Die Tücken des Stoppschilds

Joerg-Olaf Schaefers und Stefan Tomik beleuchten die Probleme der Datenspeicherung bei den Kinderporno-Stoppschildern.

Um einen Einblick in die tatsächlich ablaufenden Verfahren zu bekommen, habe ich mich in Urteilsdatenbanken umgesehen und bin immer wieder auf solche Passagen gestoßen:

Nach den strafrechtlichen Ermittlungen wurden von dem Computer, dessen IP-Adresse dem Beamten zugewiesen ist, am 12.05.2006 in der Zeit von 12:09:59 bis 12:16:04 insgesamt 156 Zugriffe auf zwei verschiedene Webseiten mit Kinderbildern genommen, von denen laut Staatsanwaltschaft lediglich 2 Fotos als Kinderpornografie strafrechtlich inkriminiert sein sollen. Den vom Dienstherrn vorgelegten Unterlagen ist nur zu entnehmen, dass von dem Computer aus in einem Zeitraum von 6 Minuten und 5 Sekunden 156 Bilder aufgerufen wurden, wobei es sich ganz überwiegend um Bildergalerien handelte, d. h. es erschienen mehrere kleine Bilder zugleich auf dem Bildschirm.

In diesem Fall hat das Verwaltungsgericht Meiningen eine Durchsuchung aufgrund dieser Beweislage abgelehnt (6 D 60001/09).

Dazu fallen mir zwei Punkte ein:

  • Die Vorstellung, dass Kinderporno immer nur auf eigenen – sperrbaren – Servern liegen, ist naiv oder stammt aus den Neunziger Jahren. Heute kann man Material einfach überall ins Netz fluten: One-Click-Hoster, Bilderbörsen, gehackte Server, Chats, Foren und alle möglichen Amateur-Porno-Seiten stehen zur Verfügung – warum sollen die Kriminellen noch selbst zentrale verwundbare Infrastrukturen betreiben?
  • Und: Selbst im Bereich Kinderporno ist ein großer Teil der Fälle nicht eindeutig. Wenn ich mich richtig erinnere, ist sogar einer großen deutschen Boulevardzeitung das Bild einer halbnackten 16jährigen auf die Seite 1 durchgerutscht. Sämtliche Käufer dieser Ausgabe wären – übertragen auf die Stoppschild-Pläne – verdächtig gewesen. In Kalifornien, wo für Porno-Darsteller ein Altersnachweis gesetzlich vorgeschrieben ist, scheinen die Frauen bis Mitte 20 durchweg als „Teen“ vermarktet zu werden, und werden dann übergangslos zur „MILF“. Wenn in diesen gewaltigen Bilderpool dann noch Amateur-Porno, Pseudo-Amateur-Porno und japanische Zeichentrickfilme gemischt werden, verschwimmen die Grenzen zunehmend – und ob ein Bild strafbar ist, ist spätestens seit dem Jugendpornografie-Paragrafen sehr interpretierungsfähig. Nicht das tatsächliche Alter der Personen ist entscheidend, sondern alleine der Eindruck.

Porno-Liebhaber sollten sich also spätestens jetzt einen sehr zuverlässigen Lieferanten suchen, der ausschließlich Pornos mit Darstellerinnen sichtlich über 30 anbietet. Denn wenn auf die oben beschriebene Weise weiter ermittelt wird, wird die Anzahl der Ermittlungsverfahren, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen sehr stark ansteigen – die der ertappten Sexualstraftäter aber kaum.