Wie sich die Wikipedia gegen Zensur wehrt

Es ist mal wieder soweit: Ein Gericht hat eine Passage in einem Wikipedia-Artikel als unzulässig erachtet. Das kommt öfter mal vor. Offiziell will sich die Wikimedia Foundation nur an US-Recht halten, das sie von Haftung weitgehend freistellt, wenn sie nicht offiziell und überzeugend über einen Fehler informiert wurde.

Diesmal geht es um ein griechisches Gericht. Ein griechischer Politiker sah sich durch einen Wikipedia-Artikel unzulässig dargestellt — insbesondere ging es wohl um eine Passage, in der ihn sein eigener Schwiegervater mit herabsetzenden Äußerungen belegte. Der Wikipedianer, der die entsprechende Passage im Artikel eingetragen hatte, sah sich hingegen im Recht: Schließlich war das Zitat von mehreren Medien veröffentlicht worden, auf die er sich in dem Artikel bezogen hatte. Und der Politiker hatte diese Medien nicht verklagt.

Der Politiker hat heute den ersten juristischen Kampf gewonnen und eine vorläufige Verfügung erwirkt. Und er hat gleich mehrfach verloren: Denn nicht nur haben sich viele andere Wikipedianer mit dem betreffenden Autoren solidarisiert, der Artikel steht auch weiterhin unverändert online. Zwar hatte der Autor wie verlangt die Passage entfernt, andere stellten den Artikel wieder in der ursprünglichen Fassung her. Dank des Streisand-Effektes wissen nun viel mehr Leute, was der Vater des Politikers sagte. Der verklagte Autor hat allerdings auch verloren: Für seine gerichtlich aufgetragenen Löschungen wurde er vorerst gesperrt.

Momentan stehen die Zeichen auf Konfrontation. In der deutschen Wikipedia bemüht man sich eher um Kompromisse und den Schutz der Persönlichkeitsrechte — nicht zuletzt wegen zahlreicher vorangegangener Klagen. Wenn sich Wikipedianer aber als Ziel einer nicht gerechtfertigten Zensur sehen, schaltet die Community kollektiv auf stur. Ich schätze, heute abend wird der entsprechende Artikel in diversen anderen Sprachen verfügbar sein. Für den klagenden Politiker bleibt der Rückzug oder ein erneuter Versuch gerichtlich vorzugehen — diesmal gegen die Wikimedia Foundation. Hier einen Sieg zu erringen wird schwerer, da Wikimedia gute Anwälte bezahlen kann.

Update: Mittlerweile hat sich die Wikimedia Foundation hinter den Nutzer „Diu“ gestellt:

Mr. Katsanevas has ignored these facts and is now using the legal system against those who do not share his financial means and influence. Diu faces serious monetary and criminal penalties as a result of Mr. Katsanevas’s lawsuit. We have offered — and Diu has accepted — assistance through our Legal Fees Assistance Program. Through this program, Diu has obtained independent legal representation with the well-known Lambadarios law firm, who we thank for helping Diu during this difficult time.

Der Nutzeraccount bleibt weiter gesperrt.