Seitenhiebe auf Fefe

Felix von Leitner und ich haben furchtbaren Streit. Es klingt zumindest so. Weil: ich habe Vorbehalte gegen eine bestimmte Einstweilige Verfügung, er hingegen findet alle Einstweilige Verfügungen doof – außer natürlich denen, bei denen sein Verein auf der Gewinnerseite steht. Uns trennen also Welten.

Desweiteren beschwert sich Felix, dass er auf Twitter meine Seitenhiebe auf ihn nicht lesen kann, obwohl er offenbar die Retweets kennt. Logik 2.0. Um das Geheimnis zu lüften: diese „Heckenschützen“-Seitenhiebe sind eigentlich genau das, was ich zum Beispiel hier, da und dort aufgeschrieben habe, natürlich mit erheblich weniger Text. Das Muster ist immer gleich: Leute lesen bei Fefe eine Ente oder ein paar völlig aus dem Zusammenhang gerissene Faktenschnippsel und reichen den Link massenhaft weiter. Ich schnappe das zufällig auf und schreibe denjenigen kurz zurück, was daran nicht stimmt.

Meist handelt es sich meist um Kleinigkeiten, Petitessen. Zum Beispiel wenn er triumphierend Analograuschen auf einer Digitalaufnahme entdeckt – obwohl der Ersteller ausdrücklich sagt, dass er keine Digitaltechnik verwendet hat. Oder wenn er aus einer gekürzten Agenturmeldung eine finstere Verschwörungstheorie bastelt, obwohl der so schmerzlich vertuschte Fakt einen Klick weiter steht. (Ja, Focus Online gehört auch zu meinen Auftraggebern, nein, das ist nicht der Grund für die Kritik.) Etc, pp. Früher habe ich Felix auch schon Mal direkt gemailt. Aber irgendwie war er an Korrekturen erheblich weniger als an meinen Tweets interessiert.

In den meisten Fällen wäre nur ein ein Minimum an Neugierde, ein weiterer Klick nötig, um zu erkennen, dass eine Meldung falsch ist, dass der Kontext ein ganz anderer ist, dass eine Quelle ganz und gar unglaubwürdig ist. Manchmal würde es auch genügen die verlinkten Artikel überhaupt mal zu lesen.

Dann würde einem vielleicht auch auffallen, dass ich mich im Bildblog keinesfalls für grenzenlose Gerüchterstattung ausspreche. Um den Eindruck zu erwecken hat Fefe natürlich wieder den Part mit den Konjunktiven und dem Dementi – absichtlich oder aus Leseschwäche? – mal wieder in den falschen Zusammenhang gestellt. Und natürlich ist eine Einstweilige Verfügung nicht alternativlos: wenn jemand Lügen erzählt ist es oft am ehesten, wenn man ihm offen widerspricht. Auch für einen kurzfristigen Triumph gegen Springer würde ich nicht zu Mitteln greifen, die für Journalisten das Äquivalent zum „Hackerparagraphen“ sind.

Schmuddliger gehts immer

Dass die BILD und die Roche nicht das beste Verhältnis haben, ist wohl bekannt. Kurios mutet ein Artikel heute auf der Titelseite von Bild Online an. „Wie viel Porno steckt in Charlotte Roche?“ fragt die Redaktion und untertit(t)elt: „Schmuddel-Buch in der Kritik“.

Das ganze Stück besteht aus scheinbar wahllos zusammengesuchten Kommentaren ungenannter Internet-Nutzer. Kein Neuigkeitswert – nichts. Weiter unten wird es kurios:

Bild.de über das Schmuddel-Buch

Ich kann mich nicht entscheiden. Will da jemand Charlotte Roche niederschreiben? Oder ist das Werbung – auf Porno steht die Bild.de-Kundschaft ja erwiesenermaßen. Oder soll der Button „Mehr Erotik“ unten die Botschaft verbreiten: „Diese Roche mag noch so schmuddelig sein – wir können noch viel, viel schmuddliger„? Oder brauchte die Redaktion nur Platz, um die vertraglich zugesicherten Erotik-Anzeigen in der rechten Spalte günstig zu platzieren?

PS: Das Buch werde ich wohl nicht lesen.

Der Bild-Leser

Heute habe ich tatsächlich einen Bild-Leser getroffen. Ein zirka 50-jähriger Mann mit Hund bediente sich tatsächlich an einem dieser stummen Verkäufer, als ich mit dem Fahrrad an der Ampel wartete.

Immerhin: auf meinen vorwurfsvollen Blick in Verbindung mit verständnislosen Kopfschütteln reagierte er angemessen: er senkte den Blick verschämt, steckte das Blatt schnell weg und trollte sich.

Aber vielleicht habe ich ihm Unrecht getan. Vielleicht hatte er nur die Plastiktüte vergessen um den Hundehaufen wegzumachen. Das wäre nun wirklich ein angemessener Verwendungszweck.

Watch out, blogger!

Der Kommentator – t – enthüllt

Leider war Herr Niggemeier mal wieder schneller:
„bildblogblog.de” hat er am 31. August 2007 bei der DENIC registrieren lassen, „bildwatchblog.de” am 13. Juli 2007.
„bildwatchblogwatchblog.de” ist noch frei.

Skandal! Da nutzt der Alpha-Watchblogger doch tatsächlich seine Werbemillionen, um die dringend nötige, überfällige – ich möchte sagen: natürliche – Kritik an seinem Tun und Lassen zu monopolisieren. Und die willfährige Denic schaut zu!!

Aber nicht verzagen: niggewatch.de ist noch frei.

Berufskrankheit: mangelnde Recherche

Medienwissenschaftler Michaerl Haller findet Medienberichterstattung zu Heiligendamm nicht besonders schlecht – aber nur weil er den deutschen Journalisten eh nicht viel zutraut. So kommt es in diesem Interview rüber:

Der erwähnte vergleichsweise prominente Redner Walden Bello – ein Soziologe von den Philippinen – wurde nicht nur falsch zitiert, er wurde in einigen Printmedien auch fälschlich als Engländer oder als Autonomer bezeichnet …
… ein Hinweis, wie schlampig manche Journalisten arbeiten.

Wird derart mangelhaft recherchiert, weil die Redaktionen personell ausgedünnt sind?
Wichtiger ist ein anderer Umstand: Journalisten neigen stark zur Vorurteilsbestätigung. Man sucht nach Belegen, um seine Thesen zu bestätigen und wird allen anderen Dingen gegenüber nachlässig. So sind sehr viele solcher Fakten- oder Zuordnungsfehler passiert. Das kommt im deutschen Journalismus häufiger vor, hierzulande neigt man zu schlechter Recherche.

[…]

Leidet die journalistische Sorgfalt bei solchen Ereignissen unter dem Wunsch, möglichst schnell berichten zu wollen?
Das wäre eine Entschuldigung, über die man reden könnte. Die Sorgfalt leidet eher unter dem Lemming-Effekt, dieses „Ich schreibe auch so wie die anderen“. Das ist gerade in Deutschland sehr ausgeprägt. Irgendjemand wirft eine These auf, die dann als Tatsache behandelt, über die schnell im Indikativ geschrieben wird. Ohne, dass irgendjemand genauer prüft. So eine Meldung kann sich über Wochen halten, bis entweder jemand mit korrekten Daten aufwartet oder eines der Leitmedien richtig recherchiert. Früher wäre das die Aufgabe des Spiegel gewesen, heute fällt das eher der Süddeutschen zu.

Wäre es im Interesse der Glaubwürdigkeit der Medien, wenn solche Fehler schneller und an prominenten Stellen im Blatt eingeräumt würden?

Zweifellos. Und noch wichtiger wäre, dass man sich der journalistischen Sorgfaltspflicht vergewisserte und einige Fehler eben nicht machte.

Tja… und ein paar Zeilen später wird aus dem bildblog.de das bild-blog.de. So schnell kann Hallers These also bestätigt werden.

PS: Vier Tage nach meinem Hinweis per Email wurde der Text korrigiert.

Ade Bildblog

Tja, schon wieder werfe ich einen Feed aus meinem Feedreader. Diesmal das Bildblog. Den aktuellen Anlass bietet das Bildblog selbst: Brainpool dreht Werbefilme für Bildblog. Und wo soll der Spot gezeigt werden? Auf MTV, Viva und Comedy Central. Nun, für mich bedeutet das den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.

Wie gesagt: das ist nur der aktuelle Anlass. Ich habe in letzter Zeit gemerkt, dass einfach zu viel des Boulevardmists – zwar anonymisiert und entschärft – durch das Bildblog in meinen Aufmerksamkeitsbereich tröpfelte. Für mich relevante Informationen hingegen konnte ich kaum noch finden. Nach 27 Monaten Bildblog-Lesen habe ich wohl auch die wesentlichen Messages der Bildblogger verstanden.

Also: macht’s gut und danke für den Fisch.

Auch ein PS: Es tut mir leid, den Griesgram zu spielen, aber ich finde den Spot einfach schrecklich.

Was ist die Botschaft? Irgendjemand zählt die Lügen von schlechtem Essen, billigem Klunker und unehelichen Kindern. Und wer macht das normalerweise? Nein, nicht das Bildblog. Das sind die Themen von BILD selbst. Dazu noch zwei Fernsehprominente und das Set ist komplett. Tauscht man das Logo am Ende aus, hat man einen Fersehspot für die BILD, keine Entlarvung oder gar Bloßstellung. Das wäre nach der Werbung mit Brandt und Ghandi auch kaum möglich.

Würde der Sketch in einer Redaktion spielen, in der sich Redakteure mit Lügen überbieten („Ist das ein Seil?“ – „Nein, ein Schlagstock!“ – „Ein Monsterlaser!!“ – „Eine Atombombe!!!“), wäre die Botschaft klar.

Fasst die Bildblog-Terroristen!

Irgendjemand hat den Luxuswagen des BILD-Chefredakteurs Klaus Diekmann angezündet. Direkt nach dem Anschlag wussten die Kollegen in den Agenturen: Das hat mit G8 zu tun. Der Staatsschutz ermittelt, geht von einem politischen Hintergrund aus.

Im Zuge eines schnellen Ermittlungserfolges sollten die Behörden bei den Bildbloggern vorbeischauen. Ich bin mir fast sicher, dass sich auf den Computern von Stefan Niggemeier und den Kollegen sehr viele Hinweise auf Herrn Diekmann finden werden. Geht man nach diesem Telepolis-Artikel, reicht das ja als ganz heißer Verdachtsmoment aus. Mehr noch: die Bildblogger haben konspirativ öffentlich Diekmann hinterhergeschnüffelt. Ob sich da auch das Foto eines Autos findet? Das wäre fast ein Schuldeingeständnis.

Und so ist es auch nicht merkwürdig, dass ausgerechnet auf bild.de dieser Anschlag noch nicht zu finden ist – stattdessen wurde die aktuelle Wasserstandsmeldung von Seehofers Affäre zum Titel aufgeblasen: In vier Wochen ist der Geburtstermin. Wahrscheinlich eine ermittlungstaktische Maßnahme. Steigen die Bildblogger auf diese Vorlage ein, könnten sie sich verraten.

Zwei weitere Verdächtige will ich aber nicht verschweigen. Nummer Eins ist Steffi, das Girl von Seite 1. Provokativ hat sie dem BILD-Reporter ausgerechnet an diesem Tag das Statement „Ich bin Feuer und Flamme“ in den Steno-Block diktiert. Und natürlich darf man die Leute von Business News nicht vergessen. Die verkünden enttäuscht „Diekmann lebt!“ Wollten Sie ihm wegen der geklauten Idee des Berlin-Umzugs ans Leben?

PS: Knapp zwei Stunden nach meinem Eintrag erschien doch eine sehr kurze Kurzmeldung in dem bild.de-Newsticker. Keine Fotos, keine weiteren Infos. Schön, wenn selbst das Boulevard die Privatsphäre der Opfer schützt…

He, BILDblog

Am Montag scheint die BILD mal ausnahmsweise einen echten Skandal aufgedeckt zu haben: Soldatenfotos mit Leichenschändungen kursierten jahrelang bei der Bundeswehr in Afghanistan, weder Verteidigungsministerium noch deutsche Medien bekamen davon etwas mit.

Seitdem ist die BILD in allen Medien eine der Haupt-Quellen. Der DJV bezeichnet die Veröffentlichung als journalistisch einwandfrei. Auch das Interview mit einem der Soldaten hatte sich die Boulevardzeitung als erste gesichert und dabei neue sachliche Informationen in die öffentliche Diskussion eingebracht.

BILD als Informationsquelle

Lange Rede, kurzer Sinn: Die ganze Woche lang macht die BILD in allen Medien Schlagzeilen. Und im BILDblog finde ich dazu kein einziges Wort – nicht mal in der Spalte „Aktuelle Links“. Ist die BILD nun Thema des Blogs oder eben nur das, was in den Kram passt?

PS: Mittlerweile hat Bildblog das Thema doch mal aufgegriffen – als Beitrag in der Rubrik „Kurz korrigiert“ – die Zeitung hat sich im Waffentyp vertan. Dass die Boulevard-Zeitung die Bilder aus Afghanistan als Fortsetzungs-Fotoroman auf der Titelseite inszeniert und scheinheilig fragt was wohl als nächstes herauskommt, bedarf wohl keiner vertieften Analyse.

PPS: Bildblogger Stefan Niggemeier äußert sich im Telepolis-Interview:

Ich weiß nicht, ob man in so einem Fall mit klaren Kategorien wie „richtig“/“falsch“ arbeiten kann. Die genauen Hintergründe, die zur Veröffentlichung in „Bild“ geführt haben, kenne ich nicht, wie sorgfältig und verantwortungsvoll „Bild“ bei der Beschaffung der Fotos gearbeitet hat, kann ich nicht beurteilen. Die Darstellung des Falls durch „Bild“ scheint mir für eine Boulevardzeitung angemessen. Natürlich ergeben sich die üblichen Verzerrungseffekte: Egal wie oft die Medien betonen, dass es sich vermutlich um Einzelfälle handelt, werden sie doch nicht als solche wahrgenommen, sondern führen zu Pauschalurteilen. Dieser Effekt ist bei einer Boulevardzeitung noch stärker. Ich habe aber das Gefühl, dass „Bild“ in diesem Fall durchaus differenziert und alles andere als verallgemeinernd berichtet.

(Danke für den Hinweis an Marco.)

Nachtrag Diekmann-Paparazzi

Die Bildblog-Aktion hat viele Reaktionen hervorgerufen. Das Bildblog verlinkt Ablehnung und Zustimmung. (Kritik zu verlinken, ist ein Merkmal der „Guten“ der Blogosphäre.) Dass das „Blog“ Spiegel Online inmitten von gewöhnlichen Blogs verlinkt wird, kann wohl aus augenzwinkende Boshaftigkeit verstanden werden.

Seien wir realistisch: das Bildblog muss sehen wie es weitergeht. Die ewigen Korrekturen von Nichtigkeiten – ist der Trainer der venezualischen Nationalmannschaft 38 oder 53 Jahre alt? – hat seinen Höhepunkt überschritten. Mag das Bildblog auch zehn Mal auf den Top-Listen stehen – man muss sehen wie es weiter geht. Man kann sich auf einem Grimme-Preis ausruhen – aber nicht auf ewig.

Bildblog hat aus meiner Sicht verschiedene Optionen. Dass Bildblog einfach stur weitermacht wie bisher, ist keine Option. Jeder Bildblog-Leser weiß inzwischen von den Manipulationen der größten Boulevard-Zeitung Deutschlands. Repetita non placent – Wiederholungen gefallen nicht. Wenn man die tausendste Wiederholung der Litanei „Bild.de publiziert grenzwertige Inhalte“ oder „Bild anonymisiert nicht richtig“ gelesen hat, wird man die Seite nicht mehr aufrufen. Auch Bildblogger wollen leben.

Das Bildblog muss neue Methoden und neue Themen ausprobieren. Und natürlich müssen Blogs Grenzbereiche ausloten. Wer sich über die das Leserreporter-Experiment mokiert oder die Aktion hochjubelt, ohne die Seitenaspekte zu berücksichtigen, agiert blogtypisch eindimensional. Dafür oder Dagegen. Einige Blogger versehen den jeweiligen Standpunkt mit vielen Ausrufezeichen, aber selten mit Tiefe.

Einige der Seitenaspekte: wer meint, dass Diekmann plötzlich von Tausenden Hobby-Paparazzi belagert wird, überschätzt das Bildblog. Blog-Leser sind immer noch eine Minderheit – Leute, die tatsächlich wegen Blog-Postings aktiv werden sind noch bedeutend seltener. Dazu kommen die finanziellen Aspekte: Bildblog hat weder das Budget für Prämien auf Bild-Niveau, noch die Rechtabteilung des Springer-Verlags. Es gehen also bedeutend weniger Bilder ein und die Blogger werden bei der Auswahl etwas mehr Vorsicht walten lassen. Reichweite spielt eine Rolle. Wer Millionen Leser erreicht, hat mehr Verantwortung als der, der Tausende erreicht, Wer Geldprämien aussetzt, hat mehr Verantwortung als der, der schlicht um Mitwirkung bittet. Das bedeutet natürlich nicht, dass kostenlose Mitwirkung frei von jeder Verantwortung ist.

Die Aktion ist Teil einer Kampagne – sort of. Bildblog will Reaktionen von Bild provozieren. Reaktionen, die über die üblichen abfälligen Bemerkungen seitens der Springer-Verantwortlichen hinausgehen. Und Bildblog will Reaktionen seiner Leser provozieren – werden sie mehr machen als nur Links anzuklicken und „sachdienliche Hinweise“ zu mailen. Ansonsten würden die Bildblogger auf ewig als kostenloses Korrektorat des Springer-Verlags fungieren.

Das Leserreporter-Experiment hat sehr spannende Aspekte: Kann das Bildblog seine Leserschaft so motivieren, dass wirklich Bilder von Diekmann geschossen werden – ohne die 500 Euro Honorar? Werden die Bildblog-Leser etwas bewusster mit dem Persönlichkeitsrecht umgehen als die BILD-Leser? Wird das Bildblog verantwortungsbewusster umgehen als die BILD-Redaktion? Und: Wer will schon verantwortungsbewusste Inhalte lesen?