon wird ein Kinderspiel zum weltweiten Medienereignis. Das ist eine andere Dimension als der Tourist, der mit seinen Fotos das Lokalkolorit einfängt oder das Pressefoto, das in Altpapier und nie mehr aufgerufenen Archiven verschwindet.

In meiner Heimat gab es den tollen Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ – Wochen bevor die Jury durch das Dorf schritt wurden Blumenbeete aufgefüllt, Fahnen aufgehängt und Fassaden gestrichen, eine Kehrwoche eingelegt. Man wollte sich im besten Licht zeigen, wenn der Bürgermeister die weit angereisten Juroren herumführte.

Irgendwie klappt das bei Google nicht richtig. Ich erfuhr, dass Google Köln abfotografiert, als ich den Kamerawagen in der Aachener Straße sah. Nicht gerade versteckt, aber nicht so auffällig, dass es einem hätte auffallen müssen. Vor allem, wenn man auf dem Balkon grade anderen Beschäftigungenen nachgeht.

Vielleicht sollte Google neben dem Widerspruchsfomular auch einen Antrag online stellen, das eigene Haus nochmal besser fotografieren zu lassen. Wenn eh ganze Straßenzüge Widerspruch einlegen wollen, rentiert sich vielleicht die Korrekturfahrt. Für künftige Kameratouren könnte Google ja auch einen Benachrichtigungs-Service anbieten. Sie wollen wissen, wann das Google-Auto vorbeifährt? Kein Problem – Google schickt eine Mail.