Von Libyen lernen

Ich lese grade in der taz ein interessantes Interview mit Thomas Hüsken zum politischen System der Stämme, zur Tribalität in Libyen. Autonome Stämme regeln was sie können ohne den Bürgern eine Haltung aufzuzwängen. Sie sind nicht gegen den Zentralstaat, denn er ist eine Einrichtung, die Leistungen erbringen kann, die im kommunalen Bereich nicht umsetzbar sind.

Es ist eine differenzierte Gesellschaft, in der Urbanität und Tribalität herrschen. Sie steht fraglos vor großen Herausforerungen, und das tribale Element kann eine ganz wichtige soziale und kulturelle Rolle in diesem Wandlungsprozess spielen. Demokratie und Tribalität widersprechen sich nicht. Das tribale System hat sich historisch als flexibel erwiesen, es ist nicht starr, sondern ständig in Bewegung.

Teil der westlichen Aufbauhilfe wird es wohl sein, in Libyen Strukturen nach dem Vorbild westlicher Staaten einzurichten — als Ersatz für den Diktator. Vielleicht sollten wir keine hochtrabenden Demokratie-Lehrer nach Libyen schicken, sondern Nachwuchspolitiker, damit sie dort lernen, gesellschaftliche Zusammenhänge neu zu verstehen und Leute zu überzeugen statt sie nur zu verwalten, zu benebeln und zu unterschätzen.