Koalitions-Funktionärisch

Dass die Koalitionsverhandlungen für manche schon zu lange dauern, merkt man an der Sprache, die in den Berichten darüber verwendet wird. So schreibt Spiegel Online:

Vor allem die Haltung der CSU treibt die Liberalen um. Der bayerische Finanzminister Georg Fahrenschon hatte am Vortag ähnlich keck wie Kampeter argumentiert: Entlastungen von mehr als 15 Milliarden seien angesichts der Haushaltslage momentan nicht darstellbar: „Bei den Liberalen hat sich jetzt diese Realität auch eingestellt.“

Besonders die Kombination des antiquiert-saloppen Adjektivs keck mit dem Funktionärs-Deutsch von den nicht darstellbaren, aber dennoch eingestellten Realitäten hat etwas. Stößt die Simplifizierung der Politik als Kasperle-Theater an ihre Grenzen oder verstehen die Reporter schon nicht mehr, was die Politiker eigentlich sagen?

„Brutal“ war gestern

Der Tagesspiegel berichtet:

„Diese Behandlung war zu ruppig, selbst wenn die Person gestört haben mag“, sagte der grüne Innenpolitiker Benedikt Lux. Insgesamt habe die Polizei die Lage aber gut im Griff gehabt.
Wie berichtet, hatte vor vier Wochen bei einer linken Demonstration die ruppige Festnahme eines Mannes bundesweit Schlagzeilen gemacht. Auch diese Szene war ins Internet gestellt worden – für die Polizei ein schwerer Imageschaden. Dass sich der Mann zuvor renitent mehreren Platzverweisen der Beamten widersetzt habe, sei auf dem Film dagegen nicht zu sehen, hieß es bei der Polizei. Deshalb sollte der Mann festgenommen werden – mit den bekannten Folgen.

Ruppig??? Diese uniformierten Schlingel! Statt Disziplinarverfahren einzuleiten, sollte man sie fünf Minuten in die Ecke stellen.

Ach ja: Dass die Videoaufnahmen von dem Vorfall vor einigen Wochen zeigen, wie der Mann einem Platzverweis nachkommen will und dann hinterrücks überfallen und brutal verprügelt wird, ist in diesem Tagesspiegel-Artikel nicht zu sehen.