Harte Zeiten

Die taz über das aktuelle Fußball-Dilemma:

Das Nachsehen haben auch die Klubs, die statt erhoffter Mehreinnahmen nun sogar Schwierigkeiten haben dürften, wenigstens den Status quo von knapp 410 Millionen Euro TV-Einnahmen pro Saison im Inland zu halten. Der ursprüngliche Vertrag mit Kirchs Firma Sirius hatte pro Saison 500 Millionen Euro garantiert. Das Modell von Kirch und DFL, das neben einer Bevorzugung des Bezahlfernsehens auch ein gemeinsam produziertes Bundesliga-TV vorsah, war am Bundeskartellamt gescheitert. Die Behörde fordert eine Zusammenfassung der Samstagsspiele vor 20 Uhr im Free-TV wie bei der ARD-„Sportschau“.

Da hilft nur eins. Wir müssen diese Sport endlich kommerzialisieren. Selbst wenn die Spieler Werbung für Nuss-Nougat-Fett und Bier machen müssen, Sport muss bezahlt werden. Irgendwelche moralischen Werte müssen da außen vor bleiben.

Unspektakulär

Ich war gestern etwas mit Offline-Dingen beschäftigt – daher bekam ich nicht unbedingt viel von den aufregenden Tagesnachrichten mit. So verpasste ich die spektakuläre Meldung, dass ein Sondereinsatzkommando ein Flugzeug auf dem Köln-Bonner Flughafen gestürmt und dort zwei Terrorverdächtige festgenommen habe. Nicht schlimm – denn das war eine Falschmeldung: die Festnahmen hat es gegeben, die Stürmung nicht. Im Radio hörte ich sogar, dass es nicht mal ein Sondereinsatzkommando gegeben habe.

Schon um 12:55 meldete dpa:

Die mit rund 40 Passagieren besetzte KLM-Maschine sollte von Köln-Bonn nach Amsterdam fliegen, als die Ermittler um 6.55 Uhr zuschlugen. Die Festnahme sei völlig unspektakulär abgelaufen, hieß es beim LKA. Ein Flughafen-Sprecher sagte, die Maschine sei dann um 8.24 Uhr nach Amsterdam geflogen. Die Bundesanwaltschaft sieht bislang keinen Ansatzpunkt für die Übernahme der Ermittlungen.

Wie bebildert man eine unspektakuläre Festnahme? Die Heimatzeitung meines Geburtsortes macht es so:

Wir sehen ein Sondereinsatzkommando in voller Montur, offenbar durch ein großkalibriges Einschussloch fotografiert. In der kurzen Bildunterschrift heißt es:

Unser Foto zeigt eine entsprechende Einheit bei einer Übung in voller Kampfmontur. Der Ernstfall in Köln lief nicht ganz so spektakulär ab. Die Polizisten, die den Zugriff ausführten, näherten sich den ahnungslosen Islamisten eher unauffällig.

Update: Ich hab beim Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen nachgefragt: Bei der Festnahme war kein Sondereinsatzkommando beteiligt. Nicht mal ein unauffälliges.

Wählt Obama…und mich!

Ich bin kein Fan davon dass der deutsche Wahlkampf immer mit dem US-Wahlkampf verglichen wird. Obama, McCain und Co mögen ja alle ihre Facebook-Accounts haben – das ist aber eher ein Zeichen für ein Defizit bei der Parteienfinanzierung als für einen Vorsprung in Punkto Partizipation. Und wenn ich mir die viel zitierte politische Blogosphäre in den USA ansehe, überkommt mich öfter der Würgereiz als Bewunderung. Wahlkampf ist der Ausgang des Menschen aus seiner unverschuldeten Mündigkeit.

Richtig peinlich finde ich jedoch, wenn die Obamanie auch von deutschen Parteien ausgeschlachtet wird. So hatte ich in München Grüne-Plakate mit dem Slogan „We can do it“ gesichtet, in einem Akt ungewöhnlicher Selbsterkenntnis Webseite der Hammer Oberbürgermeister-Kandidatin Monika Simshäuser dieses entdeckt:

Change?

Copy & Paste!

Voll Erotik (2)

Harter Porno-Konsum ist ein echtes Problem:

Pornografie stärke den Wunsch nach einem perfekten Körper und führe zu mehr Schönheits-Operationen im Genitalbereich, ergänzte er. Zu den Folgen gehöre auch, dass sich mehr Menschen als früher im Bett unter Druck gesetzt fühlten.

Schön, dass sich mal jemand Verantwortungsvolles um das Problem Sorgen macht. Jemand, der sorgfältig arbeitet und sich den familiären Problemen stellt.

Für die Studie im Auftrag des Senders ProSieben wurden fast 56.000 Internet-Fragebögen ausgewertet.

Ja. ProSieben rettet uns vor Porno. Der Unterschied zwischen guter und bösen erotischen audiovisuellen Inhalten: Sonya Kraus zeigt ihre Nippel nicht. Und der große „Sexreport 2008“ wird heute abend natürlich nicht mit vielen, vielen überaus dekorativen nackten jungen Menschen illustriert.

Voll Erotik?

Heute habe ich mal wieder aus einer Pressemitteilung ein neues Wort gelernt:

…über das Berliner Internet-Unternehmen, das sich auf die Vermarktung vollerotischer Inhalte spezialisiert hat…

Ich vermute mal, die meinen hardcore porn.

Pointy haired Scott Adams

Ich mag ja Dilbert als Comic ganz gerne. Wenn man das Blog von Dilbert-Zeichner Scott Adams liest, erfährt man, dass er sich wohl schon lange nicht mehr in der Figur des unverstandenen Ingenieurs sieht – er ist der pointy haired boss. Immer meinungsstark, ahnungslos, ein moron.

Bestes Beispiel ist die ach so unabhängige Umfrage, die er unter Wirtschaftswissenschaftlern durchführen ließ. Die Ergebnisse lesen sich so:

Nationally, most economists are male, and I’m told that most are registered as either Democrats or independents. Our sample reflects that imbalance:

48 percent — Democrats

17 percent — Republicans

27 percent — Independents

3 percent — Libertarian

5 percent — Other or not registered

Eighty-six percent of our economists are male, and 65 percent work in the field of academia or education. The rest are spread across various industries or not working.

Auf seiner Webseite veröffentlicht Adams die ausführlicheren Ergebnisse in einer Powerpoint-Datei(!). Und es zeigt das ganze Problem: Adams hat nur erforschen lassen, für wen die Ökonomen stimmen würden – und eine wenig erhellende Liste von Politikbereichen dazu veröffentlicht. Was soll das heißen, dass 71 Prozent der Befragten die Ausbildung als „wichtig“ eingestuft wurden? Nichts. Die Umfrage ist Blödsinn.

Wenn ich 500 Ökonomen befragen lassen würde, wären ihre persönlichen Präferenzen das Letzte, was mich so interessieren würde. Die USA stecken in vielen wirtschaftlichen Miseren – Adams hätte das Geld investieren können, dass ihm Ökonomen zum Beispiel die Ursachen der sub prime crisis erklären und Maßnahmen ausarbeiten, wie man ähnliches in Zukunft verhindern kann. Er hätte sein Blog nutzen können, um Zusammenhänge aufzuzeigen, sich über Effekte von Neuverschuldung, Inflation und des aufgeblähten Militärhaushalts erkundigen können. Stattdessen hat er ein paar Zahlen zusammenwerfen lassen, und durfte dafür McCain auf cnn.com einen lukewarm cadaver nennen.

Alice, es ist Zeit für die fist of death.

PS: In einem Update verspricht Adams nun geheimnisvoll ein Update, bei dem sich wohl CEOs und Ökonomen real life questions stellen sollen. Dass wäre so ziemlich genau das, was ich als Alternative vorgeschlagen hatte. Allerdings scheint es Adams wohl eher darum zu gehen, den Gruppen einen bias zu unterstellen als tatsächlich Antworten zu bekommen. Warten wir es ab.

PPS Nach einer Woche ist nichts von diesen ominösen real life questions zu sehen. Stattdessen beschwert sich Adams über die mangelnde Berichterstattung über seine ach so lehrreiche Umfrage. Und berichtet brühwarm über Anti-Obama-Verschwörungstheorien, die er natürlich nicht teilen will. Er berichtet nur darüber.

Video ist YouTube ist Video

Die Netzeitung gefällt sich darin aus einem Sketch in Saturday Night Life eine eigene Meldung zu machen. Einen besonderen Grund dafür scheint es nicht zu geben: keine Zuschauerrekorde, in der Meldung sind auch keine wütenden Proteste erwähnt. Aber einen Grund gibt es doch – am Ende des Teasers steht: „Mit Video“.

Und tatsächlich: unvermeidlich prangt unter dem Artikel das YouTube-Video. Nunja. Das Startbild ist noch da. Der Rest nicht mehr:

Youtube ohne Palin

Das ist nun wirklich keine Überaschung, wenn man die bei der Netzeitung verlinkte SNL-Seite ansieht. NBC hat nämlich seinen eigenen Video-Player mit eigener Embed-Funktion und besserer Qualität. Und da man die eigene Plattform lieber mag, lässt NBC eigenes Material auf YouTube regelmäßig löschen.

Aber „Mit Video“ heißt nun mal „YouTube“ – da kann man nichts machen.